Legenden

[729] Legenden, lat. legenda. d.h. vorzulesende Stellen, heißen 1) alle Lesestücke, die dem Volke während des Gottesdienstes vorgelesen werden, somit der gesammte Inhalt der Lectionarien oder Epistolarien (s. Lection); weil in den ersten Jahrhunderten auch Stücke aus den Lebensbeschreibungen der Martyrer und anderer Kirchenhelden vorgelesen wurden, bekamen die L. die jetzt gewöhnliche Bedeutung; 2) Heiligengeschichten. Ueber die Sammlung von solchen s. Acta Sanctorum; unter den neuesten Sammlungen hat wissenschaftliche Tendenz das Werk des Engländers Alban Butler, in deutscher Umarbeitung von Räß und Weiß (Mainz 1823–27, 21 Bde. in 8). Erbauung des Volkes bezweckt die Legende von Alban Stolz, von der jährlich nur 1 Monatsheft erscheint und die 1855 bis zum Monat Juni vorwärts gekommen ist. Weil einerseits das Historische an vielen L. (s. z.B. Chrystophorus, St. Georg) sehr zweifelhaft oder mehr oder minder mit Sagen umwoben ist, anderseits die Protestanten fast nur den dichterischen Gehalt der L. ins Auge fassen, sind L. auch gleichbedeutend mit 3) frommen Sagen. An poetischen Bearbeitungen der L. sind die Literaturen der meisten christlichen Völker reich, Herder und Göthe weckten den Sinn dafür auch wieder bei ihren Glaubensgenossen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 729.
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