Antigone

[283] ANTIGŎNE, es, Gr. Ἀντιγόνη, ης, ( Tab. XXII.) des Oedipus und der Iokasta Tochter, folgete ihrem Vater ins Elend nach, als er nach seiner erkannten [283] begangenen Blutschande sich selbst die Augen ausstach, und so wohl sein Reich, als Vaterland, Theben, verließ. Hygin. Fah. 68. Sie begaben sich beyde nach Kolonis in Attika, Apollod. lib. III. c. 3. §. 9. und sie dienete ihrem Vater zu einer Leiterinn bey seiner Blindheit. Als solcher starb, so begab sie sich wieder nach Theben, und wurde vom Hämon, des Kreons Sohne, zu seiner Braut erkieset. Allein, als ihr Bruder, Polynices, wider den andern Bruder, den Eteokles, den Zug der sieben vereinigten Fürsten erregete, er aber nebst fünf andern, von diesen sieben in der Schlacht blieb, und der Tyrann, Kreon, bey Lebensstrafe verbot, keinen von den Umgekommenen zu begraben, so trieb sie doch ihre Liebe zu dem Polynices, daß sie mit dessen Gemahlinn, der Argia, sich unterstund, denselben in die Erde zu bringen, oder vielmehr sammt dem Eteokles, zu verbrennen. Sie wurde darüber ergriffen und vor den Kreon geführet, da immittelst Argia durch die Flucht entkam. Er überlieferte sie dem Hämon, sie umzubringen, der aber aus Liebe zu ihr sie einigen Hirten anvertrauete, auch in der Stille einen Sohn mit ihr zeugete. Wie er sich nach der Zeit zu Theben mit bey dem Spiele einfand, so wurde er an einem besondern Zeichen, das seiner Familie erblich war, erkannt, und folglich seiner Mutter Erhaltung verrathen. Ungeachtet nun Herkules selbst bey dem Kreon für sie und den Hämon bath, so wurde doch dieser gezwungen, sich und die Antigone selbst umzubringen. Hygin. Fab. 72. Einige wollen, der Tyrann habe sie lebendig in das Grab werfen, und also verscharren lassen, Apollod. lib. III. c. 7. §. 1. da sich denn Hämon bey ihrem Grabe selbst erstochen. Propert. lib. II. El. 8. v. 21. Des Sophokles sehr schönes Trauerspiel von ihr ist noch vorhanden, Fabr. Bibl. Græc. lib. II c. 17. §. 2. hingegen des Euripides seines ist bis auf einige geringe Ueberbleibsel verloren gegangen. Id. ibid. c. 18. §. 3. Sie wird von einigen nicht unbillig unter die tugendhaftesten Frauenspersonen gezählet; Hygin. Fab. 254. da ihr denn andere groß Unrecht [284] thun, wenn sie solche einer ungeziemenden Liebe mit dem Polynices beschuldigen, Luctat. ad Stat. Theb. lib. XI. v. 371. oder auch wollen, daß sie sich endlich selbst umgebracht habe. Hygin. Fab. 243. & ad eum Muncker. l. c.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 283-285.
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