Rodingus, S.

[116] S. Rodingus, Abb. (17. al. 25. Sept.). Dieser Heilige wird öfter auch als Chraudingus und Rovinus, frz. Rouin, ferner Rodvicus, Rodincus, Graudiugus genannt. Er ist Gründer des Klosters Beaulieu (bellus locus in Argonna) in der Champagne, Bisthums Verdun. Der heil. Rodingus war um das J. 594 in Irland geboren und kam ungefähr i. J. 628 in das Kloster Tholey, Bisthums Trier. Er vollendete hier seine theologischen Studien unter der Leitung des nachmaligen Bischofs Paul von Verdun. »Er war«, sagt eine alte Lebensbeschreibung, »sehr gehorsam, klug, dem Gebete zugethan, überaus liebevoll, voll von Gottergebenheit, arbeitsam, streng im Stillschweigen, gerecht im Urtheil, von unvergleichlicher Demuth.« Daher erachteten die Brüder ihn für würdig, der Nachfolger des Abts Wendelin zu werden. Nachdem er aber eine Zeit lang dem Kloster mit Kraft und Weisheit vorgestanden war, bat ihn der Bischof von Verdun um seine Beihilfe in einigen Gegenden von Lothringen. Unter Thränen verließ er um d. J. 640 die Abtei, um im Walde non Argonne die Seelsorge auszuüben. Der Ort, wo er sich niederließ, wurde damals Vaslogium, Vasloi, später Beaulieu (schöner Ort) genannt. Seit der Rodung genießt man von hier aus die Aussicht in die Champagne, in die Landschaft Barrois und die Umgegend von Clermont und Verdun. Bald war dieser Schlupfwinkel der wilden Thiere in ein Haus des Gebetes verwandelt, und statt des wüsten Geheuls der Wölfe und des Geschreies der Raubvögel hörte man das Lob Gottes. Die Nachricht hievon verbreitete sich bald und gelangte auch zu dem reichen Eigenthümer des Waldes, Austresius mit Namen, der zu Autrecourt (Austresii curtis) seßhaft war. Dieser ließ den hl. Einsiedler sammt seinen Brüdern durch seine Diener unter Veitschenhieben aus dem Walde treiben. Der Mann Gottes richtete setzt seinen Weg nach Rom, um bei den Gräbern der Apostel zu erforschen, wo er jetzt seinen Aufenthalt nehmen sollte. Indessen ward Austresins von mannigfaltigem Unglücke heimgesucht, der hl. Rodingus aber erhielt, im Gebete vor den heil. Leibern der Apostel liegend, die himmlische Weisung, wieder nach Frankreich an den Ort sich zurück zu begeben, von dem er vertrieben worden war. Neuermuthigt kehrte der Heilige nach Frankreich zurück. Der hievon benachrichtigte Austresius bereute jetzt sein früheres rohes Benehmen gegen den Mann Gottes und ließ ihn bitten, ihn auf seinem Krankenlager zu besuchen. Der hl. Rodingus, welcher dem Hartbedrängten längst verziehen hatte, erflehte ihm Gesundheit. Austresius übergab ihm hierauf den Wald, aus dem er ihn vertrieben, zum beständigen Besitz. Als der Heilige auch der an der Gliederkrankheit darniederliegenden Schwester (nach Andern Tochter) des Austresius, Bava mit Namen, die Gesundheit hergestellt hatte, schenkte auch diese ihm ihr Landgut und das umliegende Land, damals und setzt noch Bonne (Bonna) genannt. So war er in den Stand gesetzt, das früher begonnene Werk zu vollenden. Es ward nun zur Ehre des heiligsten Erlösers und des hl. Mauritius und seiner Martyrgenossen das Kloster erbaut, das sich in kurzer Zeit stark bevölkerte, indem nicht nur Leute aus dem Mittelstande und Arme, sondern auch Reiche und Vornehme die Welt verließen, um unter seiner Leitung ihr Leben dem Dienste Gottes zu weihen. Als