Anno 1698
§ 34

[88] Doch war diese kleine Reise nicht ganz ohne allen Nutzen abgegangen, so daß mich dieselbe hernach eben nicht gereuet hat. Denn wir lerneten etwas aus der Erfahrung, so in die Physic gehöret, welches nicht ein jeder zu lernen Gelegenheit hat. Da wir vom Berge herunter gehen wollten, umgab uns ein dicker Nebel, daß wir kaum einander sehen konnten. Wir wurden davon so naß, als ob wir im stärksten Regen giengen. Wir eilten demselben zu entgehen, und indem wir etwas tiefer vom Berge herunter kamen, so hatten wir formalen [eigentlichen] und würklichen Regen. Ich schloß gleich, daß der Nebel, den wir gehabt, da wir uns höher auf dem Berge befunden, eine pure Wolke müsse gewesen sein; animirte demnach die andern, mit mir schnelle wieder Berg aufzusteigen. Kaum hatten wir solches getan, so befanden wir uns wieder in dem vorigen Nebel. Die Curiosität trieb mich noch weiter. Laßt uns noch höher steigen, sprach ich, ob wir, weil besser [weiter] unten starker Regen, nicht über dem Nebel heitere Luft erlangen können. Das taten wir, und giengen beinahe wieder auf die Spitze, und siehe, da hatten wir den hellesten Himmel, und unter uns sahen wir die formalsten [schönsten] Regen-Wolken. Doch war hier nicht lange zu warten, sondern wir mußten an den Rückweg gedenken.[88] Kamen also abermal in Regen und Nebel; und wann ich mich anders noch auf diesen Umstand recht besinne, so hörte der Regen, der uns den Weg sauer genug gemacht hatte, indem das Wasser häufig [massenweise] den Weg hinab floß, in kurzem auf; doch weil die Wolke sich mochte gesenkt haben, so sahen wir auch alsdenn noch Wolken unter uns, so daß auf solche Weise die Wolken öfters nicht über eine Meile, ja nicht über eine halbe Meile von der Erden erhaben sein können.

Quelle:
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. München 1973, S. 88-89.
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