Vorbereitung auf den Tod.

[327] Wie schicket man sich aber auf seine Heimfarth? Antwort: daß man von Jugend an die Sünde meide, und seine Hofnung stärke. Ab siehe, da liegst du in Unzucht, schwelgest und säufest, geizest und wucherst, und steckst in öffentlichem Haß und Feindschaft gegen deinen Nächsten. Da thust du ihm Schaden, und bittest es ihm weder ab, noch ersetzest es ihm. Heißt das sich auf den Tod anschicken? – Nun aber sage mir, ob du dich nicht auf ein irrdisches Geschäft vorbereitest? So du willst reisen, so machst du alle Anstalten dazu, schickest und fertigest dich dazu, und solltest du dich denn nicht auf jene große Reise in den Himmel bereiten? Siehe so saget Christus: seid nun wacker allezeit und betet, daß ihr würdig werden[327] möget zu entfliehen diesem allen und zu stehen vor des Menschen Sohn. Darum mußt du täglich dich ansehen und betrachten, ob du zum Himmel geschickt bist, daß du so lebest und handelst, daß du es bei Gott verantworten könnest. Mit jedem Abend mußt du einschlafen, als wenn du nimmermehr aufstehen wolltest, und dich schon in Gedanken vor dem Richterstuhle Jesu Christi stellen, und, so du diesen Tag mit Schanden bestehen müßtest, den kommenden Morgen dich vor Sünden hüten. Das ist die rechte Bereitung auf den Tod, die täglich geschiehet, und nie aufhört, sondern immer fortfähret. Nun komm her, du Geizhals bereitest du dich an den Tod? Ei schön! So würdest du nicht so sehr irrdische Güter lieben, denn du müßtest ja gedenken, daß alles, was du hier sammlest, hinter dir bleibt, und nicht ein Heller von deinen Schätzen ins Grab gegeben wird. Auch würde dir es beifallen, daß dein Betrug, Ungerechtigkeit und Fühllosigkeit vor Gottes Gericht kommen wird. Nein, sage nicht, daß du geschickt zum Himmel bist. Denn sage mir nur, was willst du da? da wird kein[328] Geld gesammlet, auch nicht gewuchert und gezinnset, sondern das höchste Gut ist die Liebe Gottes. Da würdest du zu gar nichts nütze sein, auch nicht den niedrigsten Platz einnehmen können, sintemal du weiter nichts zu thun weißt, als Geld zu zählen und zu häufen. Und du Schwelger, Prasser, Wollüstiger, Müßiggänger, was wollt ihr unter den Seligen im Himmel? Eure Güter findet ihr dort nicht, würdet auch dort nicht viel Vergnügen haben, so euch auch Gott dahin ziehen wollte. Da müßtet ihr anders leben, und euren Sinn und Gedanken auf etwas anders richten, so ihr euch dazu fertig machen wollt. Ich wüßte nicht, womit ihr euch die Zeit vertreiben wolltet. Denn das habt ihr ja nicht gelernt, Gott und den nächsten lieben, dem Herrn vertrauen, in ihm sich freuen, welches allein der Seligen Geschäfte ist. Gearbeitet habt ihr auch nicht, und es euch nicht in der Welt durch gute Werke sauer werden lassen, daß ihr dort ausruhen könntet. Kurz, ihr habt euch nicht bereit gemacht, werdet auch wohl dahin nicht kommen. Denn es stehet geschrieben: was der Mensch[329] säet, das wird er erndten. Säet also hier, so werdet ihr auch wohl erndten. Wäre wohl der beklagenswerth, der seinen Acker nicht besäete und dann über Hunger schrie? Siehe so bist du es auch nicht, wo du nicht hier Gottseligkeit säest, und dann verloren gehest. Säe hübsch hier, und thue das täglich, und ich gebe dir das Wort, die Erndte wird dort nicht ausbleiben. – Kömmt aber nun die Sterbenszeit, so ist es noth, weil der Tod ein Abschied ist von dieser Welt und allen ihren Händeln, der Mensch sein zeitlich Gut ordne, wie es soll, damit nicht nach seinem Tode Ursache des Zankes und Haders oder sonst eines Irrthums unter seinen nachgelassenen Freunden sei. Und welche dies versehen, da sie es doch könnten, und zum Streite und Zanke Ursache geben, die sündigen noch nach dem Tode. Weiter muß man auch von allen den seinigen Abschied nehmen, und allen Menschen freundlich vergeben, die uns beleidiget haben. Wiederum begehre man auch Vergebung von allen, deren wir viel ohne Zweifel beleidigt haben, zum wenigsten mit bösen Exempeln oder zu wenig Wohlthaten,[330] wie wir schuldig gewesen sind nach dem Gebote christlicher Liebe. Und wenn man nun so Abschied von allen genommen hat, soll man sich allein zu Gott richten, da denn auch der Weg des Sterbens uns hinführet, und fröhlich erwarten, bis der letzte Odenzug gethan ist.

Quelle:
[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 327-331.
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