Rembertus, S. (1)

[60] 1S. Rembertus (Rimbertus), Archiep. Conf. (11. Juni al. 4. Febr.) Die erzbischöfliche Kirche zu Hamburg, welche Carl d. Gr. i. J. 834 zur Vekehrung der deutschen Nordländer gegründet hatte, ehrt in diesem heil. Rembertus ihren zweiten Oberhirten, [60] den Schüler und Nachfolger des hl. Ansgar. Als Bischof von Bremen ist er in der Reihenfolge der Fünfte. Seine bischöfliche Wirksamkeit fällt in die Jahre 865–888. Vorher hatte er als Pfarrer (W. W. K.-L. IX. 689) zu Ripa (Ribe) an der Nordsee die i. J. 854 dort entstandene Mission geleitet. Jedenfalls war er vom hl. Ansgar sehr geschätzt, denn bei seinem Tode war er dessen Diakon. Ueber seinen Geburtsort gehen die Nachrichten auseinander. Wahrscheinlich war er, wie der hl. Ansgar, aus Friesland, wenn er nicht etwa zu Torholt (Thurolt, Thorhout, unweit von Brügge) in Flandern geboren war. Dieser Ort war damals eine Pflanzschule der Missionäre. Einst fiel er dem heil. Ansgar unter den Knaben, welche dort die Kirche besuchten, wegen seines Ernstes und seiner Andacht besonders auf, weßhalb er seine Eltern kommen ließ und sie beredete, ihn seiner Erziehung und Obhut zu überlassen. So lernte der heilige Rembertus in der Schule des heil. Ansgar nicht blos die Wissenschaften, sondern auch die Furcht Gottes kennen und lieben. Daher zog er zu Corvey den Habit der Benedictiner an, deren Regel er sein ganzes Leben hindurch befolgte. Sein Streben war, die Lebensweise seines hl. Lehrers nachzuahmen, um auch im künftigen Leben an seinen Belohnungen Theil zu nehmen. Einstimmig wurde er deßhalb vom Klerus zu seinem Nachfolger gewählt. Sein hl. Vorgänger soll ihn hiezu sterbend mit den Worten, daß er viel eher Erzbischof zu sein verdiene, als er selbst Diakon, empfohlen haben. Die Weihe erhielt er vom Erzbischof Luitbert von Mainz unter Assistenz der Bischöfe Lindward von Paderborn und Theadricus von Minden. Noch im nämlichen Jahre, December, übersendete ihm Papst Nicolaus I. das Pallium. Im J. 871 wurde er durch Papst Hadrian II. zum päpstlichen Legaten bei den nordischen Völkerschaften ernannt. Seine große Frömmigkeit ist kaum zu beschreiben. Er hielt es für eine große Sünde, irgend eine Zeit verstreichen zu lassen, ohne ein Gott gefälliges Werk zu verrichten. Auf das Gebet folgte die Lesung, auf die Lesung wieder das Gebet, so daß er Alles im Gebete volldrachte. Die Nahrung, welche er zu sich nahm, diente nur zu seiner Erhaltung, weßhalb er nie bis zur Sättigung aß. Diese Art Fasten hielt er für die beste, weil sie ihn jederzeit kräftig und aufgelegt zu seinem Berufe machte. In Allem ehrte er die Anordnungen und Einrichtungen seines Vorgängers und wollte nicht, daß an denselben ohne Noth etwas geändert werde. Seine Obsorge für die Armen war so groß, daß sie nicht bloß in seinem Hause die nöthige Hilfe erhielten, sondern auch jenen, die auf seinen Reisen um Unterstützung baten, allzeit reichlich gegeben werden konnte. »Wir dürfen nicht zögern«, sagte er, »allen Armen beizuspringen, weil wir nie wissen, ob und wann nicht vielleicht Christus in der Gestalt eines Armen zu uns komme.« Das Spital zu Bremen erhielt durch ihn eine beträchtliche Mehrung der Einkünfte. Aus seinem äußern Wirken erwähnen wir die Theilnahme an der Einweihung des Doms von Hildesheim i. J. 872 (vgl. S. Altfridus1) und die Erbauung des Klosters und der Kirche zu Bochum (Bücken) um d. J. 882 zu Ehren des hl. Bischofs Maternianus von Rheims. Eine wesentliche Hilfe zum Heile der Seelen erkannte der hl. Bischof in den Gebeten und Beispielen frommer Klosterfrauen. Er nahm sich ihrer mit väterlicher Liebe an. »Wenn ihn zur höchsten Herrlichkeit eingehen wollet«, schrieb er an die Vorsteherin und die Schwestern von Neuenheerse (bei Paderborn), »so müsset ihr mit aller Kraft die Unverdorbenheit des Leibes und der Seele bewahren. Wenn ihr die Gabe erlangt habt, so demüthigt euch noch um so mehr in allen Dingen und ihr werdet vor Gott Gnade finden. Eure Gedanken fliegen nicht unbeachtet an Ihm vorüber. Innerlich sieht Gott was den Geist erhebt und daher läßt Er zu, daß es zunehme, um das Aeußerliche herabzudrücken. Durch die Beobachtung der Demuth muß die Reinheit bewahrt werden; denn der Geist, welcher sich unter Gott erniedriget, läßt nicht zu, daß das Fleisch sich über ihn erhebe. Der Geist hat über das Fleisch die Herrschaft, so lang er selbst den Dienst Gottes als seine rechtmäßige Pflicht erkennt. Wie er seinen Schöpfer in stolzer Ueberhebung verachtet, erhält er mit Recht die Kriegserklärung des Fleisches. Dieses schreibe ich euch, nicht weil ich etwa Stolz und Hochmuth in euch sehe, sondern weil [61] ich wünsche, daß ihr in die Zahl jener gehören möget, von welchen geschrieben steht, daß sie dem Lamme nachfolgen, wohin es geht. Mein Verlangen ist, daß ihr vorsichtig wandelt, wo ich mit Schmerzen Viele fallen gesehen habe. Folget dem Lamme in der Jungfräulichkeit des Herzens und des Leibes. Ahmet ihm nach, so werdet ihr es erlangen!