Amme [2]

[159] Amme (altrix), Großamme (abaltrix), sind von Steenstrup in die Zoologie der wirbellosen Thiere eingeführte Kunstausdrücke. Er entdeckte, daß beiden niederen Thieren, namentlich Medusen und Helminthen, die Entwicklung geschlechtlich fortpflanzungsfähiger und daher den Eltern ähnlicher neuer Individuen durch eine eigene Metamorphose (Verwandlung) vermittelt werde, die von jener der Insekten wesentlich verschieden ist. Bei den früher bekannten Metamorphosen zeigte sich die übereinstimmende Erscheinung, daß aus dem befruchteten Ei (z.B. eines Schmetterlings) durch alle Metamorphosen hindurch (Raupe, Puppe) nur ein geschlechtsreifes, den Eltern ähnliches Individuum hervorging. Bei den Metusen und Helminthen geht aber das befruchtete Ei zuerst in eine geschlechtslose oder weibliche Larvenform über, die durch Knospenbildung selbst zeugungsfähig entweder unmittelbar, oder mittelbar durch eine 2te u. 3te Larvenform erst solche Thiere u. zwar unbestimmt viele hervorbringt, die den ersten Mutterthieren ähnlich sind. Diese Larven hat Steenstrup mit A. verglichen u. die erster Ordnung abaltrices, die zweiter Ordnung abaltrices, Großammen, genannt. Diese Fortpflanzung ist derjenigen der Kryptogamen sehr ähnlich. Wie das Ei des Helminthen sich nicht unmittelbar zum Helminthen ausbildet, so auch die Spora der Kryptogamen nicht, sondern sie wird zuerst Proembryo, gleichsam A. für die künftige Brut der Kryptogamen. Durch Steenstrups Entdeckung sind manche Thierformen, die als eigene Arten galten, eingegangen u. werden noch mehr eingehen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 159.
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