der Heilige sein Kloster gegründet und mit nicht unbedeutenden Besitzungen [116] beschenkt sah, wendete er sich sowohl an den hl. Vater nach Rom als auch an den König Childerich II. von Frankreich, der zu Noyon residirte, um von der geistlichen und weltlichen Obrigkeit den nöthigen Schutz für seine Stiftung zu erhalten. Was er sich erbat, ward ihm auch zu Theil. Der König schenkte dem Kloster noch außerdem die schöne Villa Ermerica (nach Menardus Domeriaca genannt), und erklärte die Abtei für völlig exempt, so dasß sie nur in Betreff der Weihen und Ordinationen dem Bischof von Verdun untergeordnet war, zu dessen Bisthum Beaulieu gehört. – Nachdem er in dieser Weise für die leiblichen und geistigen Bedürfnisse seiner Mönche gesorgt hatte, stellte er einen durch klösterliche Zucht und heiligen Wandel ausgezeichneten Mönch, Stephanus mit Namen, mit Uebereinstimmung der Brüder zum Obern derselben auf und zog sich mit einem einzigen Gefährten eine halbe Stunde tiefer in den Wald zurück. An allen Fest tagen kam er ins Kloster, um die hl. Messe zu lesen und die Brüder zu stärken. Außerdem brachte er oft ganze Nächte in der Klosterkir che zu. In seiner Einsiedelei zu Bonnevalle, jetzt St. Rouin genannt, lebte er noch fünf Jahre. Als er aber das Ende seines Lebens herannahen sah, ließ er den Abt Stephanus und sämmtliche Brüder zu sich bescheiden. Liebvoll tröstete er sie wegen seines nun bevorstehenden Hingangs und forderte sie auf, sich mit ihm zu freuen, denn sterben und bei Christus sein sei ja viel besser, als während längerer Lebensdauer beständig in Aengsten sich befinden. Alle weinten bitterlich, der heil. Rodingus aber empfing nun mit glühender Andacht den Leib und das Blut Christi als Wegzehrung, und auf den Knieen liegend, mit zum Himmel erhobenen Händen entschlief er, beiläufig 80 Jahre alt (Einige geben ihm eine Lebensdauer von 117 Jahren), unter den Gebeten und Gesängen der Brüder, im Herrn am 17. Sept, wahrscheinlich i. J. 680 – Sein heil. Leib wurde in das Kloster getragen und vor dem Altare des hl. Evangelisten Johannes feierlich beerdigt. – Gott würdigte sich, sowohl am Grabe des hl. Rodingus, als in seiner Einsiedelei der leidenden Menschheit zahlreiche Wohlthaten zu spenden. Fieberkranke, die aus der Quelle tranken, aus welcher er geschöpft hatte, wurden gesund. Die erste Erhebung seiner Reliquien erfolgte um das J. 800. Eine zweite geschah um d. J. 1030. Im J. 1297 kam ein Theil seines hl. Leibes nach Bar-le-Duc. Im J. 1790 brachte man die hl. Reste in die Pfarrkirche, und als sie auch hier nicht mehr sicher waren, in eine Privatwohnung. Nachdem das Unwetter vorüber war, wurden sie neuerdings in die Pfarrkirche gebracht, wo sie sich noch befinden. Auf ähnliche Weise wurden die zu Bar-le-Duc befindlichen Reliquien gerettet; sie ruhen dermalen in der St. Stephanskirche. Die vormalige Abtei Beaulieu ist dem Erdboden gleich gemacht, aber die Eremitage des Heiligen seit dem J. 1866 dem Gottesdienste wieder zurückgegeben. Auf Abbildungen sieht man den Heiligen als Benedictiner-Abt, wie er Kranke heilt und mit seinem Stabe eine Quelle dem trockenen Erdreiche entspringen läßt. (V. 508–517 u. Guerin.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 116-117.
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