Notkerus (2)

[593] 2Notkerus (28. Juli), mit dem Beinamen Labeo oder Tertius, Mönch zu St. Gallen, einer der größten Gelehrten seiner Zeit, welcher in der Theologie, Musik, Dichtkunst, Mathematik und Sternkunde, in den hl. Schriften und Klassikern wohl bewandert war. Hiedurch und durch seine Uebersetzung des Boetius in die deutsche Sprache ist er aber weniger als durch seine Frömmigkeit und große Lebensstrenge bekannt. Namentlich bewies er sich durch seine Liebe zu den Armen und Nothleidenden als ächten Jünger Jesu. Sein seliges Ende wird uns in folgender Weise beschrieben: Eben hatte Notker das Buch Job vollendet, nämlich an der Vigil von Peter und Paul im J. 1022, als er erkrankte, ohne Schmerzen zu leiden, aber er wußte seine Todesstunde, und legte darum eine öffentliche Beicht ab, in welcher er als großen Fehler vorbrachte, daß er einmal im klösterlichen Habit einen Wolf getödtet habe. Nachdem er noch die Vesper, die an diesem Tage in der Kapelle des hl. Petrus gehalten wurde, mitgesungen, begab er sich in's Krankenzimmer. Als man das Zeichen zur Complet gab, hieß er die umstehenden Brüder sich zum Gebete begeben, er selbst aber bereitete sich auf die Ewigkeit vor. Da sie zurückkehrten, verbot er das gewöhnliche Waschen seines Körpers nach dem Tode, weil er nicht wollte, daß man die Bußkette an seinem Leibe entdecke; zugleich verlangte er, man solle die Armen in, seiner Gegenwart speisen. Diese Freude wurde ihm zu[593] Theil; er entschlief unter dem Gespräche, das die vor ihm speisenden Armen führten, im siebenzigsten Jahre seines Alters. Sein Andenken blieb im Segen. Von Bucelin wird er ein heiliger und gelehrter Mann genannt, und viele Biographen z.B. Murer geben ihm den Titel eines »Seligen.« Auch bei den Boll. findet sich deßhalb sein Name unter den Uebergangenen. (VI. 501. Burg.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 593-594.
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