Winthirus, B.

[816] B. Winthirus, Erem. Conf. (29. Dec.42 Dieser Selige ist Patron der Pfarrkirche in Neuhausen43 bei München. Daß er [816] in Gesellschaft englischer oder schottischer Missionäre nach Deutschland gekommen ist, und sich um das J. 700 (Frisingia S. von Cramer, S. 118) in der Gegend wo jetzt München steht44 niedergelassen hat. um die zwischen der Isar und Würm wohnende ländliche Bevölkerung, die seit kurzem einige Kenntniß des Evangeliums erhalten hatte, in den Wahrheiten des Christenthums weiter zu unterrichten und zu befestigen (Raderus Bav. S. christiana disciplina tum primum per Hoicam passim crescens per hunc virum magna praesertim inter colonos augmenta sumpsit). steht durch eine Jahrhunderte fortlaufende Ueberlieferung fest. Da er nicht Priester war, wird er als Landmann von den Erträgnissen seiner Händearbeit in evangelischer Armuth gelebt haben. Bei Raderus und Andern wird er auf Grund der Volkssage mulio, d. i. Maulthiertreiber genannt. Einige vermuthen aus dieser Ursache, er habe als »Sämer« einen kleinen Handel getrieben, und bei sich darbietenden Gelegenheiten den Landleuten heilsame Lehren gegeben. Eine zehn Fuß hohe Säule aus Sandstein auf freiem Felde s.- w. von Neuhausen in spätgothischem Stile, jetzt sehr verwittert, vom Volke Winthirssäule genannt, bezeichnet der Sage nach den Ort, wo der Selige öfter gelehrt hat. Sein Wort und Beispiel – was er immer that, begleitete er mit Gebet und Psalmengesang – mußte auf die Einwohner um so tiefern Eindruck machen, als sich der Ruf verbreitete, daß er auch in körperlichen Krankheiten rathen und helfen könne. So lange er lebte, soll nie in der Umgegend der Blitz eingeschlagen, nie ein Schauer die Felder verwüstet, und nie eine Seuche oder ansteckende Krankheit weder unter den Menschen noch unter den Thieren geherrscht haben. (Jocham, I. 322.) Sein Todesjahr ist unbekannt.45 Der Leichnam des frommen Einsiedlers wurde zu Neuhausen, nahe an der Mauer der Kirche, welche dem heil. Nicolaus geweiht war, beerdiget; im Jahre 1600 wurde dieselbe erweitert, so daß die Grabstätte jetzt in die Kirche kam. Ueber ihr wurde an der Wand der Epistelseite ein Altar errichtet, auf welchem sich ein Oelgemälde befand, das den seligen Winthir als Greis, baarfuß, in armer, bis beinahe an die Knöchel reichender gestreifter Kleidung, wie er, ein Crucifix in der Hand, die Landleute unterrichtet, darstellte. (Das Bild, ein Oelgemälde, ist dermalen im Pfarrhofe zu Neuhausen untergebracht.) Jetzt zeigt im Presbyterium der Kirche, die nach vollendetem Umbau des Schiffes46 am 15. Aug. 1872 der hl. Mutter Gottes geweiht worden ist, ein Glasgemälde die nämliche Darstellung. Vor der Restauration der Kirche waren zahlreiche Weihegeschenke, als Denkzeichen geschehener Gebetserhörungen, in derselben zu sehen. Am Sonntage nach der Octave des Frohnleichnamsfestes wurde früher, und zwar noch im vorigen Jahrhunderte, ein feierlicher Umgang von Neuhausen bis Nymphenburg angestellt, der von dem Churfürsten Maximilian III. begleitet wurde. Hiebei wurde ein mannshohes, mit Blumen und Kränzen geschmücktes Bildniß des Seligen mitgetragen. Schon von Alters her wird sein Gedächtniß alljährlich am 29. Dec. (nicht wie Cramer schreibt am 29. Sept.) durch ein feierliches Lobamt begangen, dessen Fortdauer seit einigen Jahren durch eine besondere Stiftung gesichert ist47. Auch das Wallfahrtskirchlein Maria Eich hat einen ihm geweihten Seitenaltar. Dies Alles [817] zeigt, daß die Verehrung des Seligen sich viele Jahrhunderte hindurch bis auf den heutigen Tag mit erstaunlicher Beharrlichkeit erhalten hat.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 816-818.
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