Temperamente

[431] Temperamente, die verschiedenen auf der körperlichen Organisation beruhenden Gemüthsarten der Menschen. Diese Verschiedenheiten sind zwar unendlich mannigfaltig, jedoch lassen sie sich unter 4 Hauptkategorien bringen, wie sie bereits die Alten aufgestellt: das sanguinische, cholerische, phlegmatische u. melancholische Temperament, die beiden ersten mit leichter, die beiden letzten mit schwerer Erregbarkeit. Bei dem sanguinischen T. wirken alle Eindrücke, körperliche und geistige, leicht u. lebhaft ein, aber die Wirkung geht schnell vorüber, daher leichter, heiterer Sinn, Flatterhaftigkeit, Phantasie ohne Tiefe des Gemüths. Bei dem cholerischen T. ebenfalls leichte Erregbarkeit, aber mit starker Einwirkung, heftiger Reaction, daher lebhafte Affecte, heftige Leidenschaften,[431] schnelles, kräftiges Handeln. Bei dem phlegmatischen T. schwache Erregbarkeit u. schwache, langsame Reaction, Trägheit in den geistigen und körperlichen Functionen, Liebe zur Ruhe u. Bequemlichkeit, keine heftigen Affecte, dagegen Besonnenheit und Klarheit im Auffassen und Handeln. Das melancholische Temperament zeigt ebenfalls schwere Erregbarkeit, dagegen tief eindringende und lange dauernde Reaction, daher Ernst, tiefes Nachdenken, Neigung zu Trübsinn u. Menschenhaß. Die Alten suchten die T. durch das Verhalten der von ihnen angenommenen 4 Hauptsäfte u. das Vorherrschen des einen oder andern zu erklären, nämlich des Blutes, der gelben Galle, des Schleimes und der schwarzen Galle.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 431-432.
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