« Mit demselben Eifer setzte er auch das Werk seines Vorgängers in der Heidenbekehrung fort, indem er das Wort des Heiles verkündete, und die Heilsbedürftigen in den entlegensten Gegenden, oft mit Gefahr seines Lebens aufsuchte, so daß er mit den Aposteln sagen konnte: »Tag und Nacht war ich in der Tiefe des Meeres.« Die Mönche von Corvey, seine besten Gehilfen, gewannen die ganze Insel Rügen der Lehre des Evangeliums und gründeten daselbst eine Kirche zu Ehren des hl. Vitus, Patrons von Corvey. Um die gefangenen Christen aus den Händen der Heiden zu befreien, verkaufte er selbst die heiligen Gefässe, indem er sagte, daß man das Bessere wählen und das minder Gute lassen müsse, wenn man von zwei Gütern nur eines behalten könne. Einmal verlangten die Heiden auf dem Sclavenmarkt zu Schleswig für eine gefangene gottgeweihte Jungfrau das Pferd des Bischofs sammt dem Geschirr. Sogleich stieg er vom Pferde, um es für dieses gute Werk hinzugeben. In seinen Anordnungen und Entscheidungen handelte er mit kluger Vorsicht im Angesichte Gottes und seines Vorgängers des hl. Ansgar, und hielt sie mit Standhaftigkeit fest, ohne in Zorn zu gerathen, wenn er Widerspruch fand. Ein zweiter Moses hat er nach dem Zeugnisse des Abtes Bavo von Corvey einst auf einem Hügel, wo man lange die Spuren seiner Kniee zeigte, mit solchem Erfolge gebetet, daß die Dänen vor einer geringen Zahl christlicher Soldaten die Flucht ergriffen. Ein Blinder erhielt, als ihm der hl. Bischof die Firmung ertheilte, das Gesicht. Als er wegen Altersschwäche und deständiger Fußleiden seinem bischöflichen Amte nicht mehr genügen konnte, erhielt er auf seine Bitte vom König Ludwig dem Aeltern (gest. 876) den Mönch Adelgar von Corvey als Coadjutor mit dem Rechte der Nachfolge. Die Verheerungen der Normannen hatten schon früher seinen apostolischen Arbeiten ein Ziel gesetzt. Um so eifriger verlegte er sich jetzt auf die Uebungen der Frömmigkeit, indem er durch göltliche Offenbarung nahezu ein Jahr vorher seine Auflösung erkannte. Sieben Tage vorher ließ er sich die heil. Oelung ertheilen und empfing von da an täglich die heil. Communion. Noch an dem Tage, an welchem er seine Wanderung in die Ewigkeit antrat, rief er die Priesterschaft und alle Brüder des Hauses zusammen und bat Alle um Verzeihung, wenn er vielleicht gegen den Einen oder den Andern gefehlt hätte, worauf er am 4. Februar des J. 888 nach empfangener hl. Communion verschied. Da der hl. Bischof verordnet hatte, daß er nicht in der Kirche bestattet werden solle, gab man ihm seine Ruhestätte außerhalb der Kirchenmauer an der Seite des hl. Willehad gegenüber dem Grabe des heil. Ansgar innerhalb der Kirche. Sein Nachfolger Adelgar erbaute über dasselbe ein Oratorium zu Ehren des hl. Erzengels Michael und der hhl. Martyrer Stephanus und Vitus. Die Zeit seines bischöflichen Wirkens erstreckte sich auf 23 Jahre. Er wird an den genannten Tagen als »vorzüglicher Lehrer und Prediger des katholischen Glaubens« verehrt und angerufen. Die bischöfliche Kirche von Paderborn erhielt (Kampschulte, westfäl. Kirchen-Patrocinien, S. 121) einen Theil seiner Reliquien. Ein anderes theures Vermächtniß von ihm ist die Lebensgeschichte des hl. Ansgar, welche wir noch besitzen, und ein Brief an Walburga. Abtissin von Neuenheerse. Das Mart. Rom. nennt ihn zum 4. Februar. Auf Bildern sieht man ihn als Bischof (mit Doppelkreuz) und Wohlthäter der Armen, Stücke der heiligen Gefäße an sie vertheilend, oder auf einem Berge betend, in dessen Nähe die Feinde vor dem christlichen Heeren die Flucht ergreifen. (Febr. I. 554–566.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 60-62.
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