Menschen-Mast.[209] 1

Bei den Mauren wird das Maaß weiblicher Schönheit bloß nach dem Gewichte bestimmt. [209] Eine Frau, die dort für schön passiren soll, muß wenigstens so stark beleibt seyn, daß sie nicht, ohne von ein paar Sclaven unter den Armen gestützt zu seyn, gehen kann. Eine vollkommene Schönheit aber muß eine volle Cameelsladung ausmachen. Zu diesem Behufe werden die Mädchen von Kindheit an förmlich gemästet; indem man ihnen alle Morgen eine übermäßige Portion von einer Art Pudding und Cameelsmilch einfüttert; wollen sie nicht im Guten, so setzt es Schläge dazu. Und diese Procedur, die bei andern Menschen der Verdauung und überhaupt der Gesundheit sehr nachtheilig seyn müßte, hat bei ihnen keine andre als die erwünschte Folge, daß sie fein plump und dick werden.

Beiläufig dient diese Bemerkung zur bündigsten Widerlegung der seltsamen Behauptung eines sonst einsichtsvollen Arztes, des verstorbenen Larry, der es dem Menschen zur auszeichnenden Eigenheit anrechnete, daß man ihn nicht so wie andre Thiere mästen könne.

Fußnoten

1 Aus Mungo Park's Reise in Afrika.


Quelle:
[Anonym]: Sitten, Gebräuche und Narrheiten alter und neuer Zeit. Berlin 1806.
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