Flagellanten

[716] Flagellanten, Geißler, vom latein. flagellum, auch Kreuzträger, cruciferati genannt wegen den rothen Kreuzen, welche sie auf Hüten u. Kleidern trugen, hießen die Mitglieder von Gesellschaften, [716] welche in sehr verderbten od. bedrängten Zeiten des Mittelalters auftauchten, gemeiniglich unter der Anführung eines Bettelmönchs singend und betend von Ort zu Ort zogen, in Kirchen und auf freien Plätzen öffentl. Sündenbekenntnisse ablegten und sich geißelten. Die ersten F. traten 1260 in Italien auf u. verbreiteten sich bis Polen; die Ueberschätzung des Werthes ihrer Geißelung, Betrug, z.B. die Behauptung eines vom Himmel gefallenen Briefes Christi an sie u.a., Unsittlichkeiten, u. das Aufhören des öffentl. Unglückes bewirkte ihr Verschwinden. Der schwarze Tod rief 1349 wieder große Umzüge ins Leben, namentlich am Rheine, aber sie huldigten chiliastischen Träumereien, reizten zu Judenverfolgungen auf u. wurden durch päpstl. und kaiserl. Befehle unterdrückt. Im 15. Jahrh. tauchten die F. abermals auf, der berühmte Gerson schrieb eine eigene Schrift gegen sie und von 1414 bis 54 erlitten Viele den Feuertod, z.B. in Sangerhausen und Ascherleben. Die letzten F.prozessionen zeigten sich in den Jahren 1501–5.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 716-717.
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