Pelops

[1923] PELOPS, ŏpis, Gr. Πέλωψ, οπος, ( Tab. XXX.)

1 §. Aeltern. Sein Vater war Tan talus, König in Phrygien, seine Mutter aber, nach einigen, Dione, des Atlas Tochter, Hygin. Fab. 83. nach andern Klytie, eine Tochter des Amphidamas, Pherecydes ap. Schol. Eurip. laudante Munckero ad Hygin. l. c. nach den dritten, Eurysthemiste, eine Tochter des Xanthus, Schol. idem ap. eumd. l. c. nach den vierten, Euryanassa, des Paktolus Tochter, Tzetz. ad Lycophr v. 52. & Dositheus ap. Plutarch. Parall min. 33. nach den fünften, Euprytone, deren Vater aber nicht genennet wird, Apostolius ap. Muncker. l. c. und nach den sechsten Taygete, deren Vater auch nicht namhaft gemacht wird. Barlaamus ap. Boccacc. l. XII. c. 3.

2 §. Schicksal und Thaten. Weil sein Vater unter den Göttern gar wohl gelitten war, so bath er sie dereinst zu Gaste, war aber dabey so boshaft, daß er diesen seinen Sohn nahm, ihn schlachtete, kochte, und den Göttern mit zu essen aufsetzete. Er wollte sie solcher Gestalt prüfen, ob sie auch wissen würden, was sie äßen. Nun war zwar Ceres, wegen ihrer entführten Tochter, der Proserpina, so betrübt, daß sie nicht Acht darauf hatte, und folglich die eine Schulter des Pelops verzehrete. Allein, die andern Götter merketen des Tantalus Bosheit sofort; und wie sie einen billigen Abscheu davor hatten, also strafete Jupiter denselben[1923] nach Verdienste. Serv. ad Virgil. Georg. III. v. 3. Den Pelops aber machte er und die übrigen Götter wieder lebendig Weil ihm nun besagter Theil des Leibes fehlete, so ersetzete Ceres denselben mit einer Schulter von Elfenbeine Hygin. Fab. 83. & Virgil. l. c. Lycophr. v. 152. Nach andern war es der Arm, welchen Ceres verzehrete; Serv. ad Virg. l. c. und, da ihn die Götter wieder herstellen wollten, so thaten sie dessen Ueberrest in ein Becken, kochten ihn aufs neue, und darauf nahm ihn Klotho wieder in seiner Vollkommenheit, jedoch mit der elfenbeinernen Schulter, aus demselben. Dieses widerlegen andere dadurch, daß es nicht erlaubt sey, dergleichen Gefräßigkeit, wie von der Ceres, von den Göttern zu sagen: sie wollen aber hingegen die Leute bereden, es habe ihn Neptun entführet, damit er ihm den Nektar ein schenke, so wie Ganymedes dem Jupiter. Da er nun nicht mehr zu sehen gewesen, so habe man obiges Mährchen dem Tantalus zum Torte ausgebracht. Pindar. Ol. I. Epod. I. & Stroph. 2. Er setzete seines Vaters Krieg mit dem Tros fort, wurde aber von des letztern Sohne, Ilus, aus seinem Lande vertrieben, da er sich denn nach Elis in dem Peloponnesus begab. Pausan. Cor. c. 22. p. 125. Sieh Tantalus. Hierzu soll ihm Neptun ein Paar geflügelte Pferde mit einem dazu gehörigen Wagen verehret, und er sich in Elis gegen den Oenomaus auf ein Wettrennen eingelassen haben, wovon dessen Tochter, Hippodamia, nebst dem Königreiche, der Preis war. Er begieng aber hierbey den unredlichen Streich, daß er des Oenomaus Stallmeister, Myrtilus, bestach, seines Herrn Wagen so zuzurichten, daß er im Rennen aus einander gieng, und Pelops also den Preis erhielt. Tzetz. ad Lycophr. l. c. cf. Hygin. Fab. 84. Sieh Myrtilus. Es findet sich hiervon ein Gemälde bey den Alten angegeben, worauf Oenomaus von seinem mit vier schwarzen wilden Pferden bespannten Wagen eben gestürzet ist. Pelops hat weiße vor seinem Wagen, auf welchem sich Hippodamia [1924] im Brautschmucke mit befindet, welches auch bey Beschreibung eines andern gemeldet wird. Apollon. l. I. 754. Sie hat ihre Wangen verdeckt: er aber ist nach lydischer Art köstlich gekleidet. Auf der Rennbahn sieht man die Grabmaale der schon getödteten dreyzehn Freyer; und der Fluß Alpheus, welcher dem ehemals an seinem Ufer reitenden Pelops einen Kranz von Oelzweigen darreichete, erhebt sich aus seinem Grunde. Philostr. Icon. l. I. c. 17. p. 788. Auf einem andern erhält er den Wagen und die Pferde vom Neptun an dem Ufer des Meeres. Er ist eben so zierlich gekleidet, nur daß die linke Schulter bloß ist, von dessen glänzendem Elfenbeine, da es Nacht ist, das ganze Gemälde sein Licht empfängt. Ib. c. 30. p. 807. Noch ein anderes stellete ihn in dergleichen Kleidung und der aufgerichtet stehenden Fürstenmütze auf dem Haupte mit ders Hippodamia, wie eine Nymphe gekleidet, und mit schamrothen Wangen vor sich in vollem Wettlaufe vor, wo er sich auf seine Pferde und seines getroffenen Anstalten verläßt; daher man aus seinen Augen und seiner ganzen Stellung liest, daß er den Oenomaus nur verächtlich hält. Dieser ist mit aufgehobener Lanze hinter ihm, und treibt mit wildem Gesichte den Myrtilus an, zuzufahren. Ein betrübter Amor aber zerschneidet die Achse an seinem Wagen. Philostr. jun. Icon. IX. p. 873. Pelops bekam aber mit solcher Hippodamia das Königreich Elis, und brachte hernachmals auch von den umliegenden Ländern noch so viel unter seine Bothmäßigkeit, daß die ganze Halbinsel von ihm den Namen Peloponnesus, folglich Πέλοπος νῆσος, d.i. Pelops-Insel, bekam. Diod. Sic. l. IV. c. 75. p. 191. Ungeachtet er aber zur Versöhnung des Mercurius, wegen des hingerichteten Myrtilus, welcher des besagten Gottes Sohn war, demselben einen besondern Tempel errichtete; Paus. El. prior. c. I. p. 288. und dem Jupiter zu Ehren die olympischen Spiele zu einem weit größern Ansehen, als sie zuvor hatten, [1925] brachte; Id. ib. c. 8. p. 300. so mußten dennoch für seine Verbrechen seine Nachkommen leiden. Id. Cor. c. 18. p. 116. Sie wurden sogleich aus Elis vertrieben und in den ganzen Peloponnesus zerstreuet; Id. El. pr. c. 8. p. 300. da er indessen selbst in dem Kriege mit dem Dardanus den Kürzern zog. Euseb. Chron. ad A.M. 3880. p. 29.

