Die kleinen Schicklichkeiten im Haushalt.

[10] Nett und schicklich ist es für ein Mädchen, wenn es in den Stuben zu tun hat, leicht beschuht und mit leisen Schritten zu gehen. Sonst spottet man bald im Hause: jetzt kommt ein Elefant.

Was sie beim Tischdecken und der Herrichtung von Speisen zu tun hat, geschehe stets mit sauberer Hand. Das ist nicht immer leicht für ein Mädchen, das allein für Küchen- und Zimmerarbeit gemietet wurde oder nach gar etwas Draußenarbeit im Garten und beim Viehstande zu leisten hat. Um so öfter muß sie ihre Hände säubern. Warmes Wasser sollte stets am Herde vorrätig sein. Ein Stück Bimstein, eine derbe kleine Handbürste und nicht zu scharfe Seifen reinigen auch sehr unsaubere Hände in kurzer Zeit.

Alle Geräte, die man aus der Küche auf den Eßtisch zu bringen hat, stellt man zusammen auf ein dazu bestimmtes Handbrett oder Tablett. Es schickt sich nicht und ist auch zeitraubend, mit den einzelnen Gegenständen wie Teller, Gläser, Löffel usw. hereinzukommen. Besonders aber darf man einem andernein solches Eßgerät nicht einfach in die Hand geben, sondern muß es stets auf einem Brett oder Teller darreichen.

Jede Hausfrau unterzieht sich der Mühe, in den er sten Tagen, da ein Mädchen neu jn ihrem Hause antritt, ihm zu zeigen, wie sie das Säubern der Zimmer, das Aufmachen der Betten, das Decken und Bedienen des Tisches in ihrer Häuslichkeit haben will. Gibt ein Mädchen genau acht, so wird es nicht lange dauern, bis es das alles begriffen hat. Es schickt sich wohl, wenn ein Mädchen das eine oder andere vergessen hat, eine bescheidene Frage zu tun. Es schickt sich aber nicht, wenn ein Mädchen vielleicht schon in andern Häusern war oder im eigenen Elternhause eine andere Einteilung kennen lernte, zu sagen: dort haben wir das so und so gemacht, in der Meinung, der Hausfrau zu zeigen, daß es die betreffende Arbeit schon verstehe. Jede Hausfrau hat das Recht, ihren Haushalt nach ihrem Sinne und ihren Wünschen einzurichten. Es ist ein Zeichen von Bescheidenheit, wenn ein Mädchen sich stillschweigend in diese neue Ordnung fügt. Eine treue Gehülfin muß immer daran denken, wie sie handeln würde, wenn sie selbst einen Haushalt hätte. Dann wünschte sie auch alles nach ihrer Erfahrung einzurichtenund erwartet, daß andere sich dieser Hausordnung fügen.

Weiß man die Einteilung der Arbeit, so gehört rechte Treue und Geschicklichkeit dazu, alles zur rechten Zeit und am rechten Ort zu tun. Es hat sich überall gut bewährt, möglichst nach der Uhr zu arbeiten und sich selbst das Ziel zu setzen, mit der und jener häuslichen Arbeit bis zu einem bestimmten Zeitpunkte fertig zu sein. Bei solcher Tageseinteilung läßt sich viele Arbeit bewältigen. Dann findet sich in ruhigen Zeiten am Nachmittag und Abend auch Gelegenheit, daß das Mädchen für sich selbst etwas arbeiten kann. Auf dem Lande tut jedes fleißige Mädchen gut, in den stillen Zeiten des Winters und Frühjahrs ihre Kleider, Wäsche und Strümpfe in gute Ordnung zu bringen. Sie weiß aus Erfahrung, daß bei der eiligen Erntearbeit im Sommer und Herbst dazu selten Zeit bleibt, weil unbeständige Witterung oft ein überstürztes Arbeiten nötig macht, um die Ernte zu bergen.

Quelle:
Bartz (Friedenau), Marie Luise: Willst genau du wissen, was sich schickt? Potsdam 1912, S. 10.
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