Treue

[469] Treue wird das unwandelbare Festhalten an dem Pflichtmäßigen hinsichtlich des von Andern in uns rechtmäßig gesetzten Vertrauens genannt; denn würde Jemand einem Andern z.B. ein begangenes Verbrechen oder gar den Anschlag zu einem beabsichtigten unter dem Siegel der Verschwiegenheit eingestehen, so wäre er keineswegs zu erwarten berechtigt, daß dieser es nicht der Obrigkeit anzeige, was vielleicht die höhere Pflicht gegen die Gesellschaft unbedingt fodern könnte. In Beziehung auf die verschiedenen Verbindlichkeiten und Pflichten spricht man von Berufstreue, von Treue im Amte, im Dienste, in der Freundschaft, in der Ehe, und wenn Jemand das von Andern rechtmäßig auf ihn gesetzte Vertrauen täuscht, begeht er einen Treubruch. In bildlicher Bedeutung spricht man auch von der Treue Gottes und versteht darunter seine unveränderlichen väterlichen Gesinnungen gegen die Menschen; denn da Gott ihnen in nichts verpflichtet ist, kann auch in Bezug auf ihn von keiner Treue in obigem Sinne die Rede sein.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 469.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: