Britomartis

[564] BRITOMARTIS, is, Gr. Βριτόμαρτις, ιος, ( Tab. X.) des Jupiters und der Charme, einer Tochter des Eubulus, Pausan. Corinth. c. 30. p. 141. nicht aber der Charone Tochter, Paull. Voët. ad Callim. in Dian. v. 190. wo nur solches nicht ein Druckfehler ist, hatte ihr einziges Vergnügen an dem Jagen und Laufen, daher sie denn auch der Diana insonderheit lieb und angenehm war. Als sie aber Minos, König in Creta, woselbst sie lebete, erblickete, so ließ er sich ihre Gestalt so fern bethören, daß er mit Gewalt das von ihr verlangete, wozu sie sich im Guten nicht verstehen wollte. Er verfolgete sie deswegen dermaßen, daß sie sich endlich ins Meer stürzete, allein, zu ihrem guten Glücke, in die aufgespanneten Fischernetze fiel. Wie sie nun die Diana daher mit unter die Götter aufnahm: so bekam sie auch von den Netzen, die im Griechischen δίκτυα heißen, den Namen Diktynna. Sie wurde daher nicht allein von den Cretensern, sondern auch von den Aegineten, die sie aber Aphäa nanten, göttlich verehret. Paus. l. c. Einige machen sie hierbey zu einer Phönicierinn, und zu ihrem Vater den Phönix, Agenors Sohn, und wollen, daß sie zuerst nach Argos zu des Erasinus Töchtern, von dar aber nach Cephallenien gekommen und Laphria genannt worden. Aus Cephallenia sey sie nach Creta gegangen; und, als sie, dem Minos zu entkommen, sich zu den Fischern begeben, so hätten diese sie unter ihre Netze verstecket, daher sie denn Diktynna genannt worden, bis sie einer von den Fischern, Andromedes, in die Insel Aegina übergeführet. Weil aber dieser ihr auch ungebührende Dinge angesonnen, so habe sie sich in einen Hayn geflüchtet, und, da sie in demselben verschwunden, den Namen Aphäa bekommen. Anton. Liberal. c. 40. Sieh diesen [564] Artikel. Andere wollen wissen, daß sie Minos ganzer neun Monate verfolget, und sie sich endlich insonderheit von dem Berge Dikte ins Meer geworfen. Callimach. Hymn. in Dian. v. 193. So geben sie auch einige für eine Nymphe an, und wollen, es sey Diana selbst unter ihrem Namen in Kreta verehret worden. Schol. ad Callimach. l. c. v. 190. Hiernächst soll sie von den kretensischen Wörtern βριτὺς, süß, Hesych. in Βριτὺ, s. p. 207. und μάρτις, Jungfer, so viel, als süßes Mägdchen heißen. Solin. ap. Vulcan. ad Callim. l. c. Cf. Grævius ad eumd. l. c. & Voss. Theol gent. lib. I. c. 17. Nach andern soll sie so viel als eine Gebietherinn des Bundes heißen und von Marath berith herkommen, da man sie denn mit dem Baal-Berith für einerley hält. Calmets bibl. Wörterb. I Th. 457 S. Da auch nicht glaublich ist, daß eine Tochter Jupiters nöthig gehabt, vor einem Menschen zu fliehen, oder sich unter den Netzen zu verstecken, noch auch, daß Minos, der durchgehends das Lob eines der gerechtesten Könige hat, sich gegen sie auf bemeldete Art vergehen sollen, so wollen einige, daß sie daher Diktynna genannt worden, weil sie die Netze zum Jagen zuerst erfunden. Diod. Sic. lib. V. c. 76. p. 236.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 564-565.
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