Nichtzuunterscheidendes

[394] Nichtzuunterscheidendes (lat. indiscernibile) nannte Leibniz (1646-1716) das absolut Gleiche und stellte das Prinzip (principium identitatis indiscernibilium)auf, daß es in der Natur niemals zwei Dinge gebe, von denen das eine dem anderen völlig gleich und bei denen nicht ein Unterschied vorhanden sei (Leibniz Monadol. 9). Leibniz berief sich zum Beweise dafür auf die Tatsache, daß niemand zwei ganz gleiche Baumblätter finden werde. Diese Behauptung ist an sich richtig, da jedes einzelne Ding von besonderen Ursachen herrührt. Aber es wurde mit Recht von Kant (Kr. d. r. V. S. 281, Amphibolie d. Reflexionsbegriffe) gerade im Anschluß an diese Behauptung nicht nur mit Leibniz der Satz des Nichtzuunterscheidenden, sondern gegen Leibniz das Intellektualsystem bekämpft, indem er nachwies, es gründe sich der Satz des Nichtzuunterscheidenden auf die Voraussetzung, daß, wenn in dem Begriffe von einem Dinge[394] überhaupt eine gewisse Unterscheidung nicht angetroffen werde, sie auch nicht in den Dingen selbst anzutreffen sei, daß folglich begriffliche Einheit (der Qualität und Quantität nach) auch Einerleiheit der Dinge (numero eadem) zur Folge habe. Bei dieser metaphysischen Behauptung habe Leibniz Noumena und Phaenomena miteinander verwechselt und was von bloßen Begriffen gelte, bei denen von manchen notwendigen Bedingungen einer Anschauung abstrahiert werde, auf die Gegenstände der Anschauung fälschlich übertragen. Vgl. Individuum.

Quelle:
Kirchner, Friedrich / Michaëlis, Carl: Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe. Leipzig 51907, S. 394-395.
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