Evrysthevs

[1092] EVRYSTHEṼS, ëi, Gr. Ἐυρυσθεὺς, έως, ( Tab. XXI.)

1 §. Aeltern. Sein Vater war Sthenelus, des Perseus Sohn, König zu Mycenen, und die Mutter Nicippe, eine Tochter des Pelops. Apollod. lib. II. c. 4. §. 6. Einige nennen sie Antibia; Didym. ad Hom. Il. T. 119. und nach andern soll sie Archippe geheißen haben. Barnes. ad Eurip. Alcest. 1150. & Heracl. 362.

[1092] 2 §. Geburt. Weil Jupiter den Herkules gern groß machen wollte, so ließ er sich bey instehender Geburt desselben, in der Versammlung der andern Götter, vernehmen, daß, wer solchen Tag geboren würde, die Herrschaft über alle Nachkommen des Perseus haben sollte. Als Juno solches hörete, so vermochte sie, aus Eifersucht gegen die Alkmene und den Herkules, die Ilithyia, daß sie des Herkules Geburt so lange aufhielt, bis indessen Nicippe den Eurystheus geboren hatte, ungeacht dieser damals erst sieben Monate alt war. Apollod. lib. II. c. 4. §. 5. Hom. Il. Τ. 98. Ob nun wohl Jupiter solchergestalt betrogen wurde, so überredete ihn dennoch Juno vollends, daß er sein Wort hielt, dem Herkules aber auch zustund, daß, wenn er zwölf Befehle des Eurystheus würde vollbracht haben, er sodann selbst mit unter die Götter sollte aufgenommen werden. Auf diese Art behielt Eurystheus allerdings die Herrschaft über den Herkules. Diod. Sic. lib. IV. c. 9. p. 152.

3 §. Thaten und Tod. Wie er hörete, daß sich Herkules durch allerhand Heldenthaten hervor that, so forderte er ihn, als seinen Unterthan, vor sich, und legete ihm die zwölf bestimmten Arbeiten auf. Herkules unterwarf sich denselben, wiewohl ungern. Diod. Sic. lib. IV. c. 11. p. 153. Es währete aber solcher Dienst zwölf Jahre; Apollod. lib. II. c. 3. §. 12. Dabey ließ ihns Eurystheus, aus Furcht vor ihm, nicht in die Stadt Mycene kommen; sondern wie er ihm seine Befehle durch den Kopreus, einen Herold, zu wissen that, so mußte Herkules ihm außerhalb der Thore allemal die Vollstreckung derselben darthun. Id. ib. c. 4. §. 1. Dieses kömmt nun eben nicht mit der Abbildung überein, welche man von ihm auf einem geschnittenen Steine zu finden meynet, wo er dem Herkules entweder die Arbeiten anbefiehlt, oder deren Vollbringung von ihm anhöret Denn da steht Herkules mit seiner Keule und Löwenhaut vor ihm: er selbst aber hat den rechten Fuß auf einen [1093] Stein gesetzet, und stützet seinen Ellbogen auf dessen Knie, indem er die Hand unter seinem Kinne liegen hat, und ihm aufmerkam zuzuhören scheint. Maffei gem. ant. T. II. tav. 93. Er wollte unter diesen Arbeiten aber die Erlegung der lernäischen Schlange nicht gelten lassen, weil ihm Jolaus dabey geholfen. Apollod. lib. II. c. 4. §. 2. Dagegen verkroch er sich selbst vor Furcht in ein ehernes Faß, als ihm Herkules das ungeheure erymanthische Schwein überbrachte. Diod. Sic. lib. IV. c. 12. p. 153. So wollte er auch die Reinigung des Stalles des Augias nicht für eine der zwölf Arbeiten annehmen, weil Herkules sich dieselbe habe belohnen lassen; Apollod. l. c. §. 5. Dagegen ließ er den kretischen Ochsen frey wieder laufen. Id. ib. §. 7. So ließ er auch des Diomedes Pferde auf den Berg Olympus gehen, woselbst sie hernach von andern Thieren zerrissen wurden. Id. ib. §. 8. Des Geryons Rinder opferte er der Juno, Id. ib. §. 10. und die goldenen Aepfel der Hesperiden gab er dem Herkules selbst wieder. Id. ib. §. 11. Ungeachtet dieser nun alle zwölf Arbeiten verrichtet hatte, so zwang ihn dennoch Eurystheus, mit den Seinigen die Stadt Tirynth zu verlassen, weil er ihm nachgestellet haben sollte. Diod. Sic. l. c. c. 33. p. 166. Nachdem sich derselbe endlich auch auf dem Oeta verbrannt hatte, so zwang er noch den Ceyx, des Herkules Kinder und andere Angehörige von sich zu schaffen, oder eines Krieges von ihm gewärtig zu seyn. Dieser mußte sie auch, weil er dem Eurystheus nicht gewachsen war, gehen lassen, worauf sie endlich, nachdem sie hin und wieder ihren Aufenthalt vergeblich gesuchet, denselben bey den Atheniensern fanden. Wie aber Eurystheus sie auch hier nicht leiden wollte, so kam es darüber zu einem öffentlichen Kriege, in welchem er zuletzt geschlagen wurde. Alle seine Söhne blieben in der Schlacht: er selbst aber suchte sich mit der Flucht zu retten. Allein, indem ihm der Wagen in derselben zerbrach, so holete ihn noch Hyllus, des Herkules Sohn, ein. Id. ib. c. 59. p. 181. [1094] Dieser erlegete ihn, hieb ihm den Kopf ab, und brachte solchen seiner Mutter, der Alkmene, welche ihm mit einem Weberinstrumente annoch die Augen ausstach. Apollod. lib. II. c. 8. §. 1. Einige wollen sonst, daß ihn Jolaus hingerichtet. Es habe ihn aber erleget, wer da wolle, so war doch sein Grab lange Zeit an dem Orte zu sehen, wo er war hingerichtet worden. Pausan. Att. c. ult. p. 84.

4 §. Familie. Seine Gemahlinn war Antimache, des Amphidamas Tochter. Apollod. lib. III. c. 9. §. 2. Er hatte mit ihr den Alexander, Iphimedon, Eurybius, Mentor und Perimedes gezeuget, die insgesammt in besagter Schlacht mit umkamen. Id. l. II. c. 8. §. 1.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1092-1095.
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