Mathildis (11)

[311] 11Mathildis Sidwibri, eine Klosterfrau von Töß, war schon bei Jahren, als sie den Schleier nahm. Sie saß voll Andacht und von heiligen Gefühlen begeistert bei ihrem Spinnrade und sprach zuweilen: »Ich bitte dich, o Herr, daß du für leden Faden, den ich spinne, eine Seele erlösen mögest.« Ihr Mund redete nur Süßes und ihre Augen zerflossen in reichliche Liebesthränen. Ihre kindliche Einfalt und vollendete Ergebenheit spricht sich deutlich aus in den Worten: »Herr, wärest du Mathilde Sidwibri, und wäre ich Gott, so wollte ich dich doch Gott seyn lassen und ich wollte Mathilde Sidwibri seyn.« Bei Anhörung der Predigten beachtete sie nicht den äußern Vortrag, sondern den Inhalt, in welchen sie sich gänzlich vertiefte. Ihre große und innige Andacht zur heiligen Jungfrau begeisterte sie so außerordentlich für deren Lob, daß sie beim Gesange des Salve Regina im Chor herum lief und zu den Schwestern sagte: »Singet, singet, die Mutter Gottes ist hier.« Auch diese Mathilde wird als Obersängerin bezeichnet, was übrigens auf einer Verwechslung mit der folgenden zu beruhen scheint. (Burg.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 311.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: