B. Die militärische Laufbahn.

[849] 850. Offizier des Landheeres. Fast der vierte Teil sämtlicher Offiziere geht aus dem Kadettencorps hervor. Die Aufnahmebedingungen bestehen hauptsächlich in folgendem:

Von Bewerbern, welche ihre Schulbildung auf Gymnasien oder Realgymnasien erwerben, wird entweder das Abiturientenzeugnis oder die Reife für Prima einer neunklassigen höheren und staatlich anerkannten Lehranstalt nebst der Ablegung der Fähnrichsprüfung gefordert. Schüler einer Oberrealschule haben sich außerdem noch einer Ergänzungsprüfung im Latein zu unterwerfen. Wer es auf der Schule nicht bis zur Prima brachte, aber trotzdem Offizier werden will, muß anderweitig die fehlenden Kenntnisse sich erwerben und wird dies am besten auf einer der »Pressen« thun, wo er mit einigem Fleiß in kurzer Zeit das Nötige lernen kann. Bevor er zur Fähnrichsprüfung zugelassen wird, muß er das Examen für die Prima bestehen. Außerdem wird jeder zu dem Fähnrichexamen erst dann zugelassen, wenn er vorher schon von einem Regiment als Avantageur angenommen worden ist. Viele wissen dies gar nicht und die meisten denken: »Ach was, ein Regiment werde ich schon finden.« Aber das ist sehr häufig mit großen Schwierigkeiten verbunden und doch ist es unerläßlich, sich rechtzeitig umzusehen, da die Anmeldung des Fähnrichs zum Examen von dem Regiment auszugehen hat. Heutzutage bei der Artillerie anzukommen, ist so gut wie völlig aussichtslos. Die Truppenteile haben alle Stellen besetzt und sind meist auf Jahre hinaus mit jungem Nachwuchs versehen. Zur Kavallerie soll nur derjenige gehen, der über einen genügend großen Geldbeutel verfügt, denn, wenn die Kavalleristen auch häufig im Kasino sehr einfach und solide leben, so kosten die Pferde und die bei einigen Regimentern geradezu wahnsinnig teuren Uniformen ein ganz gewaltiges Stück Geld. Dazu kommt, daß bei der Kavallerie häufig ebenso wie bei den anderen Truppenteilen die Versetzung von einem Truppenteile zum anderen erfolgt. Ein junger Mensch, der bei den Husaren eintritt, wird vielleicht bei den Dragonern Rittmeister, bei den Ulanen Major und später wieder bei irgend einem Husarenregiment Regimentskommandeur (für junge Heißsporne sei aber hier schon bemerkt, daß nicht jeder Leutnant es bis zum Stabsoffizier bringt). Jede derartige Versetzung erfordert eine völlige Neuequipierung, von den Stiefeln angefangen bis zu der Kopfbedeckung, denn ein Dragonerstiefel hat einen ganz anderen Schnitt als der Husarenstiefel und die Pelzmütze eines Husaren hat nicht die leiseste Aehnlichkeit mit dem Tschapka eines Ulanen. Für diese Neuanschaffung sämtlicher Uniformen wird seitens des Staates auch nicht der geringste Zuschuß bewilligt, man muß vielmehr alles aus eigener Tasche bestreiten. Und um dieses zu können, muß man erst die genügend große Tasche besitzen. Zu den Pionieren soll derjenige wandern der ein guter Zeichner und Rechner, in gewissem Grade mehr Ingenieur als Offizier sein will und seinen Beruf wirklich nur ergreift um Dienst zu thun. Von der anstrengenden Thätigkeit eines Pionieroffiziers kann sich nur derjenige eine Vorstellung machen, der einmal bei diesem Truppenteil kommandiert gewesen ist. Die Leute und die Offiziere an der Spitze sind vom frühen Morgen bis zum späten Abend auf den Beinen, und wenn sie ausnahmsweise einmal sitzen, so sind sie mit der Ausarbeitung einer schriftlichen Arbeit beschäftigt. Aber das sonderbarste ist, daß trotz alledem nie ein Pionieroffizier jemals über seinen Dienst schimpft. Ich habe in meinem Leben viele, viele Leutnants kennen gelernt, und fast alle erleichterten ihr schweres Herz durch einen Seufzer. Aber der Pionier stöhnt und klagt nicht mit, die Leute sind von einem Diensteifer und von einer Dienstfreudigkeit, vor der man den denkbar größten Respekt haben muß. Um Luftschiffer oder Eisenbahner, wie die Leute ihre Waffe nennen, zu werden, muß man hierfür besonders veranlagt sein und zu diesem Metier besondere Neigung besitzen. Gegen den Train herrscht, so wichtig diese Waffe auch ist und so große und unentbehrliche Dienste sie im Kriege auch leistet, im Frieden leider ein gewisses Vorurteil. Es liegt dies wohl einzig und allein daran, daß der Train im Felde mit dem Feind nicht in Berührung kommt oder sich doch bei einem Angriff seitens des Gegners lediglich darauf zu beschränken hat, sich selbst und die Wagenkolonne vor der Gefangennahme und Fortnahme zu schützen. Die Infanterieregimenter nehmen ihrer Zahl nach den größten Teil unserer Armee ein und deshalb erhält diese Waffe auch die meisten Avantageure.

[850] 851. Kadett oder Abiturient? Diese unendlich wichtige Frage wird sehr häufig einfach dadurch beantwortet, daß der Vater sagt: »Ich war Kadett, folglich wird mein Junge es auch.« Sehr oft bleibt den Eltern, die über viele Kinder, aber über wenig Barmittel verfügen, auch nichts anderes übrig, als den Jungen ins Corps zu schicken. Vielleicht bekommt er eine Freistelle oder eine Ermäßigung, so daß man für das ganze Jahr für die Ernährung, Kleidung und Ausbildung seines Buben nicht mehr als im ganzen achtzig Reichsmark zu bezahlen braucht, und diese Aussicht ist so verlockend, daß viele ihr folgen. Gewöhnlich sind die Eltern dann später nicht in der Lage, ihren Söhnen eine gute Zulage geben zu können, aber sie trösten sich damit, daß es bis zu dem Tage, an dem er in die Armee eintritt, ja noch so und so viele Jahre hin sind, und daß bis dahin vielleicht noch auf irgend eine Art und Weise ein Umschwung in den finanziellen Verhältnissen eintreten kann. Und wenn es nicht geschieht: der Vater hat sich mit einer ganz minimalen Zulage durchgeschlagen, warum soll der Sohn das nicht auch thun?

[851] 852. Rücksicht auf die Zukunft. Viele glauben, je eher der Sohn in die Armee einträte, desto besser wäre es für sein späteres Auskommen, was er als Abiturient lerne, brauche er später doch nicht, und darum sei es das einzig richtige, ihn so früh wie nur irgend möglich eintreten zu lassen. Gegen diese Auffassung kann nicht genug angekämpft werden. Die Hauptsache ist nicht, daß der Junge so früh wie möglich den bunten Rock anzieht, sondern daß er so viel wie irgend möglich lernt, um sich, wenn er einst nicht mehr Offizier ist, beschäftigen und ernähren zu können. »Wer wird denn aber gleich beim Eintritt in die Armee schon wieder an den Abschied denken?« höre ich manche fragen. Das Leben des Offiziers ist reich an zahllosen Klippen, an denen er zu Grunde gehen kann. Ein altes Wort sagt: »Soldat sein wäre der schönste Beruf auf Erden, wenn es keinen Dienst, keine Geldsorgen und keine Vorgesetzten gäbe.« Aber leider sind diese drei Dinge in genügender Anzahl vorhanden. In meinem Roman »Leutnantsleben« habe ich den Versuch gemacht, die Naturgeschichte des preußischen Offiziers zu schreiben und sein Leben so zu schildern, wie es sich nicht in der Phantasie junger Mädchen, sondern in der Wirklichkeit abspielt. »Jeder Offizier,« hat einmal ein General gesagt, »steht beständig mit einem Fuß im Helm, mit dem anderen im Cylinder.« Die Gefahr der Verabschiedung aus diesem oder jenem Grunde schwebt über jedem wie das berühmte Schwert des Damokles, die Vorgesetzten sind nicht immer gerecht und unparteiisch, in Bezug auf seinen Lebenswandel kommt man vielleicht mit dem Ehrengericht in Konflikt und selbst ein unliebsamer Vorfall in der Oeffentlichkeit, an dem man ganz wider seinen Willen mit hineinverwickelt wird, kann der Carriere auf einmal ein Ende bereiten. Aber davon ganz abgesehen, auch die Gesundheit kann zuweilen streiken. Die Anforderungen, die heutzutage an den Körper gestellt werden, nehmen von Tag zu Tag zu. Es herrscht ein Dienstbetrieb, wie er noch vor zehn Jahren undenkbar war, und es ist gewiß kein Zufall, daß ein nicht unbedeutender Prozentsatz der Offiziere ins Irrenhaus wandert. Der Dienst macht nervös, die Anforderungen wachsen, die Vorgesetzten drücken auf die Untergebenen, weil auch sie von den noch Höheren gedrückt werden, Rücksicht giebt es nicht, was verlangt wird, muß gemacht werden, und wer nicht mehr kann, nun, der mag eben gehen, dann wird ein anderer seine Stelle einnehmen. Die Armee muß jung erhalten werden, das Alter weicht der Jugend, aber so mancher muß im Vollbesitz seiner Kräfte und im besten Mannesalter von dannen ziehen. Hier ist nicht der Ort und nicht die Gelegenheit, darüber zu sprechen, welche Gründe manchmal die Verabschiedung eines Offiziers herbeiführen, aber manchmal sind sie recht geringfügiger Art. Wer mit offenen Augen beim Militär sich umsieht, wird gar vieles sehen und gar manches erleben. Viel Ungerechtigkeit und viel, viel Elend. Habe ich es doch selbst einmal erlebt, daß auf einem Marsche mein Oberleutnant zusammenbrach, und daß die Aerzte als Ursache Hunger und eine seit Monaten ungenügende Ernährung feststellten.

Die Ueberanstrengung bei einem einzigen Manöver, ein Unglücksfall, kann einen jungen Offizier in den ersten Jahren seiner militärischen Laufbahn zum Invaliden machen, und was dann? Die Pension ist so gering, daß sie für den Lebensunterhalt kaum in Betracht kommt, denn trotz der Gehaltsaufbesserung, von der die Sekondeleutnants ja auch noch unberührt blieben, beträgt sie ungefähr ganze fünfhundert Mark pro Jahr. Der Verabschiedete ist also darauf angewiesen, wenn er nicht von Haus aus über das nötige Kleingeld verfügt, sich nach einer anderen lohnenden Stellung umzusehen, und da heißt es dann immer: »Was waren sie früher und was haben sie gelernt?« Schlimmer als die geringen Kenntnisse, die im Corps erworben werden, ist die einseitige Standeserziehung, die den jungen Leuten dort zu teil wird. Sie werden groß gezogen in vollständig falschen Anschauungen, ihnen wird zwar Duldung und anständiges Betragen gegen die Civilisten gelehrt, aber zugleich wird ihnen, wenn auch nur indirekt gesagt: »Die einzig anständige Beschäftigung, die es heutzutage auf der Welt giebt, ist Offizier zu sein.« Ich habe Leutnants kennen gelernt, die es fertig brachten, ihren eigenen Vater zu verleugnen, weil dieser nicht, wie sie selbst, den bunten Rock trug, sondern nur ein Civilist war, und wenn ein solcher Jüngling sich später gezwungen sieht, etwas anderes zu ergreifen, so kann er jede dritte Stellung nicht annehmen, weil sich das für einen früheren Offizier nicht schickt. Die Kadetten werden nicht für das Leben, sondern lediglich für ihren Stand erzogen, und wenn sie diesem nicht mehr angehören, dann sind sie mit ihrer Wissenschaft zu Ende, dann wissen sie nicht, was aus ihnen werden soll. Und deshalb kann man nicht eindringlich genug warnen: »Laßt die Söhne, bevor sie in die Armee eintreten, das Abiturium machen. Gehen sie dann später freiwillig oder gezwungen ab, so steht ihnen die ganze Welt offen, sie können studieren, sie können jeden beliebigen Beruf ergreifen. Der geringe Jahresunterschied kommt bei dem Avancement gar nicht in Betracht und außerdem ist vor einiger Zeit von unserem Kaiser ausdrücklich befohlen worden, daß diejenigen Offiziere, die das Abiturium haben und sich in der Front gut führen, bei der Beförderung berücksichtigt und vorpatentiert werden sollen. Unter Umständen werden sogar die Studienjahre, wenn einer vor seinem Eintritt eine Zeitlang auf der Universität war, in Anrechnung gebracht und dies alles weist darauf hin, daß es falsch ist, die Söhne im Corps groß werden zu lassen. Darauf, daß ich mit diesen Worten auf Widerspruch stoße, bin ich gefaßt, aber nur zu oft habe ich aus dem Munde von ehemaligen Kameraden die Worte gehört: wenn ich nur nicht im Corps gewesen wäre, wenn ich das Abiturium hätte und heute noch studieren könnte, reichte ich meinen Abschied lieber heute abend als morgen früh ein. Nicht ein jeder Leutnant wandelt auf Rosen, und wenn das Wort »Glänzendes Elend« auch einen gewissen gehässigen Ausdruck in sich birgt, so birgt sich unter der glitzernden Hülle, unter den goldgestickten Kragen, den blitzenden Knöpfen doch oft ein Elend, von dem der Laie und der Unparteiische sich schwer eine Vorstellung machen kann.

[852] 853. Körperliche Fähigkeiten. Für den, der Offizier werden will, ist ein bestimmtes Maß in der Körpergröße oder im Brustumfang nicht vorgeschrieben, aber natürlich muß der Bewerber das sein, was man mit dem Wort »dienstbrauchbar und diensttauglich« versteht. Ueber kleine Schwächen und Gebrechen wird bei demjenigen, der freiwillig eintritt, hinweggesehen, aber es kann denen, die nicht über eine Normalfigur und über gerade Gliedmaßen verfügen, nur dringend anempfohlen werden, dem Soldatenstande fern zu bleiben. Von den Strapazen, denen der Offizier täglich ausgesetzt ist, will ich hier gar nicht reden, aber das Militär lebt augenblicklich wieder in einer Zeit der Besichtigungen, und die Parade spielt jetzt die Hauptrolle. Von den Mannschaften werden diejenigen, die äußerlich keine Adonisse sind, bei dergleichen Gelegenheiten in das zweite Glied gesteckt oder für den betreffenden Tag abkommandiert. Mit dem Offizier kann man das nun nicht machen, aber es wird an ihm herumerzogen und herumdressiert, als wäre er ein Zirkuspferd, und viel kränkender, als die Vorwürfe über mangelhafte Leistungen, sind diejenigen über eine schlechte persönliche Haltung, die man seiner natürlichen Veranlagung und nicht irgend welcher Nachlässigkeit verdankt. An seiner persönlichen Haltung ist schon so mancher zu Grunde gegangen und ein Hauptmann meines alten Regiments, ein sehr tüchtiger Offizier, wurde kurz vor einer Kaiserparade veranlaßt, das Abschiedsgesuch einzureichen, weil er nach der Meinung des Regimentskommandeurs ein zu schlechtes Bild zu Pferde böte, um bei Sr. Majestät vorbeireiten zu können.

[853] 854. Die Bewerbung um Anstellung als Avantageur kann entweder persönlich durch die Eltern oder schriftlich durch den zukünftigen Avantageur selbst erfolgen. Im letzteren Falle hat er eine genaue Angabe seiner persönlichen und seiner Familienverhältnisse und seines Vermögensstandes zu geben. Diejenigen, die das Abiturium nicht haben, müssen nach erfolgter Annahme seitens des Truppenteils das Fähnrichexamen vor der Obermilitär-Examinationskommission in Berlin ablegen. Unmittelbar darauf haben sie sich zu ihrem Truppenteil zu begeben und eine ungefähr zweimonatliche Ausbildung, sofern sie nicht Kadetten waren, im praktischen Dienst durchzumachen. Dann erfolgt die Einstellung in die Kompagnie, Schwadron u.s.w. und im Laufe der Zeit die Beförderung zum Gefreiten und zum Unteroffizier. Nach fünf Monaten, auf keinen Fall früher, wird die Entscheidung darüber gefällt, ob der Avantageur seiner Veranlagung, seiner Führung und seinen Fähigkeiten nach zum Fortdienen mit Aussicht auf Beförderung zum Offizier geeignet ist. Wird seitens der Vorgesetzten diese Frage bejaht und dem Betreffenden ein gutes Dienstzeugnis ausgestellt, so wird er zum Fähnrich vorgeschlagen und befördert.

Die weitere militärische Ausbildung erhalten die Fähnriche in Preußen auf den Kriegsschulen, die sich in Anklam, Danzig, Engers, Glogau, Hannover, Hersfeld, Cassel, Metz, Neiße und Potsdam befinden. Befreit von dem Besuch der Kriegsschule sind nur die Selektaner des Kadettenkorps, es können außerdem noch diejenigen hiervon befreit werden, welche das Abiturium haben, ein Jahr studierten und sich nachweisbar fünf Monate lang in den Militärwissenschaften vorbereitet haben. Wer seiner Zeit die Schlußprüfung mit »vorzüglich« besteht, erhält eine allerhöchste Belobigung und rangiert bei der Beförderung zum Offizier vor allen anderen gleichzeitig mit ihm zu Offizieren beförderten Fähnrichen. Alle, die die Prüfung bestanden, erhalten das Zeugnis der Reife zum Offizier und werden bei ihrem Truppenteil, sobald die Zeugnisse von der Kriegsschule eingegangen sind, zur Wahl gestellt. Fällt diese günstig für sie aus, so erhalten sie nach ihrer Beförderung zum Offizier etatsmäßige Stellen und das damit verbundene Einkommen. Keineswegs erhält jeder Leutnant von dem Tage an, da er die Epauletts auf der Schulter trägt, auch das Offiziersgehalt, sondern er muß unter Umständen hierauf noch ein oder zwei Monate warten, bis eben eine Stelle für ihn frei ist.

[854] 855. Die Aussichten im Beruf sind derartig, daß man fünfzehn Jahre (acht Jahre als Leutnant, sieben Jahre als Oberleutnant) braucht, ehe man Hauptmann wird. Ehe die letzteren es bis zum Stabsoffizier gebracht haben, vergehen durchschnittlich weitere zehn Jahre. Hat man Glück, wird man vorpatentiert, so geht die Sache natürlich schneller, aber im allgemeinen kann gesagt werden, daß die Avancementsverhältnisse sehr traurig sind. Die fünfundzwanzig bis siebenundzwanzig Jahre, die vergehen, bis die Beförderung zum Stabsoffizier erfolgt, ermüden denjenigen geistig und körperlich, der die ganze Zeit hindurch in der Front stand und die sogenannte »Ochsentour« durchmachte. Und ist es dann endlich so weit, daß die Stabsoffiziersraupen winken, dann ist es mit der Carriere auch fast immer aus, denn in die höheren Chargen rückt heutzutage fast immer nur derjenige, der die Kriegsakademie besuchte, im Generalstab war oder die höhere Adjutantencarriere durchgemacht hat. Dem Dienst in der Front folgt dann der Dienst bei dem Bezirkskommando oder bei dem Bekleidungsamt, oder man wird sonst mit einem Ruheposten als Platzmajor, Stadtkommandant oder dergleichen beglückt. Aber auch diese Aemter nicht für immer. Und nach drei oder mehreren Jahren erfolgt dann die definitive Verabschiedung. Wer selbst einmal am ersten des Monats bei der Pensionskasse in einer großen Stadt gewesen ist, um sich sein Geld auszahlen zu lassen, wird einen wahren Schrecken bekommen, wenn er die große Zahl derjenigen sieht, die, im besten Mannesalter stehend, zur absolutesten Unthätigkeit verurteilt sind.

In keinem anderen Stande, in keinem anderen Berufe kann die Verabschiedung und Pensionierung erfolgen, ohne daß nicht ein allzuhohes Alter, das die geistigen Kräfte und Fähigkeiten lähmt, ein schweres Dienstvergehen oder ein strafbarer Lebenswandel diese geradezu gebieten. Hieran sollte jeder denken, der die Offizierslaufbahn wählt, und bei den zahllosen Verabschiedungen, die an der Tagesordnung sind, thäte ein jeder junge Mensch, der in die Armee eintritt, gut, sich gleich zu fragen und sich gleich klar zu machen: »Was fängst du an, wenn du einst nicht mehr Offizier bist?« Von den Ersparnissen, die man während seiner Dienstzeit macht, kann niemand leben, denn das Gehalt ist so gering, daß man nur in den obersten Chargen, wenn man unverheiratet und anspruchslos ist, sich etwas zurücklegen kann.

[855] 856. Das Einkommen. Die Leutnants beziehen bei der Infanterie und den Jägern 900 Mark, bei der Kavallerie, Feldartillerie und Train 1008 Mark, bei der Fußartillerie und den Ingenieuren 1188 Mark. Oberleutnants erhalten 1500, Hauptleute und Rittmeister zweiter Klasse 2700, erster Klasse 3900, Stabsoffiziere 5850, Regimentskommandeure 7800, Brigadekommandeure 9000 Mark Gehalt und 900 Mark Dienstzulage, Divisionskommandeure 12000 Mark Gehalt und 4500 Mark Dienstzulage und die kommandierenden Generale endlich 12000 Mark Gehalt und 18000 Mark Dienstzulage.

Außerdem erhält jeder Offizier Servis- und Wohnungsgeldzuschuß. Die Höhe desselben richtet sich nach der Größe der Garnison und den dort herrschenden Preisen.

[856] 857. Ein Servis erhalten Leutnants und Oberleutnants zwischen 288 und 540 Mark; Hauptleute, Rittmeister und Stabsoffiziere 432, 504, 576, 702 oder 972 Mark; Regimentskommandeure 594, 684, 756, 972 oder 1314 Mark; Brigadekommandeure 738, 828, 936, 1224 oder 1620 Mark; Generalleutnants 936, 1080, 1188, 1512 oder 1962 Mark; Generale der Infanterie 1188, 1368, 1476, 1944 oder 2520 Mark.

Der Wohnungsgeldzuschuß beträgt für Leutnants und Oberleutnants 216, 225, 240, 270 oder 420 Mark, Hauptleute und Stabsoffiziere 360, 420, 480, 540, 660 oder 900 Mark, Regimentskommandeure 540, 600, 720, 900 oder 1200 Mark; Generalmajore und Generalleutnants 600, 720, 900, 1200 oder 1500 Mark.

Wie schon gesagt, werden diese Zulagen nach verschiedenen Stufen und Klassen bezahlt. Die höchsten der oben angeführten Sätze für Servis- und Wohnungsgeldzuschuß werden in Berlin, Hamburg-Altona, Bremen, Dresden, Frankfurt a.M., Metz, Straßburg und Mühlhausen i.E. bezahlt. Diese Städte gehören zur Klasse A.

Dem dienstlich berittenen Offizier der Fußtruppen, der fahrenden Artillerie und des Trains bis zum Regimentskommandeur ausschließlich, werden außerdem noch Pferdegelder gewährt.

[857] 858. Die Pensionierung wird nach denselben Grundsätzen berechnet, wie bei den Reichs- und Staatsbeamten, mit der Maßgabe, daß für jede Charge das sogenannte pensionsfähige Einkommen zu Grunde gelegt wird. Dasselbe beträgt für Leutnants 1946 Mark, für Oberleutnants 2546 Mark, für Hauptleute zweiter Klasse 4120 Mark, für Hauptleute erster Klasse 5330 Mark, für Bataillonskommandeure 6980 Mark, für Regimentskommandeure 9324 Mark, für Brigadekommandeure 11964 Mark, für Divisionskommandeure 15429 Mark und für kommandierende Generale 21990 Mark.

Pensionsberechtigt ist der Offizier, falls er nicht schon vorher Invalide wird, nach zehnjähriger Dienstzeit, und beträgt seine Pension dann 15 Sechzigstel seines pensionsfähigen Einkommens. Nach jedem Dienstjahr kommt ein Sechzigstel hinzu.

[858] 859. Zulagen. Bei dem Diensteintritt der Söhne müssen die Eltern sich verpflichten, ihnen während der Fähnrichszeit eine Zulage von durchschnittlich 75 Mark im Monat zu geben und sie auch während ihrer Leutnantszeit finanziell zu unterstützen. Ueber die Höhe dieser Zulage ist vor einigen Jahren eine allerhöchste Kabinettsordre unseres Kaisers erlassen worden, die sich darüber ausspricht, mit welchem Zuschuß ein junger Offizier nach der Ansicht Sr. Majestät auskommen könnte und müßte. Beispielsweise beträgt nach dieser Ordre die für einen Offizier festgesetzte Zulage 45 Mark pro Monat, und daß es Offiziere giebt, die damit auskommen, beweist schon der Umstand, daß es fast in jedem Regiment einen Leutnant giebt, der die sogenannte Königszulage in Gestalt eines Zwanzigmarkstückes als einzigen Zuschuß erhält. Die Anforderungen, die in jeder Hinsicht an den Geldbeutel der Offiziere gestellt werden, sind enorm: die Kleiderkasse verschlingt viel, das Kasinolebenu, die Liebesmähler, die Repräsentationskosten, die Geschenke bei Jubiläen, Hochzeiten, Geburtstagen usw. sind in Anbetracht des geringen Einkommens sehr bedeutend und man muß schon ein wahres Finanzgenie sein, um mit 20 oder 40 Mark Zulage zu reichen, ohne Schulden zu machen. Was offiziell ausgegeben werden muß, muß auf der andern Seite erspart werden, und ich habe viele, viele Leutnants kennen gelernt, die den Tagen, wo sie Kasernendienst hatten und das Mannschaftsessen probieren mußten, im Kasino abgesagt hatten, um das Geld zu sparen, und die sich in der Mannschaftsküche an Speck und dicken Erbsen satt aßen.

Essen und Trinken allein macht den Menschen nicht glücklich, aber es ist bitter, wenn ein junger Offizier finanziell so gestellt ist, daß es ihm bei seinem anstrengenden Dienst nicht möglich ist, seinem Körper diejenige Nahrung zuzuführen, die er zur Erhaltung seiner Gesundheit unbedingt haben muß.

[859] 860. Der Marineoffizier. Wohl noch anstrengender als der Beruf des Landoffiziers ist der des Mariniers, aber der letztere hat den großen, nicht zu unterschätzenden Vorzug, daß der Geist trotz aller körperlichen Strapazen und Entbehrungen frisch erhalten bleibt. Die vielen Reisen, der Besuch fremder Länder, das Zusammentreffen mit den verschiedensten Nationen weitet den Blick, festigt und erweitert die Anschauungen, erhält frisch und lebendig, und einseitig gebildete und einseitig urteilende Offiziere, wie sie in der Landarmee in großer Anzahl vorhanden sind, wird man bei der Marine vergebens suchen. Es geht ein frischer, lebendiger Geist durch das Offizierkorps, sie haben Interessen und das Bestreben, ihre Kenntnisse zu bereichern, und für sie giebt es noch etwas anderes auf der Welt als nur Trinken.

Gesundheit, gute Sehkraft, Selbständigkeit und Charakterfestigkeit sind unerläßliche Bedingungen für den, der als Seekadett eintreten will, denn an Geist und Körper werden hohe Anforderungen gestellt. Abiturienten dürfen im allgemeinen nicht älter als 19, diejenigen, die das Abiturium nicht haben, nicht älter als 18 Jahre sein. Wer das Abiturium nicht machte, muß bei seinem Eintritt das Zeugnis über die bestandene Fähnrichsprüfung in der Armee vorlegen, und es wird verlangt, daß er im Englischen die Prüfung mit »gut« bestand. Wer diese Zeugnisse nicht hat, muß die Eintrittsprüfung für Seekadetten ablegen. Hierbei wird in erster Linie auf die Mathematik Wert gelegt und werden nicht unbedeutende Kenntnisse der englischen und französischen Sprache verlangt. Auch bei der Marine werden die Abiturienten bevorzugt, sie sind von der Seekadetten-Eintrittsprüfung befreit und rangieren nach ihrer Einstellung vor allen übrigen mit ihnen gleichzeitig eingestellten Kadetten.

[860] 861. Die Anmeldung zum Eintritt hat schriftlich bei der »Inspektion des Bildungswesens der Marine« zu erfolgen. Dem Gesuch sind beizufügen: die Geburtsurkunde und Abschrift des Taufregisters, eine Nationale nach bestimmtem Muster, der unter Aufsicht eines Offiziers geschriebene Lebenslauf, eine Uebersicht des genossenen Schulunterrichts mit den Schulzeugnissen, die Bescheinigung eines Schwimmlehrers, daß der Bewerber schwimmen kann und eine Schwimmprobe von wenigstens einer halben Stunde abgelegt hat, ein marine- oder militärärztliches Zeugnis und die Bescheinigung des Vaters oder Vormundes über die Gewährung der für die Laufbahn zum Seeoffizier erforderlichen Geldmittel.

[861] 862. Die Kosten der Ausbildung belaufen sich im ersten Dienstjahre auf ungefähr 1280 Mark, im zweiten Jahr auf 920 Mark, im dritten Jahr auf 780 und im vierten Jahr auf 1140 Mark. Von da ab ist dem Leutnant während seiner ganzen Leutnantszeit eine monatliche Zulage von 50 Mark, also von 600 Mark pro Jahr zu zahlen.

Eine besondere Kommission entscheidet über die Aufnahme oder Ablehnung der Bewerber und wird der getroffene Bescheid dem Bewerber oder dessen Angehörigen schriftlich mitgeteilt. Vom Tage der Einstellung an gehören die Seekadetten zu den Personen des Soldatenstandes und werden zunächst unter Aufsicht ihrer Offiziere vier Wochen auf dem Lande militärisch ausgebildet. Hieran schließt sich die Vereinigung an die seemännische Ausbildung, welche auf einem Seekadettenschulschiff erfolgt. Nach der ersten Reise muß die Prüfung auf der Marineschule in Kiel zum Fähnrich zur See abgelegt werden. Diejenigen, die die Prüfung bestanden, kommen dann für ein Jahr zur Marineschule in Kiel, wo sie theoretischen Unterricht genießen und am Schluß des Schuljahres die Prüfung zum Seeoffizier abzulegen haben. Wer die Prüfung besteht, wird für ein halbes Jahr auf die »Artillerie-Torpedoschulschiffe« und zur Marineinfanterie kommandiert, um dort in den Spezialfächern weiter ausgebildet zu werden. Die fernere praktische Ausbildung zum Seedienst erfolgt dann für die Dauer eines Jahres an Bord eines Seekadetten- oder Schiffsjungenschulschiffes, wo sie zum erstenmal als Vorgesetzte auftreten. Nach Beendigung dieses Jahres werden sie, wenn sie sich nach Ansicht ihrer Vorgesetzten zum Offizier eignen, zur Wahl gestellt und demnächst befördert.

Diese kurzen Angaben genügen, um zu zeigen, daß es bei der Marine viel länger dauert, bevor man es zum Offizier bringt, und daß die Anforderungen, die gestellt werden, weit höher sind, als bei der Landarmee.

[862] 863. Das Avancement ist augenblicklich bei der Marine entschieden besser als bei der Landarmee. Es entspricht der langen Ausbildungszeit des Kadetten, daß er schon nach zwei oder drei Jahren vom Leutnant zum Oberleutnant befördert wird. In dieser Charge bleibt er sechs Jahre, um dann zum Kapitänleutnant zu avancieren.

[863] 864. Einkommen. Finanziell steht sich der Marineoffizier bedeutend besser als der Landoffizier. Sein Gehalt ist im großen und ganzen dasselbe, aber die Tafelgelder und die Zulagen, die im Auslande gezahlt werden, sind so bedeutend, daß ein Marineoffizier, der einigermaßen zu wirtschaften versteht, schon als Leutnant sehr gut auskommen und in den höheren Chargen Ersparnisse machen kann. Allerdings kann andererseits auch nicht in Abrede gestellt werden, daß die Repräsentationspflichten, die an den Marineoffizier gestellt werden, sehr groß sind. Befindet sich ein Kriegsschiff in einem fremden Hafen, so wird es den ganzen Tag nicht leer von Besuchern, und die Gäste, die da kommen, wollen auch bewirtet werden. Schon um gegen die anderen Nationen nicht abzufallen, darf in dieser Hinsicht keine allzugroße Sparsamkeit herrschen, aber der Staat bewilligt für derartige Zwecke entweder gar keine Mittel oder sie sind so lächerlich gering, daß sie gar nicht in Betracht kommen. Wo Tausende im Handumdrehen ausgegeben sind, bewilligt der Fiskus vielleicht ein paar hundert Mark, und den Rest müssen die Offiziere aus eigenen Mitteln bezahlen. Da heißt es denn oft hinterher wochen-und monatelang krumm liegen, um das Defizit zu decken und das europäische Gleichgewicht in der zerrütteten Finanzlage wieder herzustellen.

Das Gehalt der Leutnants zur See beträgt pro Jahr 900 Mark, dazu kommen im Sommer Mark 6.25, im Winter Mark 18.75 monatlicher Servis und jährlich 270 Mark Wohnungsgeldzuschuß. Die Oberleutnants haben denselben Servis und denselben Wohnungsgeldzuschuß, beziehen aber 1500 Mark Gehalt und 180 Mark nicht pensionsfähige Zulage. Käpitänleutnants zweiter Klasse haben 2700 Mark Gehalt, 350 Mark Zulage und 350 Mark Wohnungsgeldzuschuß. Kapitänleutnants erster Klasse 3900 Mark Gehalt, aber nur 300 Mark Zulage. An Wohnungsgeldzuschuß beziehen sie dasselbe. Dieselbe Zulage, dasselbe Servis usw. haben auch die Kadetten- und Fregattenkapitäne, ihr Gehalt beträgt 5850 Mark. Der Kapitän z.S. hat 7800 Mark Gehalt, 600 Mark Zulage, 900 Mark Wohnungsgeldzuschuß. Bei allen zuletzt angeführten Chargen richten sich der Servis und die Tafelgelder nach der Art des Kommandos. Bei der Verheiratung eines Marineoffiziers muß ein noch größeres außerdienstliches Einkommen nachgewiesen werden, wie bei der Verehelichung eines Landoffiziers. Es hat dies seinen Grund darin, daß bei der oft jahrelangen Abwesenheit des Mannes ein doppelter Haushalt, der natürlich doppelte Kosten erfordert, nötig ist. Darauf, ob ein Offizier ledig oder verheiratet ist, kann der Dienst natürlich keine Rücksicht nehmen und es ist schon zuweilen vorgekommen, daß ein Leutnant zwei oder drei Tage nach seiner Hochzeit plötzlich auf einige Jahre ins Ausland geschickt wurde. Ein Leutnant oder Oberleutnant muß eine sichere jährliche Privateinnahme von 3000 Mark, ein Kapitänleutnant zweiter Klasse ein Einkommen von 2000 Mark, ein Kapitänleutnant erster Klasse ein solches von 1200 Mark nachweisen.

Die Pensionierung der Marineoffiziere ist ebenso geregelt wie bei der Landarmee. Das pensionsfähige Einkommen gleicht genau den oben angeführten Sätzen der Offiziere der Landarmee.

[864] 865. Offiziersequipierung. Ueber die Zahl der Anzüge und der Ausrüstungsgegenstände, die der Offizier bei seiner Beförderung sich anschaffen muß, sind keine bestimmten Vorschriften erlassen. Die vorgesetzte Behörde kümmert sich nur darum, daß das, was der Offizier sich anschafft, den Allerhöchsten Bestimmungen der Anfertigung nach entspricht. Die Kosten der Equipierung sind nicht unbedeutend, aber trotzdem ist es ganz falsch, zu fragen: »Mit wie wenig kann ich auskommen?« Es müßte immer heißen: »Wie viel brauche ich, um in den ersten Jahren vor Neuanschaffung sicher zu sein?« Der Grund hiefür liegt auf der Hand. Jeder Offizier muß sich als Minimum für seine Kleiderkasse monatlich 25 M. abziehen lassen und diese sind sehr bald für das Neubesetzen von Röcken, für die Erneuerung der Kragen und Aufschläge, für die Reparatur der Stiefel und dergleichen Dinge, die fast jeder Tag bringt, verausgabt. Für Neuanschaffungen reichen die 25 M. keineswegs. Ist ein neuer Rock nötig, so kostet dieser bei der Infanterie ungefähr 75 M., also den Kleiderkassenbetrag eines Vierteljahres. Die Reparaturen hören nicht auf, um das Neue zu bezahlen, muß man das Alte schuldig bleiben und nach kurzer Zeit hat man große Kleiderschulden. Ist man zu gewissenhaft, um seinem Schneider 1000 M. und mehr jahraus jahrein zu schulden, so bleibt nichts anderes übrig, als sich eine größere Summe, etwa 50 oder 60 Mark für die Kleiderkasse abziehen zu lassen. Die Folge hiervon ist, daß der Leutnant am ersten des Monats entweder gar keinen Gehalt oder nur wenige Groschen herausbekommt. Mit seiner kleinen Zulage allein kann er, ach, nicht reichen und entweder hungert er sich dann durch das Dasein oder aber er macht Schulden, wo er nur immer kann. Die Uniform kostet ein schweres Stück Geld und nur derjenige kann darauf rechnen, einigermaßen glatt bei seinem Schneider zu sein, dessen erste Equipierung so reichlich ist, daß er wenigstens in den ersten drei Jahren sich nichts Neues anzuschaffen braucht. Versteht er zu wirtschaften, so kann er sich innerhalb dieser Zeit 100 M. oder mehr in seiner Kleiderkasse sparen, so daß eine Neuanschaffung nicht seine ganzen Berechnungen über den Haufen wirft und werfen muß.

[865] 866. Aufnahmebestimmungen des Königlichen Kadettenkorps. (Erlaß des Kriegsministeriums vom 12. Oktober 1899.) Das Kadettenkorps gewährt sei nen Zöglingen Erziehung und Ausbildung mit vorherrschender Rücksicht auf den Kriegsdienst. Das Korps besteht aus zwei dem Alter der Zöglinge angebrachten Abteilungen: erstens aus den acht Kadettenhäusern, den Voranstalten mit den Lehrklassen von Sexta bis einschließlich Obertertia für Zöglinge im Alter von 10 bis 15 Jahren, zweitens aus der Hauptkadettenanstalt zu Groß-Lichterfelde mit den Klassen Untersekunda bis Oberprima, sowie einer Selekta, nach Bedarf und Raum auch einer Obertertia.

Die Klassen von Sexta bis Oberprima entsprechen im wesentlichen den Klassen eines preußischen Realgymnasiums, die Selekta dagegen einer Kriegsschule.

Der einjährige Besuch der Unterselekta des Kadettenkorps genügt zum Nachweis der wissenschaftlichen Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst (Wehrordnung vom 22. November 1888, § 90,5).

Nach Beendigung der betreffenden Unterrichtskurse werden die Zöglinge des Kadettenkorps, je nach dem Grade ihrer bewiesenen Kenntnisse und Führung, seiner Majestät dem Kaiser und Könige zur Einstellung in das Heer als Leutnants, Fähnriche, charakterisierte Fähnriche, Unteroffiziere oder Gemeine vorgeschlagen. Ueber Entlassung s. auch § 7.

Alle Zöglinge, welche die Obersekunda mit Erfolg besucht haben, legen die Fähnrichsprüfung ab. Je nach dem Ausfall derselben werden sie der Selekta überwiesen oder zur Einstellung in das Heer vorgeschlagen, oder sie treten – auf Wunsch ihrer Angehörigen bezw. bei nicht genügender körperlicher Entwicklung – in die Prima über.

Diejenigen Zöglinge, welche die Oberprima durchgemacht haben, legen die Reifeprüfung ab. Nachdem sie die letztere bestanden, erfolgt ihre Versetzung in die Armee als Fähnriche unter gleichzeitiger Ueberweisung an eine Kriegsschule. Wenn sie bei dieser die Offiziersprüfung mindestens mit dem Prädikat »gut« bestehen, erhalten sie bei ihrer Beförderung zum Leutnant ein Patent vom Tage der Versetzung in die Armee.


Einteilung der Stellen des Kadettenkorps nach den Erziehungsbeiträgen.


Das Kadettenkorps enthält:

1. Stellen mit vollem Erziehungsbeitrage von 800 Mark für Söhne von Inländern (Angehörige des Deutschen Reichs).

2. Stellen mit vermindertem Erziehungsbeitrag von 450, 300, 180 und 90 Mark für Söhne von Angehörigen Preußens, Württembergs und derjenigen Bundesstaaten, deren Kontingente in preußischer Verwaltung stehen, sofern die Väter einen besonderen Anspruch (vgl. § 4) aus Berücksichtigung in der Erziehung ihrer Söhne haben.

3. Freistellen, d.h. Stellen ohne Erziehungsbeitrag für die unter 2 bezeichneten Knaben im Falle besonderer Bedürftigkeit.

4. Stellen mit erhöhtem Erziehungsbeitrag von 1500 Mark für Söhne von Ausländern (Nichtangehörige des Deutschen Reichs), welche als geeigneter Ersatz für das Offizierskorps angesehen werden können.

Die Zahl der Stellen nach den Erziehungsbeiträgen setzen die Etats fest.

Die Erziehungsbeiträge unter Ziffer 2 werden auf Grund Allerhöchst genehmigter Festsetzungen nach dem Einkommen (Anlage 2) bemessen und ändern sich bei wechselndem Einkommen.

Sämtliche Zöglinge empfangen Unterhalt, Bekleidung, Erziehung und Unterricht einschließlich der Lehrmittel. Die unter 1 und 4 genannten haben jedoch einen Teil der Lehrmittel selbst zu bezahlen.

[866] 867. Aufnahme.


Allgemeine Bedingungen für die Aufnahme in das Kadettenkorps überhaupt.


Die Aufnahme in das Kadettenkorps kann nur mit Allerhöchster Genehmigung erfolgen, doch haben seine Majestät der Kaiser zu der Besetzung der in § 2, I genannten Stellen das Kadettenkorps ermächtigt. Auch darf der Kommandeur auf Gesuche für das laufende Jahr um Aufnahme in Stellen mit vermindertem Erziehungsbeitrag, welche erst nach Abschluß der an Allerhöchster Stelle vorzulegenden Vorschlagsliste eingehen, vorbehaltlich der durch Nachtragsliste einzuholenden Allerhöchsten Genehmigung, für alle Anwärter mit Anspruch auf Kadettenwohlthaten entscheiden.

Alle aufzunehmenden Knaben müssen einer rechtmäßigen Ehe entsprossen sein und nach Herkunft, Erziehung, körperlicher Entwickelung und wissenschaftlicher Vorbildung einen geeigneten Ersatz für das Offizierskorps versprechen, das zehnte Lebensjahr vollendet, das 15. aber noch nicht überschritten haben. (Die Anmeldung erfolgt zwischen dem vollendeten achten und zehnten Lebensjahr des Knaben). Knaben, die das zehnte Lebensjahr im Laufe des Monats April oder Mai vollenden, können ausnahmsweise schon zu Beginn des Schuljahres einberufen werden.

[867] 868. Aufnahme in Stellen mit vermindertem Erziehungsbeitrag oder in Freistellen. Die Aufnahme in diese Stellen ist außerdem an die Bedingung geknüpft, daß bei den Offizieren des Friedensstandes, des Heeres und der Marine, sowie der Gendarmerie und des Pensionsstandes die Ehe schon während der aktiven Dienstzeit der Väter bestanden hat, bei den Offizieren des Beurlaubtenstandes, bei den Unteroffizieren und im Bereich des Civilstandes die Söhne bereits zu der Zeit geboren waren, als die Väter die Anwartschaft erworben haben, d.h. vor der Pensionierung, dem Feldzuge, der Verwundung u.s.w.

Das Dienstverhältnis in den Invalidenhäusern und Invalidenkompagnien, welches als Versorgung betrachtet wird, kommt bei Feststellung der Anwartschaft nicht in Anrechnung.

Bei Erfüllung dieser Bedingungen haben auf Grund der von ihren Vätern geleisteten Dienste nachstehende Knaben eine Anwartschaft auf die Wohlthat, in Stellen mit vermindertem Erziehungsbeitrag oder in Freistellen erzogen zu werden.


A. Im Bereiche des Offizierstandes:


1. die Söhne vor dem Feinde gebliebener, an ihren Wunden oder nachweislich infolge der Anstrengungen eines Feldzuges verstorbener oder durch eine unmittelbar im Dienst erlittene Beschädigung invalide gewordener Offiziere des Friedensstandes und des Beurlaubtenstandes des Heeres und der Marine, sowie der Gendarmerie;

2. die Söhne während der aktiven Dienstzeit verstorbener Offiziere des Friedensstandes des Heeres und der Marine, sowie der Gendarmerie;

3. die Söhne der Offiziere des Friedensstandes des Heeres und der Marine, sowie der Gendarmerie;

4. die Söhne mit Pensionsberechtigung ausgeschiedener, gut gedienter Offiziere des Friedensstandes und des Beurlaubtenstandes des Heeres und der Marine, sowie der Gendarmerie;

5. die Söhne verstorbener, ohne Pensionsberechtigung ausgeschiedener Offiziere des Friedensstandes und des Beurlaubtenstandes des Heeres und der Marine, sowie der Gendarmerie in dem Falle, daß diese Offiziere an einem Feldzuge teilgenommen haben;

6. auch die Söhne derjenigen Offiziere, welchen der Offiziersrang nicht auf Grund der allgemeinen Bestimmungen über die Ergänzung der Offiziere des Heeres bezw. der Marine verliehen ist, jedoch außer in dem Falle zu 1 nur insoweit, als diese Offiziere eine aktive Dienstzeit von 25 Jahren erreicht haben und nach Berücksichtigung der übrigen Anwärter aus dem Offiziersstande Stellen offen sind.

Ferner, insofern Stellen offen sind:


B. Im Bereiche des Unteroffizierstandes:


1. die Söhne solcher Unteroffiziere des Friedensstandes und des Beurlaubtenstandes, des Heeres und der Marine, welche entweder vor dem Feinde geblieben sind oder infolge von Verwundungen, welche sie im Dienst erlitten haben, auf Grund des Militärpensionsgesetzes eine Verstümmelungszulage beziehen;

2. die Söhne derjenigen Unteroffiziere, welche mindestens 25 Jahre im Friedensstande des Heeres und der Marine gut gedient haben.


C. Im Bereiche des Civilstandes:


Die Söhne derjenigen Personen, welche sich durch besondere, mit persönlicher Gefahr verbundene Einzelhandlungen Verdienste um das Reich oder um ihren Staat erworben haben.

Bei Feststellung der Anwartschaft auf Stellen mit vermindertem Erziehungsbeitrag wird das dienstliche, sowie das Privateinkommen der Eltern, resp. der Stiefeltern, bezw. das Einkommen des Knaben aus Vermögen, Erziehungsgeldern und dergleichen in Betracht gezogen.

Befinden sich mehrere Brüder gleichzeitig im Kadettenkorps, so kann für den zweiten und jeden folgenden die Herabsetzung auf einen Erziehungsbeitrag niederer Stufe beantragt werden, falls der Antragsteller besondere Gründe für Gewährung dieser Wohlthat geltend machen kann. Die Herabsetzung des Erziehungsbeitrages ist auch dann zulässig, wenn ein oder mehrere Brüder eines Kadetten, aus dem Kadettenkorps hervorgegangen, der Armee oder Marine angehören.

Uebersteigt das Einkommen der Eltern usw. eine gewisse Summe, so werden die Söhne auch bei sonst vorhandener Anwartschaft auf Stellen mit vermindertem Erziehungsbeitrag nur in Stellen mit vollem Erziehungsbeitrag einberufen, bezw. falls das Einkommen erst nach der Einberufung die fragliche Summe erreicht, in solche Stellen versetzt.

Veränderungen, welche nach Einsendung der Stammliste im Einkommen eintreten, sind sofort dem Kommando des Kadettenkorps mitzuteilen. Die Unterlassung dieser Mitteilungen kann unter Umständen den Verlust der Anwartschaft bewirken.

Die Verlangung der Anwartschaft auf Freistellen ist stets besonderer Allerhöchster Entscheidung vorbehalten.

[868] 869. Anmeldung zur Aufnahme in das Korps. Der Aufnahme muß die Anmeldung vorangehen: diese erfolgt, wie schon gesagt, zwischen dem vollendeten achten und zehnten Lebensjahr des Knaben. Eine frühere Anmeldung ist wirkungslos, eine spätere nicht zulässig.

Da aber bei sonst gleichen Verhältnissen zu spät angemeldete Anwärter allen zur vorgeschriebenen Zeit angemeldeten nachstehen und dadurch in die Lage kommen können, ganz unberücksichtigt zu bleiben (vergl. § 6), so empfiehlt sich die rechtzeitige Anmeldung.

Alle Anmeldungen von Knaben, deren Aufnahme in das Kadettenkorps gewünscht wird, sind an das Kommando (nicht an die Person des Kommandeurs, da bei dessen Abwesenheit sonst leicht Verzögerungen entstehen) des Kadettenkorps zu Berlin SW., Hallesches Ufer 24, diejenigen der württembergischen Anwärter an das Königlich Württembergische Kriegsministerium zu richten.

Die Anmeldungen erfolgen mittels einfachen portopflichtigen Anschreibens unter Beifügung der standesamtlichen Geburtsurkunde, des kirchlichen Taufzeugnisses oder einer Taufbescheinigung – und einer Stammliste (für Stellen mit vollem oder erhöhtem Erziehungsbeitrag nach Anlage 1, für Stellen mit vermindertem Erziehungsbeitrag oder für Freistellen nach Anlage 2, deren Spalten zur Vermeidung von Rückfragen und sonstigen Weiterungen mit der größten Genauigkeit auszufüllen sind. Geburtsurkunde und Taufzeugnis bezw. Taufbescheinigung sind im Original oder in beglaubigter Abschrift einzusenden. Dieselben erfolgen nach Einsichtnahme zurück.

Auf genaue Beantwortung der Frage über das Einkommen und die sofortige Mitteilung hierin etwa eintretender Aenderungen (vergl. § 4 gegen Ende) wird besonders hingewiesen.

Unrichtige Angaben haben die Nichtberücksichtigung des Antrages zur Folge.

Die einzureichenden Stammlisten müssen von zuständiger Seite bescheinigt und, sofern eine Stelle mit vermindertem Erziehungsbeitrage oder eine Freistelle erbeten wird, von denjenigen amtlichen Zeugnissen begleitet sein, welche die Anwartschaft zur Aufnahme begründen.

Die eingegangenen Anmeldungen werden zunächst durch den Kommandeur des Kadettenkorps geprüft.

Er giebt den Angehörigen Bescheid auf die erfolgte Anmeldung und erledigt solche Gesuche, welche zweifellos unbegründet sind.

Die weitere Prüfung der stehen gebliebenen Anmeldungen behufs Feststellung der Anwartschaft, des Erziehungsgeldes u.s.w. liegt dem Ausschuß für Aufnahme von Knaben in das Kadettenkorps (Aufnahmeausschuß) ob.

Vorsitzender dieses Ausschusses ist der Generalinspekteur des Militärerziehungs- und Bildungswesens, ausführendes Mitglied der Kommandeur des Kadettenkorps.

Das Geschäftsverfahren des Ausschusses ist durch eine besondere Vorschrift geregelt.

[869] 870. Einberufung. Aus der Zahl derjenigen Knaben, deren Aufnahme Allerhöchsten Orts ausdrücklich genehmigt oder der Entscheidung des Kommandeurs des Kadettenkorps überlassen ist, beruft dieser nach Maßgabe der freiwerdenden Stellen die Anwärter in die einzelnen Anstalten ein.

In der Regel findet eine solche Einberufung alljährlich nur einmal, und zwar zum Beginn des Lehrjahres, zu Anfang des Monats April, statt.

Bei der Auswahl der einzelnen Anstalten ist, so weit möglich, die Rücksicht auf die Lage des Wohnortes der Eltern u.s.w. maßgebend.

[870] 871. Die Zöglinge des Kadettenkorps scheiden aus: 1. infolge ihrer Anstellung im Heer oder 2. auf Befehl des Korpskommandeurs:

a) wegen Krankheit oder Dienstuntauglichkeit;

b) wegen zurückgebliebener geistiger Entwickelung;

c) wegen mangelhafter Führung;

d) wegen nicht pünktlicher Einzahlung des Erziehungsbeitrages oder

3. mit Genehmigung des Korpskommandeurs.

Auf Antrag ihrer Angehörigen können Kadetten jederzeit aus dem Korps entlassen werden, doch dürfen Kadetten, welche nach Eintritt in die Fähnrichsprüfung und vor Erlaß der Allerhöchsten Entscheidung über die Kadettenverteilung aus dem Kadettenkorps auf Wunsch ihrer Angehörigen entlassen sind, nur mit Allerhöchster Genehmigung von den Truppenkommandeuren als Fahnenjunker angenommen werden.

[871] 872. Die Söhne der Offiziere, Lehrer und Beamten des Kadettenkorps sind mit Genehmigung des Kommandeurs des Kadettenkorps zur Teilnahme an dem Unterricht der betreffenden Anstalt zugelassen und von der Erlegung eines Schulgeldes befreit. Sie müssen das zehnte Lebensjahr vollendet, dürfen aber in den Voranstalten das 15., in der Hauptkadettenanstalt das 16. Lebensjahr noch nicht überschritten haben.

In Ausnahmefällen kann der Kommandeur des Kadettenkorps auch andere Knaben gegen Entrichtung eines jährlichen Schulgeldes von 100 Mark zur Teilnahme am wissenschaftlichen Unterricht zulassen, jedoch nur in den Voranstalten.

[872] 873. Anforderungen an die Körperbeschaffenheit der Einberufenen. Beim Eintreffen der Einberufenen im Kadettenkorps werden dieselben ärztlich untersucht.

Wenn sich bei dieser Untersuchung ergiebt, daß die Knaben nicht ihrem Alter entsprechend in der Entwickelung vorgeschritten, oder daß sie mit solchen körperlichen Fehlern behaftet sind, die später ihren Eintritt in das Heer voraussichtlich verhindern würden, so werden sie ihren Angehörigen auf deren Kosten zurückgesandt. Eine vorgängige ärztliche Untersuchung der Knaben wird deshalb den Angehörigen zu ihrem eigenen Vorteil empfohlen, wenngleich das entscheidende Urteil des Anstaltsarztes vorbehalten bleiben muß.

[873] 874. Wissenschaftliche Anforderungen für die Aufnahme. Die in Beziehung auf die wissenschaftliche Vorbildung gestellten Anforderungen weist der Lehrplan des Kadettenkorps speziell nach, welchen das Kommando desselben bei Benachrichtigung von der erfolgten Eintragung in die Anwärterliste mitteilt.

Knaben, die den an sie gestellten Anforderungen bei der Eintrittsprüfung nicht genügen, werden ihren Angehörigen, und zwar gleichfalls auf deren Kosten, zurückgeschickt. Es ist also zweckmäßig, sich vor der Absendung der einberufenen Anwärter zu versichern, ob diese die verlangte wissenschaftliche Ausbildung besitzen. Das entscheidende Urteil muß jedoch auch hier der Anstalt vorbehalten bleiben.

[874] 875. Reisevergütung. Den in Stellen mit vermindertem Erziehungsbeitrag oder in Freistellen einberufenen Anwärtern wird eine Reisevergütung gewährt.

[875] 876. Mitzubringende Zeugnisse. Die zur Aufnahme in das Kadettenkorps einberufenen Knaben haben bei ihrer Ankunft in dem betreffenden Kadettenhause dem Kommandeur desselben das Zeugnis über den Erfolg ihres früheren Unterrichts und den Impfschein vorzulegen. Diese Papiere erhalten die Angehörigen nach Einsichtnahme zurück.

[876] 877. Einzahlung der Erziehungsgelder. Die Erziehungsgelder sind in halbjährlichen Raten zum 1. April und 1. Oktober jeden Jahres im voraus und postfrei an die Kassenverwaltung der Hauptkadettenanstalt einzusenden. Nur die Erlegung des ersten Teilbetrages des Erziehungsgeldes, gerechnet vom Monat der Aufnahme einschließlich bis zum nächsten Zahlungstage, geschieht unmittelbar an die Kasse der Anstalt, in welcher der Knabe aufgenommen wird.

Die Einziehung der Erziehungsbeiträge kann durch Vermittelung der Generalmilitärkasse erfolgen:

a) für Angehörige des Heeres und der Marine sowie der Gendarmerie einschließlich der Civilbeamten der Militär- und Marineverwaltung und für solche Personen, welche Pension oder Witwen- oder Waisengeld mindestens in Höhe des Erziehungsbeitrages aus der genannten Kasse beziehen;

b) für Angehörige des Heeres, welche das Gehalt durch Vermittelung der Zahlungsstellen XIV., XV. bezw. XVI. Armeekorps erhalten;

c) für Beamte, welche das Gehalt oder die Pension usw. aus Königlichen Kassen beziehen, insoweit diese Kassen mit den Regierungshauptkassen in einem Abrechnungsverkehr stehen.

Zu den Beamten unter c) gehören:

Landräte, Oberförster, Königliche Gestüts- und Strafanstaltsbeamte, Königliche Universitäts-, Gymnasial- und Seminarlehrer, Königliche Bau- und Bergwerksbeamte, Beamte der Reichsbank und des Rechnungshofes und Regierungsbeamte.

Zu denselben zählen nicht:

Gerichts- und Gefängnisbeamte, Eisenbahnbeamte, Königliche Hofbeamte, die mittelbaren Staatsbeamten, Beamte der indirekten Steuern, der Generalkommissionen und der Post und Telegraphie sowie alle Privatpersonen.

Bei der direkten Einsendung der Erziehungsgelder an die Kassenverwaltung der Hauptkadettenanstalt dient, wenn es sich um Beträge bis zu 400 Mark handelt, der Postschein dem Absender als Quittung.

Für die zum Unterricht zugelassenen Schüler (§ 8) ist das Schulgeld ebenfalls in halbjährlichen Teilzahlungen und im voraus, jedoch jedesmal an die betreffende Anstaltskasse selbst, einzuzahlen.

Die Zahlungen der Erziehungs- und Schulgelder erfolgen unter allen Umständen für den vollen Monat, vom Tage des Eintrittes bis zum endgültigen Ausscheiden des Knaben, ohne Rücksicht auf vorherige Beurlaubungen oder Versäumnisse. Die nichtpünktliche Einzahlung der Geldbeiträge hat die sofortige Entlassung des Betreffenden zur Folge.


Berlin, den 12. Oktober 1899.

Kriegsministerium.

v. Goßler.


[877] 878. Stammliste für Bewerber um Stellen mit vollem Erziehungsbeitrag1.


Des Knaben


sämtliche Vornamen – der Rufname ist zu unterstreichen – und Zuname.

Tag, Monat und Jahr der Geburt.

Geburtsort und Kreis bezw. Bundesstaat.

Welchen Unterricht der Knabe bis jetzt gehabt hat, und wie weit er in demselben vorgeschritten ist.


Verhältnisse des Vaters.


Vorname und Staatsangehörigkeit.

Ob derselbe noch lebt, und wann er gestorben ist.

Angabe seines Dienstgrades oder seines Amtes als Staatsdiener oder seines bürgerlichen Berufes.

Datum des Eintritts in den Militärdienst.

Datum des Eintritts in den Civildienst.

Datum des Ausscheidens aus dem Militärdienst.

Datum des Ausscheidens aus dem Civildienst.

Dauer der Dienstzeit im Militärverhältnis.

Dauer der Dienstzeit im Civilverhältnis.

Angabe besonderer Verhältnisse, es sei im Militär- oder Civildienste oder in anderen Berufsthätigkeiten.

(Angabe, bei welchem Truppenteil er gestanden.)

Welche Feldzüge derselbe mitgemacht, und welche Auszeichnungen und Wunden er darin erhalten hat.

Angabe anderweiter Auszeichnungen.


Weit. Familienverhältnisse.


Konfession des Vaters.

Soll der Knabe in einer anderen Konfession als in der des Vaters erzogen werden, so ist dies besonders zu bemerken und eine schriftliche Erklärung beider Eltern oder der vormundschaftlichen Behörde darüber beizufügen.

a) Die Mutter des Knaben ist eine geborene:

Angabe, ob sie noch lebt bezw. des Sterbedatums.

Vornamen.

b) Datum der Verheiratung.

Weitere Familienverhältnisse.

c) Wohnort (Straße, Nr.) der Eltern oder des Vormundes des angemeldeten Knaben nebst Angabe des Kreises.

d) Anzahl der Kinder (einschl. des jetzt angemeldeten Sohnes) Söhne:/Töchter:

e) Von den Söhnen sind:

im Militärdienst (Angabe der Charge).

im Civildienst (Würde) und anderen Lebensverhältnissen

früher im Kadettenkorps erzogen. Angabe des zuletzt gezahlten Erziehungsbeitrages.

gegenwärtig noch im Kadettenkorps und in welcher Anstalt. Erziehungsbeitrag.

bereits zur Aufnahme angemeldet und in die Anwärterliste eingetragen.

f) Von den Töchtern sind:

verheiratet.

und zwar mit wem? (Angabe des Dienstgrades, des Amtes als Staatsdiener oder des bürgerlichen Berufes.)

In welchem Jahre und in welche Anstalt die Aufnahme gewünscht wird.


........................den.......ten............1......

(Wohnort nebst Straßenangabe.)


Unterschrift des Vaters oder der Mutter

und des Vormundes:


[878] 879. Stammliste für Bewerber um Stellen mit vermindertem Erziehungsbeitrag oder Freistellen.2


Zur Beachtung.

1. Alle in der Stammliste enthaltenen Fragen sind einzeln genau zu beantworten und von dem Vater oder der Mutter und dem Vormunde des Knaben zu unterschreiben.

2. Veränderungen, die sich nach Einsendung dieser Stammliste in den Verhältnissen des Vaters ergeben, sind dem Kommando des Kadettenkorps sofort anzuzeigen.


Des Knaben


sämtliche Vornamen – der Rufname ist zu unterstreichen – und Zuname.

Tag, Monat, Jahr der Geburt.

Geburtsort und Kreis bezw. Bundesstaat.


Verhältnisse des Vaters.


Vorname und Staatsangehörigkeit.

Ob derselbe noch lebt oder wann er gestorben ist.

Angabe seines Dienstgrades, seines Amtes als Staatsdiener oder seines bürgerlichen Berufes.

Datum des Eintritts

a) in den aktiven Dienst. Vollständige Benennung des Truppenteils, in dem er steht oder zuletzt gestanden hat;

b) in das Beurlaubten-Verhältnis.

Datum des Offizier-Patents

a) im aktiven Dienst;

b) im Beurlaubten-Verhältnis.

Datum der Allerhöchsten Kabinetts-Ordre, durch welche der Abschied bewilligt, bezw. die Stellung z.D. erfolgt ist.

Ob mit Pension verabschiedet.

Dauer der Dienstzeit.

a) aktiv, wobei die Kriegsjahre einfach zu rechnen sind.

b) im Beurlaubten-Verhältnis, wobei die Kriegsjahre einfach zu rechnen sind.

Datum des Eintritts in den Civildienst und in welcher Amtswürde.

Aus dem Civildienst getreten und in welcher Amtswürde.

Dauer der Dienstzeit im Civil.

Angabe besonderer Verhältnisse im Militär-, im Civildienst oder in anderen Berufsthätigkeiten.

Welche Feldzüge derselbe mitgemacht und welche Auszeichnungen und Wunden er erhalten hat.

Ob die etwaige Invalidität unmittelbar in Folge einer Verwundung oder Dienstbeschädigung eingetreten ist.

Bejahendenfalls ist eine Bescheinigung des Truppenteils beizufügen.

Konfession des Vaters.

Soll der Knabe in einer anderen Konfession als in der des Vaters erzogen werden, so ist dies besonders zu bemerken und eine schriftliche Erklärung beider Eltern oder der vormundschaftlichen Behörde darüber beizubringen.


Anderweite Familienverhältnisse.


a) Die Mutter des Knaben ist eine geborene:

Angabe, ob sie noch lebt, bezw. des Sterbedatums.

Vornamen.

b) Datum der Verheiratung.

c) Ob die Verheiratung noch während der aktiven Mi litär-Dienstzeit des Vaters geschah.

d) Wohnort (Straße, Nr.) der Eltern oder des Vormundes des angemeldeten Knaben, nebst Angabe des Kreises.

e) Anzahl der Kinder, einschließlich des jetzt angemeldeten Sohnes.

Söhne:/Töchter:

Wieviele sind in selbständigen Stellungen bezw. verheiratet?

f) Von den Söhnen sind:

im Militärdienst (Angabe des Dienstgrades).

im Civildienst (Würde) und in anderen Lebensverhältnissen.

früher im Kadettenkorps erzogen. Angabe des zuletzt gezahlten Erziehungsbeitrages.

gegenwärtig noch im Kadettenkorps und in welcher Anstalt. Erziehungsbeitrag.

bereits zur Aufnahme angemeldet und in die Anwärterliste eingetragen.

g) Von den Töchtern sind:

verheiratet.

mit wem? (Angabe des Dienstgrades, des Amtes als Staatsdiener oder des bürgerlichen Berufes.)


Worauf sich der Anspruch auf Aufnahme in eine Stelle mit vermindertem Erziehungsbeitrag oder eine Freistelle gründet. Diese Angaben sind bei nicht mehr im aktiven Dienst befindlichen Offizieren durch Zeugnisse zu belegen.


Folgende Fragen sind einzeln nach Pflicht und Gewissen (lediglich mit »nein« oder kurzer Zahlenangabe) zu beantworten. In den Angaben sind auch solche Einnahmen mit aufzuführen, die bei der Steuerveranlagung unberücksichtigt bleiben.


a) Ob und für welche Kinder etwa Waisengeld oder Erziehungsbeihilfen aus Staats- oder anderen Kassen bewilligt worden sind.

Betrag der Waisengelder oder Erziehungsbeihilfen für jedes Kind und Jahr. Angabe, auf Grund welchen Gesetzes bezw. von wem u.s.w. dieselben gezahlt werden.


b) Ob der Vater bezw. der Stiefvater oder die Mutter bezw. die Stiefmutter des Knaben Gehalt, Pension nebst etwaiger Pensionserhöhung, Witwenpension, Witwengeld oder sonstige Beihilfen aus Staats- oder anderen Kassen beziehen, und in welchem Betrage jährlich. Die einzelnen Beträge sind zutreffendenfalls getrennt anzugeben. Ebenso sind etwa gewährte Stellen- und Dienstzulagen anzugeben (dahingegen bei den Offizieren des aktiven Dienststandes nicht Servis- und Wohnungsgeldzuschuß).


c) 1. Ob der Vater bezw. der Stiefvater, die Mutter bezw. die Stiefmutter oder der Knabe selbst Einnahmen an Renten, Zinsen aus Grundbesitz oder dergl. beziehen (Angabe der Höhe derselben).

2. Oder ob dieselben irgend welchen Zuschuß seitens ihrer Angehörigen erhalten. (In welcher Höhe jährlich?)

3. Auch freiwillige Zuschüsse sind genau anzugeben, bei unbestimmter Höhe in ihrem durchschnittlichen Jahresbetrage.

4. Falls dem Vater oder der Mutter des Knaben der Nießbrauch von dem Vermögen desselben zusteht, ist dieses – zutreffendenfalls mit dem der Geschwister – als Einkommen der Eltern anzuführen.

5. Ferner ist hier anzugeben Einkommen aus Privatbeschäftigung, Erwerb und dergl.

6. Bescheinigte Angabe der Veranlagung zur Staats-Einkommensteuer. Einkommen von ... Mark bis ... Mark.


In welchem Jahr und in welche Anstalt die Aufnahme gewünscht wird.


Ich versichere die Richtigkeit und Vollständigkeit der vorstehenden Angaben.


........................den.......ten..................1......


(Wohnort nebst Straßenangabe.)

Durch die vorgesetzte Behörde des Antragstellers oder durch den Magistrat seines Wohnortes, bezüglich durch den Landrat des Kreises, ist die Glaubhaftigkeit der vorstehenden Angaben zu bescheinigen.

Unrichtige Angaben in dieser Stammliste haben unter Umständen die Nichtberücksichtigung des angemeldeten Knaben zur Folge.


Unterschrift und Amtssiegel.


Unterschrift des Vaters oder

der Mutter und des Vormundes.

Fußnoten

1 Diese Angaben müssen mit der Geburtsurkunde genau übereinstimmen.


2 Diese Angaben müssen mit der Geburtsurkunde genau übereinstimmen.


Quelle:
Baudissin, Wolf Graf und Eva Gräfin: Spemanns goldenes Buch der Sitte. Berlin, Stuttgart [1901].
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