Denkart / Denkungsart

[139] Denkart und Denkungsart sind zwei Ausdrücke, die häufig miteinander vertauscht worden sind, so daß ihre Unterscheidung eine unsichere ist; sie ließen sich vielleicht so unterscheiden, daß man mit dem ersten Aasdruck die Art und Weise bezeichnete, wie jemand die Denkgesetze (s. d.) anwendet, mit dem zweiten dagegen die Auffassung, welche man von den Lebensverhältnissen hat. Die beiden Ausdrücke schlössen dann die Begriffe Form und Inhalt in sich ein. Hegel und Haeckel hätten eine verschiedene Denkart, ein Agrarier und ein Gewerbetreibender hätten eine verschiedene Denkungsart. Die Methode des Denkens bestimmte dann die Denkart, Umstände (wie Erziehung, Umgang, Beschäftigung) beeinflußten die Denkungsart. Es gäbe z.B. eine fromme und unfromme Denkungsart, aber keine fromme Denkart (doch sagt gerade Schiller: die Milch der frommen Denkart, Teil IV, 3). Die Denkart wäre rationalistisch oder empirisch, deduktiv oder induktiv, dogmatisch oder kritisch oder skeptisch. Die Denkart wäre eine Seite der Intelligenz, die Denkungsart eine Seite des Charakters des Menschen. – Im allgemeinen ist der Ausdruck Denkart jetzt wenig gebräuchlich, und geläufig nur der Ausdruck Denkungsart und zwar in der Bedeutung Lebensauffassung. Die Unterscheidung beider Ausdrücke hat also etwa Künstliches an sich.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 139.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika