Villana, B.

[702] [702] B. Villana, Vid. (28. Febr. al. 29. Jan., 21., 26. Aug.) Diese Selige war die Tochter eines Kaufmannes, Namens Andreas de Botti (daher ihr Zuname. Bottia). Als Mädchen und Jungfrau neigte sie sich einem außerordentlichen Leben zu, indem sie durch Nachtwachen, Geißlungen und andere Bußübungen sich abtödtete, ja sogar aus dem väterlichen Hause entfloh, um sich in einem Frauenkloster zu verbergen. Der Fluchtversuch mißlang und ihr Vater gab sie bald darauf, um die Wiederkehr solcher Scenen zu verhindern, einem Florentiner-Kaufmann, Namens Pietro Popolo, zur Ehe. Als Gattin schien sie plötzlich umgeändert zu sein; sie ergab sich einem eiteln und üppigen Weltleben. Die göttliche Liebe entschwand allmählich aus ihrem Herzen, und es fehlte wenig, so hätte die Welt- und Selbstliebe sie vollständig umstrickt. Eines Tags wollte sie, in ein prachtvolles, von Perlen und Edelsteinen übersäetes Kleid gehüllt, eine unterhaltende Abendgesellschaft besuchen, und ehe sie wegging, ihre Gestalt im Spiegel betrachten. Aber wie groß war ihr Schrecken, als sie nicht ihr Bild, sondern eine häßliche Teufelsgestalt im Spiegel erblickte. Sie gebrauchte nun einen andern und dritten Spiegel, aber aus jedem blickte ihr die nämliche schauderhafte Fratze entgegen. Dieß war der Anlaß ihrer Bekehrung. Sie legte alsbald das Prunkgewand bei Seite, und begab sich in die Kirche St. Maria Novella, wo sie beichtete, und in den dritten Orden des hl. Dominicus trat. Von jetzt an blieb sie dem Herrn getreu. Sie erfüllte die Pflichten einer guten Hausfrau mit allem Eifer, widmete jede freie Zeit dem Gebete, gab von dem Ueberflusse ihres Vermögens reichliche Almosen, und empfing fleißig die hl. Sacramente. Ihre Lesung und beständige Betrachtung waren jetzt die heiligen Schriften, insbesondere die Briefe des heil. Paulus und die Lebensbeschreibungen der Heiligen. Die früheren Klostergedanken kehrten wieder zurück, und sie würde, wenn ihr Mann die Einwilligung gegeben hätte, sich ganz von der Welt zurückgezogen haben. Als sie Wittwe geworden war, erreichte das Gnaden- und Geistesleben von Tag zu Tag größere Stärke, sie gerieth oft, besonders bei geistlichen Gesprächen und Vorträgen, in Entzückung. Die Vergnügungen und Güter der Welt wurden ihr der Art zuwider, daß sie am liebsten die äußerste Armuth erwählt, und ihre spärliche Nahrung erbettelt hätte. Einmal trug sie einen armen Kranken, den sie auf dem Wege getroffen hatte, auf den eigenen Schultern ins Spital. Umsonst strengte der böse Feind alle seine Kräfte an, um sie wieder auf die früheren Wege zurückzubringen. Er erweckte Feindseligkeit und Haß gegen sie, verleumderische Zungen griffen ihre Ehre und ihre Unschuld an, unerklärliche körperliche Leiden und Krankheiten schwächten ihre Kräfte. Aber sie litt und trug Alles mit heroischer Geduld. Der Heiland tröstete sie auch vielfach mit innerlichen und äußerlichen Heimsuchungen; sie hatte Erscheinungen der heil. Jungfrau und anderer Heiligen, ihre Wohnung strahlte öfter in himmlischem Lichtglanze, sie erhielt die Gabe der Weissagung. Als ihr letztes Stündlein nahte, empfing sie voll Andacht die heil. Sacramente, ließ sich die Leidensgeschichte des Herrn vorlesen, und verschied, als man die Stelle las: »Er neigte sein Haupt und starb.« Ihr Leichnam wurde im Habite des dritten Ordens der Dominicanerinnen, wie sie gewünscht hatte, bei St. Maria Novella beigesetzt. Das Volk strömte in Schaaren herbei, und riß sich um Restchen von ihren Kleidern. Erst nach 37 Tagen, während welcher sie in der Catharinacapelle ausgesetzt blieb, konnte ihre Beerdigung stattfinden. Die Verehrung der Seligen erlitt niemals eine Unterbrechung, weßhalb Papst Leo XII. im Jahre 1824 dem Orden der Predigermönche und dem Erzbisthume Florenz die Feier ihres Andenkens mit Officium und Messe gestattete. Ihr Todestag ist der 29. Jan. Die Dominicaner verehren sie ritu dupl. am 28. (29.) Febr.; am 26. August 1569 wurde ihr Leib transferirt. Bei Artur steht sie zum 21. Aug. (V. 862.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 702-703.
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