Schwören.

[116] Wer da schwöret, der bekennet, daß er Gott um Gunst und Gnade anrufe, daß er ihm schützen und ihm helfen wolle, und daß er ihm selber göttliche Rache und Strafe fluche, wo[116] er mit dem Eide jemand betrüge. Als wollten wir sagen: als mir Gott helfe oder nicht: so ich den Eid halte, wolle er mir gnädig sein, wo ich aber jemand damit betrüge und die Sache ist nicht wahr, so strafe er mich. Ist nun hier die Frage: ob man auch dürfe schwören bei dem Namen Gottes? Im alten Testamente war geboten, wer da schwören wollte, der sollte allein bei dem Namen Gottes schwören. Christus aber gebeut Matth. 5, 34. Ihr sollt ganz und gar nicht schwören weder bei dem Himmel u.s.w. sondern unsere Rede soll sein Ja, wenn es Ja ist, und Nein, wenn es Nein ist. Es gehet mit dem Schwören zu, wie mit dem Todtschlagen. Todtschlagen ist harte verboten, wie wir wissen; wenn es aber geschiehet von der Obrigkeit aus Befehl Gottes, so ist es recht und gut. Als wenn ein Richter einem Bösewicht lässet den Kopf abschlagen, so thut er recht und wohl daran, denn Gott hat es also verordnet. Wenn ich aber tödte aus Zorn oder Bosheit, ich sei Richter oder nicht, so thue ich wider Gottes Gebot. Wie nun der Todtschlag nicht aus eigenen Muthwillen, Lust und Wahl[117] geschehen sollen, also gehet es auch zu mit dem Eide. Kurz: der Eid und das Schwörren ist verboten, wenn aber die Obrigkeit einen Eid von mir erfordert, soll ich schwören. Merke dir es also: wenn es die Obrigkeit heißet, und dein Nächster begehret es und nützet ihm, so schwöre immerhin, es ist recht, denn du setzest Gott zum Pfande, und giebest ihm die Ehre, daß er treu sei und werde solch Zeugnis sehen. Wie es auch Hebr. 6, 16. heißt: Der Eid ist das Ende alles Haders zur Befestigung unter ihnen. Wenn man aber schwöret ohne Gebot der Obrigkeit, und ohne die Pflicht brüderlicher Liebe, sondern aus Leichtfertigkeit und eigenen Muthwillen, so ist es verboten und unrecht, und wider das andere Gebot, das da gebeut, den Namen Gottes nicht unnützlich zu führen. Nun siehe, wie feine Christen sind wir! Wir besudeln nicht gern feine Kleider, und verunreinigen nicht gern etwas köstliches, aber den heiligen Namen Gottes ziehen wir zu allen unwürdigen Dingen ohne alle Scham, da wir dabei schwören. Es ist keiner so albern, der seinen Namen gern lässet übel handeln. Wie, meinest[118] du, würde das einem Fürsten gefallen, wenn er sähe, daß einer seinen fürstlichen Titel, Wappen und Namen in den Koth würfe, seinem Gebote zuwider, daß man seinen Titel und Namen ehrlich halten solle. Aber du scheuest dich nicht, den göttlichen Namen also zu misbrauchen? Als wenn du sagest: bei Gott, wahrlich, so wahr Gott lebt, Gott helfe mir, auf meine Seele, der Teufel hole mich u.s.w. Diese und dergleichen Schwüre sind leider so vielen gemein im Munde, daß, wenn sie ihn nur aufthun, schier das andere Wort ein Schwur ist. Hier sollten Hausväter und Hausmütter Acht haben auf ihre Kinder und Gesinde. Denn es ist eine schändliche Gewohnheit und wider das andere Gebot.

Quelle:
[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 116-119.
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