Contingenz

[125] Contingenz (franz. Contingence von lat. contingere = sich ereignen) heißt Zufälligkeit, vgl. Zufall. Der kosmologische Beweis für das Dasein Gottes wird e contingentia mundi (aus der Zufälligkeit der Welt) folgendermaßen geführt: Die Welt im Einzelnen und als Ganzes ist nicht notwendig; nun aber muß man für sie als Ursache etwas Notwendiges annehmen, welches allbedingend, unbedingt und ein erstes ist; also verbürgt die zufällige Welt die Existenz eines absolut notwendigen, positiven und kausalen Wesens. Aristoteles (384-322) und im Anschluß an ihn Leibniz (1646-1716) und Wolf (1679 bis 1754) fordern in dieser Gedankenrichtung einen ersten Beweger, Cicero (43 v. Chr.), Diodor v. Tarsus (394) und Augustin (430) eine zeitlich erste allbedingende Ursache. Selbst Kant (1724-1804) hat trotz seiner kritischen Einwendungen dem kosmologischen Argument einen gewissen Wert beigelegt. Die Schulform lautet: Alles Existierende muß eine Ursache haben, die entweder ein durch sich selbst notwendiges Wesen oder wieder verursacht ist, bis zuletzt auf eine nicht zufällige, sondern notwendige Ursache zurückgegriffen wird. Dieses Wesen muß als ein allererstes und allerrealstes gedacht werden. Das Bedenkliche dieses Beweises liegt aber, wie Kant ausführt, namentlich darin, daß es die unendliche Kausalitätsreihe an einer Stelle willkürlich abbricht und daß die Identifizierung des schlechthin notwendigen Wesens mit dem allerrealsten ein unbewiesener Sprung ist. (Vgl. Kant, Kr. d. r. V., S. 603-620.)

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 125.
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