Latinus, S.

[687] S. Latinus, (24. März), der 4. Bischof von Brescia (Brixia) in Italien, hieß mit seinem eigentlichen Namen Flavius. Er scheint eine edle und zugleich christliche Erziehung genossen zu haben. Seine Aeltern sind unbekannt. Sein Lehrer war der fromme, gotterleuchtete Theolog und Bischof Viator [687] von Brescia. Als dieser im Jahre 75 n. Chr. auf den bischöflichen Stuhl von Bergamo versetzt wurde, glaubte er der trauernden Heerde keinen bessern Hirten geben zu können, als unsern Latinus, der auch wirklich zum Bischof von Brescia gewählt wurde. Unter seinem Episcopate brachen die Stürme der Domitianischen Christenverfolgung über die junge Kirche herein, die er durch sein glänzendes Vorbild und durch sein kräftiges Wort in ihren namenlosen Qualen stärkte, so daß die Gläubigen mit Freude für ihren heiligen Glauben in den Tod gingen. Er wanderte in den Flecken und Dörfern umher und predigte das Evangelium den Christen und den Heiden, um jene zu trösten und zu stärken, und diese zu bekehren. Auf dieser Bekehrungsreise hatte er Vieles zu erdulden; er wurde verhöhnt, geschlagen, gefesselt und eingekerkert, und schon sehnte er sich nach der Palme des Martyriums, als ihm der Herr befahl, er solle sich der Verfolgung durch die Flucht entziehen. Schweren Herzens verließ er seine bedrängte Heerde, kämpfte aber in den verborgenen Schlupfwinkeln gegen die wüthenden Wölfe durch Beten, Fasten und Wachen. Da ward ihm endlich durch göttliche Offenbarung der Tod angekündet. Hier ließ er nun, so viel möglich, seine geistlichen Söhne zusammen kommen und tröstete sie mit freundlichen Worten, indem er sie auf die herrlichen Güter hinwies, die den treu Ausharrenden zu Theil werden sollten etc. Am 18. März befiel ihn dann eine Krankheit, die nach 6 Tagen so zunahm, daß er ihr am 24. März endlich unterlag, und zwar im Anfange des zweiten Jahrhunderts. Wenn es richtig ist, was die Acten angeben, daß er nämlich im Jahre 75 den bischöflichen Stuhl von Brescia bestiegen und denselben mehr als 31 Jahre geschmückt habe, so würde das Jahr 106 als sein Todesjahr sich herausstellen. Allein nach Andern wäre er nur 3 Jahre und 7 Monate Bischof gewesen und dann gemartert worden. Nach Galesinius hätte er den bischöflichen Stuhl vom Jahre 88–116 oder 119 innegehabt. Nach den Acten war sein Tod ein sehr sanfter. Ueber das todte Angesicht ergoß sich ein schöner Lichtglanz, und aus seinem Körper strömten Wohlgerüche. Viele Gläubige wanderten zu seinem Grabe, wo mehrere Wunder geschahen. Sein heil. Leib wurde sofort von seinem Schüler und Nachfolger, dem hl. Bischof Apollonius18, mehr unter reichlichen Thränen als unter vielen Gepränge heimlich beerdigt, und zwar nicht fern von der Stadt auf dem Wege nach Cremona, an dem Orte, wo mehrere heil. Martyrer ruhten, wohin auch die hhl. Martyrer Faustinus und Jovita gebracht wurden, und wo jetzt die Kirche der hl. Afra steht. Später muß sein heil. Leib transferirt wor den seyn; denn bei einer Restauration dieses Tempels fand man unter einem Altare einen steinernen, wohlverschlossenen, mit dem Bilde des hl. Latinus versehenen Sarg mit einer Inschrift, welche besagt, daß er im Jahre 1464 in diesem Sarge beigesetzt worden sei. Im Jahre 1576 wurde an demselben Orte eine kleine Kapelle erbaut und unserm Heiligen gewidmet, und im Jahre 1624 wurden seine Reliquien in einem neuen Altare des obigen Tempels zur linken Seite des Hochaltars beigesetzt. Sein Name steht auch im Mart. Rom. am 24. März. (III. 475.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 687-688.
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