Gummarus, S. (1)

[577] 1S. Gummarus, (11. Oct.), auch Guntmarus, Gunthmarus137, gewöhnlich St. Gomer genannt, war aus vornehmen Geschlechte in dem Dorfe Emblehem, nicht weit von der Stadt Lira oder Lierre (Ledo) in Brabant geboren und empfing eine sehr fromme Erziehung. In einem Alter von beiläufig 26 Jahren wurde er von seinen Eltern an den Hof des mit ihnen verwandten Königs Pipin geschickt, wo er sich in seiner Tugendhaftigkeit zu bewahren wußte. Obwohl zur Ehe wenig geneigt, ließ er sich doch von seinem Fürsten bewegen, eine Frau zu nehmen. Sie hieß Grimmara, auch Grimmaria, Guimaria, Gwinmaria, und war ein sehr herrschsüchtiges, geiziges, heftiges und eigensinniges Weib. Alle Ermahnungen ihres Mannes konnten dieselbe nicht bessern. Da Pipin in beständige Kriege verwickelt war, so mußte Gummarus neun Jahre lang von Haus abwesend seyn. Während dieser Zeit behandelte sie die Unterthanen in der härtesten Weise, indem sie ihnen ihre Ochsen und alle Habe wegnahm und gleichwohl die früheren Leistungen forderte. Da mußten die Armen selbst sich vor den Pflug spannen; sie aber ließ dieselben schlagen und ihnen verschiedene Schmach anthun, z. B. ihnen die Köpfe scheren etc. Nach seiner Nückkehr suchte der hl. Gummarus die Mißhandelten auf alle Weise zu beschwichtigen und zu versöhnen. Immer mehr aber lenkten sich seine Gedanken dahin, noch eifriger Gott zu dienen. Er unternahm daher eine Wallfahrt nach Rom. Auf dem Wege erschien ihm nächtlicher Weile ein Engel und sagte ihm, er [577] solle nicht nach Rom gehen, sondern in der Nähe an dem Flusse ein Gotteshaus bauen, wo einst auch seine Gebeine ruhen werden. Dieser Ort hieß Nivesdone (Niyesdum), erhielt später den Namen Lierre und liegt an der Nethe. Dort baute er eine Kirche zu Ehren des hl. Apostels Petrus, die er dann, namentlich wenn er der Betrachtung und dem Gebete obliegen wollte, öfters besuchte, da sie nicht sehr weit von seinen Besitzungen in Emblehem entfernt war. Hier lebte er ganz den Werken der Wohlthätigkeit, und Gott wirkte durch ihn verschiedene Wunder. Als z. B. einmal seine Aernteleute sich beklagten, daß ihnen seine Frau in der Hitze keine Erquickung reichte, schalt er die Hartherzige und hieß sie weggehen; dann stach er mit einem Stecken in die Erde, und es entsprang ein reichlicher Quell, woraus Alle sich erfrischten. Seine Frau aber ward zur Strafe mit Durst gepeinigt, so daß kein Wasser, kein Trank das Brennen stillte. Sie glaubte schon dem Tode nahe zu seyn; da betete Gummarus und machte das Kreuzzeichen über sie; so ward sie wieder körperlich gesund, die geistige Krankheit aber blieb. Mit dem hl. Rumoldus hielt er einst eine Zusammenkunft, weil beide von einander gehört hatten, beide sehnlichst einander schon lang zu sehen wünschten. Heilige Gespräche und Mittheilungen gottseliger Erlebnisse bildeten den Gegenstand ihrer Unterhaltung. Der hl. Gummar ward im J. 774 zu Gott heimberufen. Bei Butler (XIV. 480) ist erzählt, daß auch seine Frau sich zuletzt noch aufrichtig bekehrt habe. Wunder verherrlichten die Ruhestätte des Heiligen. Der Ort Lierre wurde immer mehr bevölkert, so daß er zum Städtchen wurde. In der Kapelle, die der hl. Gummar selbst gebaut hatte, ruhten seine Gebeine mehrere Jahrhunderte. Im J. 1369 und im J. 1406 ließ der Diöcesanbischof sie untersuchen und ihre Aechtheit neuerdings bewahrheiten. Später bemächtigten sich die Calvinisten des Sarges, aber die darin geborgenen heil. Ueberreste wurden von den Katholiken gerettet und in der Collegiatkirche zu Lierre beigesetzt. Der hl. Gummar genießt in ganz Brabant Verehrung. (V. 674.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 577-578.
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