Obrigkeit

[320] Obrigkeit wird jede vorgesetzte Behörde genannt. Nicht blos der Staat, sondern sehr oft auch Privatpersonen bestellen dieselbe, z.B. bei den Patrimonialgerichten; in der Regel leitet sie aber ihre Rechtsbefugnisse von der Staatsgewalt ab. Es gibt eine weltliche und eine geistliche, eine Civil- und eine Militairobrigkeit, eine hohe und eine niedere. Der Ausdruck ist indeß so allgemein und umfassend, daß sich ein bestimmter Wirkungskreis gar nicht angeben läßt, wenn man nicht von einer einzelnen bestimmten Behörde oder von einer Art von Behörden, z.B. Ministerien, Stadträthen, reden will. Um unmündige Völker zum nothwendigen Gehorsam gegen ihre Obrigkeit williger zu machen, leitete man aus der Behauptung, daß jede Obrigkeit von Gott eingesetzt sei, einen unbedingten, alle Prüfung der Gesetzmäßigkeit ihrer Schritte ausschließenden Gehorsam der Staatsbürger ab, welcher sich aber bei gebildeten Völkern nicht mehr erzwingen läßt. Weit besser stützt man in Ländern, welchen die Fortschritte der Civilisation nicht ganz fern geblieben sind, das Ansehen der Obrigkeit auf die Ueberzeugung von ihrer Nothwendigkeit und ihrem gesetzmäßigen und heilsamen Wirken.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 320.
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