3 §. Gemahlinn und Kinder. Erstere war vorhin berührte Hippodamia, mit welcher er, nach einigen, den Hippalkus, Atreus und Thyestes zeugete; Hygin. Fab. 84. wovon andere den Hippalkus auch Hippalcimus und Hippalmus nennen. Muncker. ad Hygin. l. c. Ohne diese hatte er noch den Chrysippus mit der Axioche, oder, nach andern, mit der Danais, einer Nymphe, gezeuget, dessen Tod Hippodamia beförderte. Pausan. El. post. c. 16. p. 381. & Abel Hist. Monarch. l. II. c. 1. §. 26. Sieh Hippodamia. Noch andere machen zu dessen Kindern den Kleon, Latreus, Alkathous, die Lysidice, den Plisthenes und Thyestes; oder auch den Pittheus, Chrysippus, Dias und Hipalcimus, jedoch ohne zu melden, wer deren Mütter gewesen seyn sollen. Plutarch. in Theseo c. 3. Diesen gesellet man noch den Trözen bey. Strab. l. VIII. p. 374. Pausan. Corint. c. 36. p. 142. Wenigstens soll er viele Söhne und Töchter gehabt, und insonderheit durch letzterer Verheurathung sich in Griechenland fest gesetzet haben.

4 §. Tod. Dieser soll endlich in guter Ruhe, und also vermuthlich auch in einem guten Alter erfolget seyn. Euseb. Chron. ad A.M. 3890. cf. Abel de Hist. Monarch. l. II. c. 1. §. 20. Er regierete neun und funfzig Jahre, und seine Gebeine wurden nach der Zeit in einem Tempel in einem besondern ehernen Kasten aufgehoben. Pausan. El. post. c. 22. p. 386. Jedoch wollen einige, es sey aus demselben das Palladium gemacht gewesen. Clem. Alex. admon. adgent. p. 23.

