Tannhäuser

[963] Tannhäuser. Der historische Tannhäuser ist ein deutscher Minnesänger, der vermutlich zu dem bayerisch-österreichischen Geschlechte der freien Herren von Tannhusen gehörte und neben Nithart der beste Repräsentant der höfischen Dorfpoesie (siehe diesen Artikel) ist. Er kam weit in der Welt herum, machte eine Kreuzfahrt und andere grosse Reisen, lebte gern fröhlich und lustig, liebte schöne Weiber, guten Wein und schmackhafte Bissen, um deren willen er vor Verpfändung seiner Habe nicht zurückschreckt. Die von ihm erhaltenen Gedichte sind meist Tanzlieder. Ausser diesem historischen Tannhäuser des 13. Jahrhunderts kennt die Sage noch einen, ohne dass es bis jetzt gelungen wäre, den Zusammenhang beider deutlich zu erkennen. Ein Volkslied erzählt von ihm: Tannhäuser im Venusberg sehnt sich von dannen und[963] wird vergebens von Frau Venus zurückzuhalten gesucht; als er die Jungfrau Maria anruft, lässt das Weib ihn scheiden. Er geht zum Papst Urban, von ihm Vergebung seiner Sünden zu erlangen; der Papst aber weist auf den dürren Stab, den er in der Hand hält und spricht: so wenig der grünen werde, so wenig werde Tannhäuser Vergebung seiner Sünden erwerben. Traurig geht Tannhäuser wieder in den Berg. Da fängt am dritten Tag an der Stab zu grünen. Der Papst schickt in alle Lande aus, wo Tannhäuser hingekommen? Der aber war wieder im Berge und hatte sein Lieb erkoren. Deshalb muss der vierte Papst Urban ewig verloren sein. Im einzelnen weichen die besonderen Formen des Tannhäuserliedes von einander ab. Frau Venus im Venusberg ist niemand anderes als Freya (siehe diesen Artikel); was für andere Bezüge aber in dem Liede stecken, ist vorläufig Sache der Vermutung. Abhandlungen über den Tannhäuser von Grässe, 1846 und 1861, und von Zander, 1858. Herrig, Archiv, Bd. 68; S. 43–51.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 963-964.
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