Agnes (36)

[84] 36Agnes, Abbat. (1. Sept.) Agnes war Abtissin des Klosters St. Salvator zu Venosa in Apulien, und, ehe sie in das Kloster trat, eine Dienerin der Welt, die sich aber auf Zureden des hl. Wilhelm von Monte-Vergine bekehrte und den Schleier nahm. Früher eine eben so schöne als reiche Buhlerin, hatte sie nämlich, als einst am Hofe des Königs Roger von Sizilien über die Keuschheit des hl. Abts Wilhelm von Monte-Vergine gespottet wurde, es übernommen, denselben durch ihre Reize zu verführen und zum Falle zu bringen. Zu diesem Zwecke kam sie wirklich zu ihm in's Kloster, entfaltete ihren ganzen Liebreiz und alle Verführungskünste und brachte den Heiligen dahin, daß er sie in seine Schlafkammer einlud, wohin er ihr vorausging. Aberwie erschrack sie, als sie dahin kam und ihn auf einem Bette von glühenden Kohlen liegend fand, auf welches er sie dann zu sich einlud. Schaudernd wandte sie sich ab, bekehrte sich von Stunde an und stiftete unter Beihilfe des hl. Abtes das oben bezeichnete Nonnenkloster. Ihre Tugenden erhoben sie zur Würde der Abtissin, in welcher sie im Rufe der Heiligkeit starb – nach den Bollandisten um das J. 1142. Von Einigen, wie von Wion (Herausgeber eines Benedictiner-Martyrologiums), wird sie unter die »Heiligen«, von Andern unter die »Seligen« gerechnet. Die Bollandisten jedoch sind der Meinung, die von Wion erwähnte Abtissin Agnes müsse eine andere sein als die obige, die mit dem hl. Wilhelm gleichzeitig war; denn dieser starb im J. 1142, während die von Bucelin und Andern erwähnte Abtissin Agnes im J. 1160 gestorben sein soll.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 1. Augsburg 1858, S. 84.
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