Maria, V. (62)

[185] 62V. Maria (28. März), zugenannt de Maille. Diese ehrwürdige Maria wurde am 14. April 1331 zu Roche St. Quentin (in rupe S. Quintini), Bisthums Tours, geboren. Ihr Vater war Harduin von Maille, die Mutter hieß Johanna von Montbazon (Mons Bassonis). Maria wurde sie erst seit der Firmung genannt, in der hl. Taufe hatte sie den Namen ihrer Mutter empfangen. Schon als Kind neigte sie sich zu großer Frömmigkeit und hatte himmlische Erscheinungen. Wenn der Beichtvater ihrer Mutter ins Haus kam, und mit der Familie über geistliche Dinge sprach oder die hl. Schrift erklärte, hörte sie mit frommer Neugierde zu. Mündig geworden, ehelichte sie nach dem Wunsche ihrer Eltern einen gewissen Robert von Silley, den sie überredete mit ihr in jungfräulicher Ehe zu bleiben. Ihre ganze Freude bestand in Ausübung frommer Werke an Armen, Wittwen, Waisen und Unglücklichen jeder Art, denen sie um Jesu willen zu Hilfe kam. Als ihr Mann im J. 1359 bei Chateau de Germelle oder Grevelle Kriegsgefangener wurde, und sie für ihn das Lösegeld nicht entrichten konnte, nahm sie ihre Wohnung im Armenhaus, bis sie durch Handarbeit sich so viel zurückgelegt hatte, daß sie der Liebe zu ihrem Gatten das hinreichende Geld opfern konnte. Aber schon drei Jahre nachher starb er, und es begann für sie aufs Neue die Zeit schwerer Prüfung. Sie wurde aus ihrem Schlosse vertrieben und kam in größter Armuth zu ihrer Mutter nach Maille, welche sie in der Zubereitung verschiedener Salben für Kranke unterrichtete. Zugleich verharrte sie emsig im Gebete. Man trug ihr eine zweite Ehe an, die sie ausschlug. Ihr Sinn war den himmlischen Genüssen zugethan, weßhalb sie, um ganz und ungestört Gott dienen zu können, sich nach Tours begab, wo sie in der Nähe der St. Martins-Cathedrale eine Zelle bezog und in Uebungen der Frömmigkeit und Nächstenliebe mehrere Jahre blieb. Außer den Kranken nahm sie sich besonders der Verlassensten und Aermsten ihres Geschlechtes an, indem sie die sich preisgebenden Mädchen zur Buße und zu ehrbarer Arbeit bewog und für ihre Verheirathung Sorge trug. Sie selbst hielt ihre Sinne in strenger Botmäßigkeit durch Fasten, Beten und Wachen, und pflegte Gott beständig nur um die Gnade zu bitten, daß er sie nicht sterben lasse, bevor sie gänzlich allem Irdischen entsagt hätte. Mancherlei Ehren, die ihr selbst von den Großen dieser Welt, ohne daß sie dazu Anlaß gab, erwiesen wurden, bereiteten ihrer Demuth große Versuchungen. Aber sie überwand dieselben durch die fortwährende Selbstüberwindung und strenge Entsagung, welche sie sich auferlegte. Zuletzt fand sie noch bei den Klosterfrauen von Beaumont (Bellus mons) les Roches (an der Loire) Aufnahme und starb gottselig im J. 1413 (Migne nennt das J. 1414). Die alte Frau verjüngte sich nach dem Tode und wurde so frisch wie ein junges Mädchen in den Jahren ihrer schönsten Blüthe. Das Volk von Tours nannte sie von jeher eine »Selige«, in den Chorbüchern hieß sie sogar »heilig«. Ihre Reliquien, bis auf die Zeit der Hugenottenkriege ein Gegenstand frommer Verehrung, wurden von den Ketzern zerstreut, und nur einige wenige sollen erhalten worden seyn. (III. 735–765).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 185.
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