Freudigkeit im Tode.

[331] Der Tod ist wohl manchem etwas saures und bitteres, und wollten wohl manche lieber zehn Jahre unter der Erde leben, als sterben, und sich von allem, was sie hier lieb hatten, trennen. Denn wenn man auch zu sehr Gott trauet, als da man an irrdische Güter sein Herz gehangen hätte, so kommen doch Weib, Kind, Vater, Mutter, Schwester, Bruder und weinen und heulen, daß es ein Jammer ist, anzuhören, wodurch denn der Tod bitter wird. Manchen kömmt auch das äußerliche des Todes so schrecklich vor, daß sie erzittern. Eine finstere Grube, darin allerhand Gewürme sind, öde Stille und Schweigen u.s.w. macht die Leute zu fürchten. Aber nicht also, mein[331] Lieber. Denn so du nur recht bedenkest, was in dem Tode wird und vorgehet, so kannst du nicht nur getrosten Muth, sondern auch Freude haben. Denn Paulus sagt ja 1 Cor. 15, 43. Es wird gesäet in Unehre u.s.w. Dieser dein Leib, der von Würmern gefressen und in Staub und Asche verwandelt wird, soll weit schöner werden, so wie aus dem todten Korne, wo es in die Erde geworfen wird, eine schöne lebendige Pflanze hervorgehet. Ich will dir ein Gleichnis vorhalten. So du einen schlechten schmutzigen Rock auf deinem Leibe hättest und jemand käme und sagte zu dir: ziehe aus den alten Kittel, ich will dir ein schönes schmuckes Kleid geben, was dünket dir, würdest du heulen oder dich freuen? Du wärest doch ein rechter Narr, wo du heulen wolltest, und ich glaube wohl, du würdest es mit Dank erkennen und dich erfreuen. Nun ist denn de Tod etwas anders? Eben das sagt er zu dir: ziehe aus deinen alten Rock, den Leib, ich will dir einen neuen und verklärten geben. Oder so du recht müde und matt bist, und es bietet dir jemand ein sanftes Ruhebette an, darauf du[332] dich legen sollst. Ich frage dich, ob du das ausschlagen wirst, und nicht bis zum Morgen schlafen und ruhen. Aber das Ruhebette, dahin wir uns schlafen legen, ist das Grab, darin wir schlummern bis zur Auferstehung, wo wir wieder erweckt und weit froher und lustiger sein werden, als wenn wir eine Nacht sanft geruhet haben. Denn die heil. Schrift stellet ja den Tod nur als einen Schlaf vor, wie denn Christus spricht: Das Mägdlein ist nicht todt, sondern schläfet. Wie ich mich denn nun freue, in ein sanftes Bette zu kommen, so kann ich mich ja auch freuen, wenn mir meine Lagerstätte in der Gruft bereitet wird. Thue ich jenes gern, so kann ich auch dieses gern thun. – Christus ist auch selbst hingegangen in den Tod und siehe deinen herrlichen Trost, er ist wieder auferstanden, gleich wie du wider leben wirst. Denn er sagt ja: ich bin die Auferstehung und das Leben, womit er sagen will, daß es uns allen so gehen soll, wie ihm. Sage mir, wo du einen großen Fürst etwas wagen und thun siehest, ob du dich scheuest, es ihm nachzuthun. Nun hat dein Herr und Heiland den Tod gelitten,[333] kann dir also noch der Tod bitter schmecken? Ich spreche vielmehr: »gern will ich sterben, mein Gott, denn du hast mehr Wohnung für mich, als diese Erde. Dein Sohn ist hingegangen, mir sie zu bereiten. Darauf ich mich verlasse und den Tod muthig frage: wo ist dein Stachel? Ich fürchte mich nicht denn du geleitest mich, es gehe durchs finstere oder helle, durchs bekannte oder unbekannte, durchs kurze oder lange«. Die Freunde, die du hier läßt, dürfen dich ja auch nicht kümmern, denn, so sie nur in Gottes Wegen wandeln, kommen sie dir nach. Und wo du einen Freund lange nicht gesehen, dünket dir die Freude desto grösser zu sein. Desgleichen auch dort, wenn sie dich einholen werden. Diese kurze Zeit aber, als sie leben, wird sie dein Gott auch nicht verlassen, der dich nicht verlassen hat. Du müßtest nicht viel Proben von Gottes Gnade haben, wo du daran zweifeln wolltest? Was macht dir nun den Tod bitter? Nichts auf der Welt, sondern du freuest dich zu warten eines neuen Himmels, wo unvergängliche Wesen ist.

Quelle:
[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 331-334.
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