Richardus, S. (2)

[88] 2S. Richardus, M. (25. März). Im [88] und anderwärts Gott einen Dienst zu erweisen (wie Christus dieses von ihnen vorhersagte), wenn sie einen Christen geißeln und kreuzigen würden. Es heißt sogar, sie seien gewöhnt gewesen, es alle Jahre einmal zu thun. In dieser Absicht lockten sie zu Ostern d. J. 1180 einen christlichen Knaben, Namens Richard, Sohn eines Pariser Bürgers in ein Haus und marterten ihn unter vielen Schmähungen auf Christus grausam zu Tode. Am Kreuze hängend, rief er in seinen Schmerzen: »Herr, hilf mir, denn ich bin elend und arm!« Als die Kunde hievon sich in Paris verbreitete, wurden die Juden durch den König Philipp II. aus ganz Frankreich vertrieben. Der entseelte Leib des jugendlichen Martyrers wurde in der Kirche der unschuldigen Kinder beigesetzt. So zuversichtlich aber diese Legende auch auftritt, so scheint sie doch nicht außer allem Zweifel zu sein. Die Schrifsteller sind zwar darüber einig. daß ein solcher Knabenmord von Seite der Juden stattgefunden habe, aber sie verlegen den Ort der Gräuelthat theilweise nach Pontoise und erschüttern hiemit ihre Glaubwürdigkeit auch hinsichtlich der andern Umstände ihrer Erzählung. Unter Carl VI. kamen die meisten Reliquien des Knaben nach England, nur das Haupt blieb in Paris, wo es noch im 18. Jahrh. in einem reichen Reliquiarium zu sehen war. (III. 591.)


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Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 88-89.
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