5 §. Verehrung. Er wurde zu Elis so hoch unter den Heroen oder Halbgöttern, als Jupiter sonst unter den andern Göttern, verehret. Er hatte [1926] seinen besondern Altar daselbst, und es brachte ihm bereits Herkules sein Opfer, welches hernach jährlich die neuangehenden obrigkeitlichen Personen mit einem schwarzen Widder thaten. Von diesem Opfer durfte niemand etwas nehmen, wo er anders nicht von Jupiters Tempel ausgeschlossen seyn wollte, außer daß demjenigen, der das Holz darzu verschaffte, der Hals davon gegeben wurde. So brachte es ihm auch keine geringe Hochachtung, daß, ohne sein Schulterbein, Troja nicht konnte erobert werden, und die Griechen daher es von Pisa dahin mußten bringen lassen. Da aber solches nachher im Sturme mit sammt dem Schiffe, worauf es sich befand, zu Grunde gieng, so konnten die in Elis die entstandene Pest nicht wieder los werden, als bis sie solches Bein wieder gefunden. Zu gutem Glücke fand sich damals eben, als sie deshalber das Orakel zu Delph befragten, Damarmenus, ein Fischer von Eretria, daselbst ein, und wollte von dem Orakel wissen, was das für ein ungewöhnliches großes Schulterblatt wäre, welches er ungefähr aus dem Meere gezogen, da er fischen wollen. Beyde erfuhren, daß es des Pelops seines wäre, welches denn die von Elis, gegen große Geschenke und andere Wohlthaten, von dem Fischer erhielten, dessen Nachkommen sie auch mit zu Hütern solches Beins machten. Pausan. El. prior. c. 13. p. 310. & 311.

6 §. Eigentliche Historie. Er ist allerdings ein Prinz aus Asien gewesen, und von dar durch den Ilus vertrieben worden, dessen Vater schon mit seinem Vater, Tantalus, wegen des geraubten Ganymedes in Krieg gerathen war. Marsham. Sæc. XI. p. 300. cf. Abel Histor. Monarch. l. II. c. 1. §. 20. Banier Entret. XII. ou P. II. p. 17. Dess. Erl. der Götterl. IV B. 302 S. & Lœscher. in Ione, l. I. c. 2. §. 13. Wenn aber gesaget wird, daß ihn sein Vater geschlachtet, und den Göttern zu essen vorgesetzet, so wird solches entweder für eine Verleumdung wider den Tantalus angegeben, Pindar. Ol. I Epod. I. [1927] & Stroph. 2. oder auch dahin gedeutet, daß Pelops anfangs von kränklicher Leibesbeschaffenheit gewesen, Tantalus aber zu dessen Cur ihn bald an einem Orte schneiden, am andern brennen und so ferner handthieren lassen, bis er ihn zu seiner guten Gesundheit gebracht. Daß Ceres insonderheit die Schulter verzehret haben soll, wird so ausgeleget, daß dieser Theil seines Körpers weggefaulet, welches sonst in der Erde, die die Ceres ist, zu geschehen pflegt. Da ihm nun ander Fleisch, welches aber jederzeit ganz weiß gegen das übrige ausgesehen, an des abgegangenen Stelle verschaffet worden, so hat man solches hernach für Elfenbein angegeben. Tzetz. ad Lycophr. v. 152. Jedoch muthmaßet man auch, die Fabel sey davon entstanden. daß man zum Andenken der oberzählten Begebenheit mit seinem Schulterbeine solches der Ceres geheiliget, und die Pelopiden es hernach in ihren Fahnen geführet haben. Ban. Erl. der Götterl. IV B. 170 S. Also werden die geflügelten Pferde, die er von dem Neptun soll erhalten haben, dahin gedeutet, daß er mit einem Schiffe, welches dergleichen Thiere zum Wapen geführet, nach Griechenland gekommen. Palæphat. de Incred. c. 30. Auf diese Art läßt sich denn sonst gar leicht auslegen, was sich etwan mehr nach dem ersten Ansehen unglaubliches von ihm findet. Indessen wird seine Zeit, da er zumal die Hippodamia erhalten haben soll, aufs Jahr der Welt 2629 gesetzet, da Ehud Richter in Israel, Janus aber König der Aboriginer in Italien, gewesen. Calvis. ad A.M. 2629.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1923-1928.
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