Meineid.

[220] Die schändlich Lügen ist ein falscher Schwur. Denn hier lasse ich es nicht genug sein, daß ich lüge, und begehe schon dadurch eine große Sünde, sondern ich rufe auch Gott noch zur Bestätigung meiner Lügen an, und will, daß er mich dafür strafen soll. Solche Leute müssen die unverschämtesten Leute sein, die gar nicht ein bisgen Furcht und Scheu vor Gottes Gerichte haben, und wären werth, daß sich die Erde unter ihnen aufthäte und sie verschlänge. Wer das wagen kann, dem muß nichts mehr heilig im Himmel und auf Erden sein, und ist ihm in keinem Stücke mehr zu trauen. Und Meineid kann geschehen auf zweierlei Weise. Erstlich wenn man falsch schwöret, daß etwas geschehen sei oder nicht, es mag nun sein vor Gerichte oder im gemeinen Leben. Sodann das Eidbrechen, so einer zwar ohne[220] Betrug etwas zu thun oder nicht zu thun geschworen hat, darnach aber anderes Sinnes wird, und das nicht hält, was er geschworen hat zu thun. Ja, sprechen wohl einige, ich denke mir bei den Worten etwas anders, wenn ich schwöre, und habe etwas anders im Sinne, als ich rede. Das ist eine Entschuldigung, die des Teufels würdig wäre. Du schlechter Mensch, meinest du, daß sich Gott so spotten lasse. So wird ja Gott und die ganze Welt betrogen, und und alle Gewißheit und Sicherheit, die Wahrheit heraus zu kriegen, ist dahin. Daher versündiget sich ein Meineidiger nicht nur an Gott auf die schrecklichste Art, sondern auch an der ganzen Welt.

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[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 220-221.
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