Beichte.

[358] Es war sonst öffentliche Beichte, da ein jeder vor Gott und Menschen, ehe er zum Abendmal gieng, sich zu Jesum bekannte. Darnach hat es ein jeglicher einem sonderlich gesagt. Endlich hat man es dahin gebracht, daß man dem Pfarrer beichtete. Von dieser Beichte sage ich nun, daß man sie nicht schuldig ist, zu thun. Gott weiß doch deine Sünden wohl, wenn du sie nur vor ihm bekennest. Aber doch ist sie mit nichten zu verwerfen, um derer willen, die ihr gern brauchen wollen. Ursach ist, denen in der heimlichen Beichte ist viel Nutzen und köstliches Ding. Denn weil der gemeine Pöbel ein unfleißig Ding ist, höret immerdar Predigt, und lernet nichts. Darum wenn sie auch zu nichts gut wäre, so ist sie dazu gut, daß man die Leute unterweiset und höret, wie sie glauben und beten. Sonst gehet es dahin, wie das Vieh. Darum habe ich gesagt, man soll[358] das Sakrament niemanden geben, er wisse denn Bescheid zu geben, was er hole, und warum er hingehe. Solches kann nun am füglichsten in der Beichte geschehen. Es ist auch ein Trost darin, wer ein böses Gewissen oder sonst ein Anliegen hat, wollte gerne Rath holen, daß er da um Rath bitte. Darum können wir die Beichte nicht verachten, denn Gottes Wort soll uns da noch trösten und stärken. Darum wäre das die beste Weise, daß man kurz sage: Lieber Bruder, ich komme und will meine Sünden sagen, sonderlich liegt mir das und das am Herzen. Es steht nun jedem frei zu sagen, was er will, und worin er Rath und Trost haben will. Darnach beschlossen: darum bitte ich, gebt mir guten Trost und stärket meine Seele. So würde es keine Mühe und Arbeit haben, ohne daß es ein köstlich Werk ist, welches niemand thut, denn ein frommer Christ. Hast du aber nicht Lust dazu, so laß die Beichte stehen. Denn man darf niemand dazu zwingen. Denn alle, die ungern beichten und zum Abendmal gehen, denen wäre besser, dieweil eine große Sünde zu tuhn. Sie unehren Gottes[359] Gnade und machen einen Spott daraus. Dergestalt hat weder Christus noch die Apostel die Beichte geboten. – Auch muß man mit ernstlichem Vorsatz zur Beichte gehen, daß man das Böse meiden will, soll Gott vergeben. Denn sonst ist es unnütz. Denn der Pfarrer vergiebt die Sünde nicht, er bestätiget nur, was Gott zugesagt hat. Wie denn viele hingehen und sagen: ich bekenne, mein lieber Gott, daß ich gesündiget habe, und kommen von dannen und sündigen desto ärger. Solch Thun ist eitel, und Gespött mit dem Namen des Allerhöchsten. Und wer solches thut, der thut es sich zum Gericht und Strafe. Denn ich frage dich, würdest du nicht noch böser auf einen sein, der dich beleidigt hätte, und nun käme und verspräche dir, es nicht wieder zu thun, aber doch dir wieder Böses thäte. Ei, wirst du sagen, er versprach mir es doch. Siehe, so muß es der liebe Gott auch gar sehr übel nehmen, wenn du ihn so mit falschen Versprechen hintergehen willst.

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[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 358-360.
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