Gaucherius, S.

[355] S. Gaucherius (Gauctrerius), Conf. (9 April). Der hl. Gaucherius – auch Walterus, frz. St-Gaucher – Prior der regulirten Chorherrn von St. Jean d'Aureil, war zu Meulan, in der Nähe von Rouen, um das J. 1060 geboren. Als seine Mutter mit ihm guter Hoffnung war, sah sie einst im Traume ein langes Seil, von der Erde bis in den Himmel reichend und oben mit einer Schelle versehen. Damit war der künftige Beruf und Lebenslauf unseres Heiligen schön angedeutet; denn er wurde in der That eine Glocke, welche die Gläubigen einlud, nicht zu säumen, ihren Schöpfer und Herrn aufzusuchen. Man gab ihm eine sorgfältige Erziehung unter den Augen des Magisters Humbert, Canonicus in Limoges (Lemovicum), der ihn zum klösterlichen Leben ermunterte. Er kam zu diesem Ende in einem Alter von 18 Jahren mit einem Freunde, Namens Germond, nach Aquitanien und lebte daselbst, nachdem er das Grab des hl. Leonardus besucht hatte, in einer Einöde, welche nach Migne Chavagnac heißt, drei Jahre als Einsiedler, ungekannt von den Menschen, desto mehr aber Gott bekannt, dem er durch Gebet, Handarbeit und Bußübungen diente. Aber länger konnte das außerordentliche Leben der beiden Einsiedler doch nicht unbekannt bleiben; der Ruf ihrer Heiligkeit verbreitete sich nach und nach in der ganzen Umgegend, und man kam von allen Seiten, um von dem in den inneren Wegen ungeachtet seiner Jugend sehr erfahrenen hl. Gaucherius Rath zu holen. Nach und nach schlossen sich ihm so viele Schüler an, daß er genöthigt war, in dem benachbarten Walde Aureil (Aurelium), welcher dem Kapitel von Limoges gehörte, ein Kloster zu bauen. Da auch weibliche Personen unter seiner Leitung leben wollten, so baute er in einiger Entfernung ein zweites Kloster für dieselben. Beiden gab er die Regel der regulirten Kanoniker des hl. Augustin, welche im J. 1063 von Papst Alexander II. approbirt worden ist. Er stand in lebhafter Verbindung mit den Domherren von Limoges und war besonders sehr befreundet mit dem hl. Stephan von Muret oder Grandmont, dessen einsame Wohnung nicht weit von seinem Kloster St. Jean d'Aureil entfernt war. (Vgl. Febr. II. 206). Beinahe 60 Jahre lebte er hier in unermüdlichem Seeleneifer. Sein Tod erfolgte nach Migne im J. 1140 durch einen Sturz vom Pferde, auf welchem der 80jährige Greis, von Müdigkeit und Altersschwäche zugleich angegriffen, eingeschlafen war. Doch erholte er sich so weit, daß er vor seinem Ableben die heil. Sacramente noch empfangen und seine Schüler trösten konnte. Da an seinem Grabe sich viele Wunder ereigneten, versetzte ihn Papst Cölestinus III. (vom J. 1192 bis 1198) unter die Heiligen. (I. 850–853.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 355.
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