Victricius, S.

[697] [697] S. Victricius Ep. Conf. (7. Aug.). Dieser Heilige war der achte Bischof von Rouen in Frankreich. Seine Eltern sind unbekannt. Seine Heimat soll (man vgl. seine Lebensbeschreibung bei Guerin) die Landschaft der Moriner zwischen Schelde und Lys im vormaligen belgischen Gallien gewesen sein. Als der abtrünnige Kaiser Julian in seinem Reiche das Heidenthum wieder herstellen wollte, befand er sich bei dem kaiserlichen Heere. Alsbald dankte er ab und legte dem Tribun seine Waffen zu Füssen. Dieser betrachtete die fernere Dienstverweigerung als groben Ungehorsam und ließ ihn so heftig schlagen, daß sein ganzer Körper voll von Wunden und Striemen war, dann aber in ein Gefängniß werfen, dessen Fußboden mit spitzigen Scherben so bedeckt war, daß der heilige Bekenner weder stehen, noch sich niederlegen oder setzen konnte. Am andern Tage wurde er zur Enthauptung verurtheilt. Auf dem Wege zur Richtstätte geschah aber ein zweifaches Wunder, welches die Ursache seiner Freilassung wurde. Ein Henkersknecht, welcher dem Heiligen spottend die Stelle zeigte, wo sein Haupt vom Rumpfe getrennt werden sollte, erblindete, und als man die Fesseln, welche ihn so ins Fleisch eingeschnitten halten, daß er um Zurückziehung derselben bat, nicht zurückzog, fielen sie auf sein Gebet aus freien Stücken auf den Boden. Nun getraute sich der Befehlshaber nicht mehr, die Hinrichtung vollziehen zu lassen, und ordnete sofort seine Freigebung an!21 Deßhalb nennt ihn (vgl. W. W. K.-L. XI. 678) sein Freund Paulinus einen »lebenden Blutzeugen.« Was er jetzt that, und wo er sich in den nächsten Jahren aufhielt, ist unbekannt. Wahrscheinlich fällt in diese Zeit seine Missionsthätigkeit bei seinen Landsleuten, den Morinern und Nerviern. Ohne Zweifel stand er mit den damaligen Säulen der gallischen Kirche, den hhl. Martinus und Hilarius in innigster Verbindung. Daß er wenigstens dem Erstern persönlich bekannt und befreundet war, ist nachgewiesen. Sie trafen sich zu wiederholten Malen, z. B. zu Vienne, wohin damals auch der heil. Paulinus von Nola gekommen war, und Chartres. Den Briefen des hl. Paulinus (27. al 18. u. 28) an den Heiligen ist es zu danken, daß wir Näheres von ihm wissen. Ungefähr um das J. 385 wurde er Bischof von Rouen, das durch ihn vollständig bekehrt, und in eine Art »neues Jerusalem« umgestaltet wurde. Das christliche Leben erblühte daselbst zu einer bisher nie gesehenen Schönheit. Es erhoben sich allenthalben Kirchen und Klöster, der Gottesdienst wurde mit Würde und großer Theilnahme gefeiert; der Kirchengesang ertönte in voller Reinheit und Lieblichkeit; Zucht und Ehrbarkeit stand allenthalben in Ehren, und der heilige Bischof war als Rathgeber, Freund und Friedensstifter von Hoch und Nieder gesucht und geehrt. In letzter Hinsicht wurde er auch ein Wohlthäter der Kirche in Großbritannien, wohin er ging, um den Frieden unter den Bischöfen wieder herzustellen. Gleichwohl erzählen die Chronisten, daß auch er seine Feinde hatte, und daß er sich bei dem heil. Papste Innocentius10 I. wegen falscher Anklagen verantworten mußte. Bei dieser Gelegenheit kam der Kleriker Paschasius aus Rouen, ein Schüler des Heiligen, nach Nola, und erzählte dort dem heiligen Paulinus dessen frühere Geschichte. Wie er selbst nach Heiligkeit strebte, so ehrte er die Heiligen und ihre Reliquien so viel er konnte. Solche erbat und erhielt er vom heil. Ambrosius von Mailand, und übertrug dieselben in feierlichster Weise. Die Ordnung der Prozession war ungefähr dieselbe, welche jetzt noch beobachtet wird: »Da zeigt sich die Schaar der von Fasten und Bußwerken abgezehrten Mönche, die Reihen der unschuldigen Kinder erfüllen die Lüfte mit Freudengesängen, ein Chor andächtiger Jungfrauen trägt die Kreuzesfahne, dann folgt die große Menge der Enthaltsamen und Wittwen.« Von sich selbst sprach er bei dieser Gelegenheit (vgl. seine Schrift: de laude S. S.) auf der Kanzel: »Hier sehet ihr vor euren Augen einen in eurem Dienste, durch die Jahre geprüften, in den Kämpfen ergrauten, durch Mühsale und Nachtwachen abgehärteten Krieger Christi.« Sein Hinscheiden nach achtjähriger Amtsführung fällt ins J. 405 oder 407. Die Briefe des heil. Papstes Innocentius I. an den Heiligen sind Bd. III. S. 45 bereits [698] kurz erwähnt. Seine Reliquien wurden im J. 941 nach Braine bei Soissons in die dortige Remigiuskirche gebracht, wo sie bis zum J. 1793 in Verehrung standen. Sie entgingen glücklich den gottesräuberischen Händen der nachfolgenden revolutionären Regierungen, so daß im J. 1865 eine neue feierliche Erhebung stattfinden konnte. Der Heilige wird am 7. Aug. zu Rouen, am 6. Mai aber in der Diöcese Soissons verehrt. Auf Abbildungen sieht man ihn als Bischof ohne besonderes Attribut, manchmal auch als Soldat auf seinem Gange zur Richtstätte. (II. 192–197.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 697-699.
Lizenz:
Faksimiles:
697 | 698 | 699
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika