Gerardus Sagredo, S. (6)

[395] 6S. Gerardus Sagredo, Ep. M. (24. al. 26. Sept. 23. Febr.) Der hl. Gerardus Sagredo, welcher im Mart. Rom. der »Apostel Ungarns« heißt, war von Geburt ein Venetianer. Die Zeit seiner Geburt ist zwar nicht bestimmt ermittelt; sie fällt indessen zwischen die Jahre 970–980. Durch die göttliche Gnade hat er von Kindheit an gelernt, unserm Herrn Jesu Christo zu dienen und in Allem der evangelischen Lehre nachzukommen. Um hierin ungestört zu seyn, entsagte er der Welt und wurde Mönch in S. Giorgio Maggiore. In seinem 30. Jahre empfing er die Priesterweihe. Nun beschloß er, von frommer Andacht getrieben, mit mehreren Gefährten das heil. Land zu besuchen, wurde aber in Ungarn, wo der hl. König Stephan ihn sah und kennen lernte, wider seinen Willen aufgehalten und zum Bischof von Csanad (Canada) an dem Marosch erhoben (im J. 1036), nachdem er zuvor sieben Jahre lang in der Einöde zu Beel seinen Eifer und seine Befähigung für die Bekehrung der Heiden durch Wort und That hinreichend bewährt hatte. Er war ein eifriger Verehrer der hl. Jungfrau; Allen, die ihn um ihres Namens willen um Verzeihung ihrer Vergehungen baten, ertheilte er sie und betrachtete Jene, die sie von Herzen als die Mutter Gottes bekannten, als seine Söhne. Daher kniet er in bildlicher Darstellung im bischöflichen Ornate vor Maria mit dem Kinde (Hack S. 302). Von ihm, sagt man, haben die Ungarn gelernt, Maria als »Unsere Frau« anzurufen. Sein Beispiel hat also im ungarischen Volke, so weit es dem Glauben treu blieb, tiefe Wurzeln geschlagen. Ueberhaupt suchte er überall den Gottesdienst würdig zu feiern, die Herzen dem Herrn als heilige Tempel darzustellen, Genauigkeit und Ordnung in den geistlichen Verrichtungen einzuführen etc. Darum bereisete er sorgfältig seinen Sprengel, um überall selbst nachzusehen, was dem Weinberge, den er zu bestellen hatte, etwa abgehe. Arme, Kranke und Aussätzige verpflegte er, nahm sie selbst in sein Haus auf und ließ sie im eigenen Bette schlafen. Auf seinem Leibe trug er ein rauhes Bußkleid, das von einem groben wollenen Obergewande bedeckt war. So streng er gegen Hartnäckige verfuhr, so gnädig und liebreich war er gegen Reuige; nur sich selbst verzieh er nichts und legte sich auch für kleine Fehler große Demüthigungen und schwere Bußen auf. So schämte er sich z. B. nicht, einem seiner Diener, den er einer verdienten, aber strengen Züchtigung unterworfen hatte, auf den Knieen um Verzeihung zu bitten. So lang der hl. König Stephan lebte, unterstützte er den Eifer des Bischofs von Csanad. Nach seinem Tode (im J. 1037) begannen für die junge Kirche Ungarns die Zeiten der Prüfung. Schon Petrus, Neffe und Nachfolger des hl. Stephan, wandelte nicht mehr auf den Wegen Gottes und wurde im J. 1042 vertrieben. Mit apostolischem Freimuthe trat der hl. Gerardus ihm und dem Eindringlinge Abbas entgegen und weigerte sich, mit Letzterem in Gemeinschaft zu treten und ihn zu krönen. Wie zu allen Zeiten, gab es auch damals Bischöfe mit weiterm Gewissen als der hl. Gerardus hatte; von diesen wurde er anerkannt und gekrönt. Dennoch konnte er sich nicht halten und mußte dem König Andreas den Thron übergeben. Dieser hatte sich aber[395] verpflichten müssen, das Christenthum in seinen Staaten auszurotten, weßhalb der hl. Gerardus mit drei andern Bischöfen sich nach Stuhlweißenburg (alba regalis) zum Könige begab, um ihn zu bewegen, dieses Versprechen zu widerrufen. Auf dem Wege dahin ward ihm kund gethan, daß er den Glauben an Jesus mit seinem Blute werde bestätigen dürfen. »Meine Brüder und Freunde,« sprach er zu seinen Genossen, »morgen werden wir zum Nachtmahle des Lammes gerufen; lasset uns ohne Widerrede hineilen und um Christi willen sterben.« Am andern Tage celebrirte er bei St. Sabina in Stuhlweißenburg die heil. Messe, speiste an dem Tische Christi diejenigen, die ihm anhängig waren, und ging dann fröhlich der Marter entgegen. Da sie über die Donau sich übersetzen lassen wollten, flogen Steine in seinen Wagen; kurz darauf wurden die Pferde angehalten und der Wagen umgeworfen, worauf den Heiligen ein Hagel von Steinen bedeckte. Eben wollte er sich auf die Kniee niederlassen und hatte bereits das Gebet des hl. Erzmartyrers Stephanus: »Herr, rechne es ihnen nicht zur Sünde!« gesprochen, als ein Lanzenstich ihn tödtete, am 24. Sept. 1046. An demselben Tage wurden noch zwei Bischöfe und viele andere Priester umgebracht, »deren Zahl und Namen Gott allein bekannt sind.« Der hl. Gerardus wurde von den Katholiken in der Kirche U. L. Frau bestattet. Erst unter König Ladislaus wurde Glaubensfreiheit gewährt und beschlossen, Allen, die während der Verfolgung getödtet wurden, kirchliche Verehrung zuzuwenden. Nun wurde der Heilige in der Kathedrale von Csanad beigesetzt. Die Venetianer erbaten sich später nach Butler (XIII. 284) diese heil. Reliquien ihres Landsmannes, um sie in der Kirche U. L. Frau von Murano zu verehren. Diese Uebertragung wird am 23. Febr. gefeiert (Febr. III. 360). Sein Fest (de indulto) wird im röm. Brevier am 26. Sept. ritu dupl. begangen; im Mart. Rom. steht er aber am 24. Sept. (VI. 713.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 395-396.
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