Hervaeus, S. (1)

[686] 1S. Hervaeus (Huvarnus), Abb. (17. Juni). Zur Zeit des vom J. 512–558 regierenden fränkischen Königs Childebert I., eines Sohnes Chlodwigs I., welcher das Reich unter seine vier Söhne getheilt hatte, kam an den Hof des Erstern ein gelehrter, sprachenkundiger Engländer, Huvarnion mit Namen. Er war der Vater des hl. Herväus und bekleidete die Stelle eines Musikmeisters an der Hofkapelle. Er heirathete jedoch erst, nachdem er vier Jahre bei Childebert in aller Zucht Dienste geleistet und die Entlassung erhalten hatte, eine züchtige Jungfrau aus der Bretagne, Namens Rivannone, die ihm nach Verlauf eines Jahres einen blinden Sohn gebar, den sie in der heil. Taufe Herväus nannten. Der Knabe war im fünften Lebensjahre, als der Vater im Rufe großer Heiligkeit starb; der Mutter blieb die Sorge für seine Erziehung nun allein, und sie unterzog sich dieser schweren Aufgabe mit dem besten Erfolge. Die Talente ihres Sohnes müssen sehr bedeutend gewesen seyn; denn er erlernte, wiewohl blind, bei dem hl. Mönche Martinianus die lateinische Sprache sehr vollständig und überließ sich, nachdem er die Jahre der Standeswahl erreicht hatte, der Leitung des hl. Vulphroedus, über welchen indessen alle näheren Angaben fehlen. Als er indessen erfuhr, seine Mutter sei dem Tode nahe, eilte er nach Hause, um ihr die Augen zu schließen und seine letzte kindliche Liebe und Dankbarkeit zu beweisen, worauf er noch längere Zeit zu St. Paul de Leon (Leona) in der Bretagne als Priester dem Dienste der Kirche oblag und dann (man weiß nicht wann) eines gottseligen Todes starb. Hiemit haben wir den historischen Kern seiner Legende, die mit verschiedenen Fabeln untermischt ist, angegeben. Seine Verehrung unterliegt keinem Zweifel. Merkwürdig ist, daß die Gerichte gern auf seine Reliquien schwören ließen, weil hier dem Meineid, sobald ein solcher vorkam, die Strafe unmittelbar auf dem Fuße folgte. Sie befinden sich seit dem J. 1002 in Nantes, nachdem sie vorher von St. Paul de Leon im J. 878 nach Brest waren übertragen worden. (III. 365–371.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 686.
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