Dominicus Loricatus, B. (17)

[783] 17B. Dominicus Loricatus, Conf. (14. Oct.). Nach dem Beispiele des hl. Paulus, welcher von sich selbst sagt: »Ich züchtige meinen Leib, um ihn in die Dienstbarkeit zu bringen« (1. Kor. 9, 27), waren in der Kirche Gottes von jeher verschiedene Bußwerke gebräuchlich, und es ist vorzüglich hierauf auch die alte Bußdisciplin basirt, bei welcher nicht bloß geistige Abtödtungen und Strafen, sondern auch körperliche Züchtigungen vorkamen. Während im Laufe der Zeiten die ursprüngliche Bußstrenge (in der morgenländischen Kirche schon nach dem 4. Jahrhundert, in der abendländischen im 8. Jahrhundert) nachließ, waren doch immer Einige, welche einen besondern Bußeifer hatten und denselben auf verschiedene Weise bethätigten. Je mehr dann das geordnete Bußwesen der alten Zeit verschwand,32 um so mehr traten andere Büßungen zur Sühnung eigener oder fremder Sünden an seine Stelle, die entweder von Bischöfen und Beichtvätern aufgelegt oder auch freiwillig übernommen wurden, als da sind: andauernde Fasten, Wallfahrten, Bußgürtel, Geißelungen etc. Einer der eifrigsten Beförderer dieser Bußarten zur Abtödtung des Fleisches, welche den laxen Sitten der Zeit gegenüber bei vielen ernsteren Christen aller Stände großen Beifall fanden und namentlich in Klöstern häufig eingeführt wurden, war der hl. Petrus Damiani († 1072), welcher die Ausübung solcher Bußwerke, namentlich die Selbstgeißelung,33 durch Wort und Beispiel verbreitete; und Einer von denen, die sie auf den äußersten Punct trieben und dabei doch ein hohes Alter erreichten, war der sel. Dominicus Loricatus, d.h. der Gepanzerte, so genannt von dem eisernen Harnisch, den er viele Jahre zur Buße auf bloßem Leibe trug. Nachdem er in den Klerus eingetreten war, verehrten seine Eltern dem Bischof eine Bockshaut, damit er ihren Sohn zum Priester weihen soll. Ueber diese simonistische Schuld seiner Eltern schauderte Dominicus so zusammen, daß er nie in seinem Leben den Dienst des Altares ausübte, die Welt verließ, Mönch wurde und im Einsiedlerinstitute zu Ponte Rezzoli (Luceoli) in Umbrien und einige Jahre später in der Einsiedelei des hl. Petrus Damiani zu Fontavellano den strengsten Bußübungen oblag. Nur an Sonn- und Donnerstagen aß er Brod mit einer bessern Zuspeise; sonst aber genoß er nichts als Brod und Wasser, schlief wenig, trug außer dem eisernen Panzer mehrere eiserne Ketten um den Leib und machte in diesem schmerzhaften Eisengewande während eines Psalters tausend Kniebeugungen. Allein Alles dieses war noch gering im Vergleiche zu seinen Geißelungen mit Ruthen und einige Jahre vor dem Tode mit Riemen. Kaum verging ein Tag, wo er nicht, zweimal den Psalter nacheinander meditirend, sich dabei unausgesetzt geißelte; oft, besonders in der vierzigtägigen Fasten, dehnte er die Geißelung auf drei Psalter aus oder vollendete in 6 Tagen unter dieser schmerzlichen Büßung 20 Psalter; einmal verrichtete er während der Quadragesimalzeit die Buße von 200 Psaltern. Und konnte er Anstandshalber sich nicht entblößen, so schwang er [783] sein Bußinstrument über Kopf und Nacken, Schenkel und Füße. Dabei hatte er nicht nur die Abbüßung der eigenen, sondern auch fremder Sünden im Auge, wofür er sich gleichsam als Schlachtopfer einsetzte, und berechnete die Abtragung der kanonischen Bußen je nach der Zahl der Streiche, die ihm in Verbindung mit dem Psalmengebet als Aequivalent dieser Bußen galt, so daß nach seiner Berechnung 10 Psalmen mit 1000 Streichen 4 Monate der kanonischen Buße, 3000 Streiche mit 30 Psalmen ein Jahr und die Geißelung während eines ganzen Psalters (150 Psalmen) mit 15,000 Streichen fünf Jahre kanonischer Buße nachließen, woraus sich erklärt, wie er nach dem Berichte des hl. Petrus Damiani oft die Bußen von 100 Jahren auf sich nahm. Dieser sein Vorsteher erstaunte über den Eifer unsers Seligen im höchsten Grade, so sehr er auch selbst allen Abtödtungen ergeben war. In der Nacht vor seinem Tode betete der Selige noch die Matutin und Laudes mit den Brüdern; während der Prim aber verschied er selig im Herrn im Jahre 1161 (nach Andern 1160).


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Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 1. Augsburg 1858, S. 783-784.
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