Palaemon

[1837] PALAEMON, ŏnis, Gr. Παλαίμων, ονος.

1 §. Namen. Eigentlich hieß er, [1837] Melicerta: nach seiner Vergötterung aber wurde er von den Griechen Palamon, und von den Lateinern Partumnus genannt. Hygin. Fab. 2. & Serv. ad Virgil. Aen. V. v. 241.

2 §. Aeltern. Sein Vater war Athamas, König eines Theils von Böotien, seine Mutter aber Ino, des Kadmus Tochter. Hygin. Fab. 2. & Apollod. l. I. c. 9. §. 1.

3 §. Tod und Vergötterung. Als Athamas rasend geworden war, und ihn für einen jungen Löwen, so wie seine Mutter für eine Löwinn, ansah, so nahm diese die Flucht vor ihm und stürzete sich mit ihrem Sohne, den sie noch auf den Armen trug, ins Meer. Hygin. Fab. 2. & Ovid. Metam. IV. v. 551. Jedoch wollen auch einige, Ino sey selbst von der Juno rasend gemacht worden, und habe erst den Melicerta in einen Kessel siedendes Wassers geworfen, darauf aber sich mit ihm in das Meer gestürzet. Apollod. l. III. c. 4. §. 3. Dieß geschah von dem Felsen Moluris. Pausan. Att. c. ult. & Tzetz. ad Lycophr. v. 229. Weil sie nun der Venus Enkelinn war, so bath diese den Neptun, sich beyder zu erbarmen. Er gewährete ihr solches, und nahm sie mit unter seine Meergötter, wobey er denn beyder Gestalt und Namen änderte. Ovid. l. c. v. 530. Indessen kam doch der Ino Körper an das Ufer bey Megara angetrieben. Palämons seinen hingegen soll ein Delphin aufgenommen und an das Ufer der Landenge bey Korinth gebracht haben, woselbst ihn Sisyphus, damaliger König zu Korinth, geziemend begraben lassen. Pausan. l. c.

4 §. Verehrung. Es führete ihm nicht nur sofort Sisyphus zu Ehren die isthmischen Spiele ein; Paus. Att. c. ult. & Hygin. Fab. 2. sondern es wurde ihm auch auf dem Isthmus ein besonderer Tempel erbauet. Paus. Car. c. 2. p. 87. Man hielt ihn für einen der Meergötter, und verehrete ihn mit Manna und einem Räuchwerke, weil man insonderheit glaubete, daß er die, welche ihn bey entstandenem Sturm anriefen, erhielte. Orpheus Tit. Hymn. [1838] LXXIV. Indessen aber wurden ihm auch so gar Kinder in der Insel Tenedos geopfert. Lycophr. v. 229. & ad eum Tzetz. l. c. Die Römer hingegen glaubeten, daß er die auf der See Nothleidenden vornehmlich in einen sichern Haven zu bringen pflege. Kipping. A. R. l. II. c. 3. §. 7. Er wurde daher für einen Gott der Portuum oder Häven, Ovid. Fast. VI. v. 546. nicht aber der Portarum oder Thore, verehret, wie doch einige wollen, und zwar deswegen, weil er mit einem Schlüssel in der Hand gebildet wurde. Fest. l. III. p. 81. & l. XIV. p. 358. Er hatte aber seine zween Tempel in der XI Region der Stadt Rom, Victor ap. Merulam Cosmogr. P. II. l. IV. c. 22. deren einen einige noch für die runde Kapelle halten, die an dem Ufer der Tiber unfern von dem Ausgange der größten Kloak steht. Nardin. l. VII. c. 3. Sein Fest, die Portumnaila, wurden ihm den XVI Cal. Septembr. oder 17 August gefeyret. Varro de LL. l. V. c. 3. & Rosin. l. IV. c. 13. p. 288.

5 §. Bildung. Er wurde mit einem großen blaulichten Barte, Apuleius ap. Kipping. l. I. c. 3. §. 7. und einem Schlüssel in der Hand, gebildet, der ihm zuweilen auch wohl über die Schultern hieng. Fest. l. III. p. 81. & comment. ad il. Jedoch wurde er niemals auf einem Wagen, sondern nur als schwimmend im Meere vorgestellet. Ovid. Heroid. XVIII. v. 159. cf. Nat. Com. l. VIII. c. 4. Man will ihn auf einem geschnittenen Steine finden, wo er auf einem Seebocke oder Widder sitzt, der hinten in einen Fisch ausgeht. Er hält sich an den Hörnern desselben, ist ganz unbekleidet und hat nichts, was ihn kenntlich machet. Maffei gem. ant. P. III. t. 88.

6 §. Historie. Man hält nicht unwahrscheinlich dafür, daß sich Ino mit dem Palämon wirklich im Meere ersäuft, als sie von ihrem Gemahle, dem Athamas, in der tollen Wuth verfolget worden, worauf man, die königlichen Anverwandten einiger maßen wieder zu trösten, vorgegeben, es wären solche unglückselige Personen in Meergötter [1839] verwandelt worden. Banier Entret. XIV. ou P. II. p. 99. Dess. Erl. der Götterl. III B. 564 S.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1837-1840.
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