Marcellus, S. (8)

[91] 8S. Marcellus. Ep. Conf. (9. al. 5. April und 17. Jan.) Dieser hl. Marcellus war der Bruder und Nachfolger des hl. Bischofs Petronius auf dem, später mit dem Bisthum Valence vereinigten bischöflichen Sitze von Die (Dia, Divia, Deia) am Dromeflusse. Der Reihenfolge nach war er, nach der gewöhnlichen Zählung, der eilfte. (Saussajus hat ihn irrthümlich für den ersten gehalten.) Man weiß übrigens die Zeit, wann er blühte, nicht genau. Daß er im J. 506 dem Concil von Agde beiwohnte, ist nicht erwiesen. Im Gegentheil macht Henschen geltend, daß der bischöfliche Sitz von Die unter den burgundischen Königen stand, während oben benanntes Concil in den Landen des West-Gothenkönigs Alarich stait hatte. Der zweite Nachfolger des hl. Marcellus (der erste hieß Aventinus) wohnte im J. 517 dem Concil von Epaon bei, das König Sigmund von Burgund berufen hatte. Hienach und weil seine Bischofsweihe, wie sogleich erzählt werden soll, noch in die Zeit des Papstes Hilarus5 fällt, der im J. 467 oder 468 gestorben ist, dürfte das Hirtenamt des hl. Marcellus in die zweite Hälfte des fünften und den Anfang des sechsten Jahrh. gesetzt werden. Nach dem Proprium der Diöcese Die war er zu Avignon (Avennica civitas) geboren und von seinem Bruder Petronius für den Dienst des Herrn herangebildet und geweiht worden. Er wurde ihm im Eifer für Gott und das Heil der Seelen so ähnlich, daß das gläubige Volk in ihm einen zweiten Petronius sah, der ihn außerdem als seinen Nachfolger bezeichnet hatte. Er aber floh und blieb zwölf Tage verborgen, so daß man nicht wußte, wo er hingekommen sei. Als er in einer Felsenhöhle aufgefunden wurde, führte man ihn im Triumphe zurück. Gleichwohl gab es eine Partei, die einen andern Bischof wollte. [91] Diese erregte einen Aufstand, in welchem der Heilige durch einen Steinwurf verletzt wurde. Als er die bischöfliche Cathedra bestieg, flog eine Taube herbei und setzte sich ihm auf's Haupt. Darin erblickte das Volk eine göttliche Bestätigung seiner Wahl und Weihe. Letztere vollzog, wie Migne erzählt, der hl. Mamertus, Bischof von Vienne. Der hl. Leontius, Erzbischof von Arles, dem sie gebührt hätte, erhielt vom Papste Hilarius das Recht der nachträglichen Bestätigung54. Vielleicht mit Bezug auf diese Unregelmäßigkeit sagt das Proprium Diense, der hl. Marcellus habe als Bischof den rechten Weg eingehalten (rectum tenuit tramitem). Er bewies sich, wie Gregor von Tours (de gl. conff. c. LXX.) bezeugt, als ein Mann »von großartiger Heiligkeit«. Ein zu seiner Verherrlichung gedichteter Hymnus erzählt, daß er einen Knaben, der durch einen Sturz das Leben verloren hatte, wieder belebte; daß er Taube und Stumme gesund machte. Auch er mußte übrigens den Kelch trinken, den der Herr den Seinigen bereitet hat: ein arianischer König von Burgund setzte ihn gefangen (vielleicht weil er einem Concil außer Landes beigewohnt hatte). Wir wissen aber nicht, wie dieser König geheißen habe. Dann mußte er ins Exil und benützte dasselbe zu einer Reise nach Rom. Auf dem Heimwege starb er zu Barioli und wurde von da nach Die übertragen. Das Volk erwies ihm stets große Verehrung. Ein Kloster, ein Spital und ein Stadtthor von Die erhielt seinen Namen. Einer seiner Nachfolger, Ulfinus (um das J. 800), verherrlichte ihn durch Verse. Auch erzählt Gregor von Tours, daß mit dem Oel, das an seinem Grabe brannte, Krankenheilungen vorgenommen wurden. Sein Todestag ist der 17. Jan., an welchem er von Usuardus genannt wird. Bei Saussajus steht er am 5. April. Nach Migne, der ihn gleichfalls unterm 9. April nennt, hätte er beinahe 40 Jahre sein bischöfliches Amt verwaltet. (I. 826–829).


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Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 91-92.
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