Bîspel

[77] Bîspel, zusammengesetzt aus bî bei und mhd. und ahd. das spel = Rede, Erzählung, Sage, auch erhalten in Kirchspiel, mhd. Kirspel, Bezirk, so weit die Verkündigung (Rede) der Kirche reicht, nhd. mit Anlehnung an das Spiel: Beispiel. Bîspel bedeutete im Mittelalter wie das einfache Wort das spel eine Fabel, eine kleine Erzählung, die eine ihr selber vor- oder nachgestellte Lehre in sich trägt. Derartige bîspel hat man sehr viele, bald kürzer, bald breiter angelegt. Der Stoff wird der Tierwelt entnommen, oder es treten bloss Menschen darin auf, oder Pflanzen, Naturerscheinungen, leblose Geräte, denen ein Leben beigemessen wird. Derartige Beispielsreden wurden teils in grössere didaktische Dichtungen eingeschaltet, wie in den Freidank und Welschen Gast, teils selbständig bearbeitet; namentlich haben das letztere der Stricker, Reinmar von Zwêter, Konrad von Würzburg und der Marner gethan.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 77.
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