Berliner Allerlei.

[381] Die aus meinen Erfahrungen hervorgegangene Abwehr der Gedanken an ein »Hereinragen der – Geisterwelt in die unsrige« schloß den zweiten Teil dieser Aufzeichnungen. Den dritten Teil beginne ich mit dem Wunsch, es könne solch ein Hereinragen sich offenbaren bei Hinschau auf einen geistreichen und liebenswürdigen, auch als Schriftsteller vielseitig bedeutsamen Freund, der mir vom Jahre 1821 an vertraulich bekannt war. – Über ihn habe ich jetzt eine düstere, in der Öffentlichkeit dunkel gebliebene Erinnerung möglichst zu lichten, und dies läßt sich einleiten durch die von mir dem »Gesellschafter« (1831. Bl. 155) mitgegebene Anzeige:

»Berlin. Seit einigen Tagen macht eine Nachricht über den bekannten geschätzten Schriftsteller Daniel Leßmannin den gebildeten Kreisen lebhaften Eindruck,[381] so daß wir überall der Frage begegnen: ist es wahr? – und leider hat es sich bestätigt, daß sein Leichnam in der Gegend zwischen Wittenberg und Leipzig gefunden wurde, wohin er, wie alle seine Freunde wußten, zu reisen gedachte, einige Zeit dort verweilen und dann für längere Zeit nach Dresden hinüber wollte. Der Grund seines gewaltsamen Hinscheidens ist bis jetzt völlig unentdeckbar, da er in aller Hinsicht seine Ansprüche an das Leben befriedigen konnte. Ohne äußere drückende Sorge, noch in voller, jugendlicher Kraft, gesund wie irgend Einer, stets in Gleichmuth und voll Humor, wie selten Einer, in seinem ausgezeichneten Talent allgemein anerkannt und geschätzt, von Allen, die ihn näher kannten, geachtet und geliebt – wer vermag da eine Veranlassung aufzufinden, um den Tod zu erzwingen?! – Die deutsche Literatur hat an ihm noch mehr verloren, als bis jetzt sein öffentlicher Ruf weiß, obwohl er ihm sehr günstig war; wir werden dies später näher darlegen. Jetzt sind wir von der Unbegreiflichkeit des Ereignisses so hingenommen, daß bei dem Gedanken an ihn nur die Losung des betrübenden Räthsels uns beschäftigt.«

Der Lösung sich zu nähern, ist an das Jahr 1831 zu denken: es machte sich berüchtigt durch den Antrieb, die längst bekannt gewesene, in alten ärztlichen Büchern geschilderte Cholera noch erschreckender, vermöge des gesteigerten Einflusses der Angst noch gefährlicher und um sich greifender werden zu lassen. Auch in Berlin entstand ein überschwengliches Fürchten und Ratgeben aus verschiedenem Bereich, besonders solcher Warenhändler, die in Hinsicht auf angepriesene Gegenmittel ihre Einnahme erhöhen wollten. Für meine Familie schaffte ich herbei, was als Vorkehrung und Schnellhilfe[382] bezeichnet wurde, erachtete aber bei dem Hauswesen in aller Hinsicht jede Veränderung für unzulässig, und bei uns zeigte sich keine Spur von der Cholera. Andrerseits hatten aber viele alle Besonnenheit so gänzlich verloren, daß sich auf manchen, der von jener Angstseuche ins Grab gejagt wurde, wahrhaft die oft bespottete Verszeile anwenden ließ: »Aus Furcht zu sterben ist er gar gestorben.« Dies auch auf Leßmann bezüglich zu finden, konnte mir nicht einfallen; um so mehr überrascht war ich, als er eines Morgens in mein Arbeitsgemach eintrat, nach dem Gruß eine Mütze in die Höhe schleudernd, sie dann auffangend bei den Worten: »Die hab' ich mir soeben gekauft zu meiner Wanderschaft!« Etwas verwundert kam ich ins Befragen, er äußerte: »Ich bin ein freier Mann, weshalb soll ich der Cholera den Gefallen tun, hier zu bleiben!« – und ich erfuhr nun, daß er fürerst nach Leipzig, dann nach Dresden wolle. Zufolge seiner Angabe entzog er sich also der Cholera, und am nächsten Tage hatte er sich unterwegs erhängt. Um für das Dunkel eines solchen Widersinnes Klärung zu entdecken, war man eifrig bemüht: es blieb jedoch eine unerhellte Aufgabe, und auch ich, obwohl länger als zehn Jahre so innig bekannt mit Leßmann, wie es sich ermöglichte bei seinem gleichlaunigen, von jeder Klage fernen, dadurch stets wie halb verschlossenen Wesen, urteilte nur in Dämmerung. Immer wahrscheinlicher ist es mir dann geworden, daß ihn ein Herzensgeheimnis marterte, er sich zwang, dies zu verbergen, der Gedanke an Selbstmord aber schon längst sein Sinnen durchzog. Für ein Gefühlsverhältnis, mit dem er in Zwiespalt war, sind in den Schriften Leßmanns sehr oft Anstreifungen[383] bemerklich, und die Selbstvernichtung des Lebens greift dabei entweder ein, oder sie ist genähert. – In seinem Nachlaß wurde ein Gedicht gefunden: »Der Musensohn«; dieser ist mit sich und dem Zerwürfnis in bezug auf eine Geliebte so in Zerfahrenheit und Zerfall, daß er mitteninne stürmisch Wein verlangt, und als ihn ein dienender Knabe gebracht hat, er dem dann zuruft:


»Knabe, was steh'st du dabei,

Hole mir Pulver und Blei!

Auf die tötende Hand

Harret die Pistol' an der Wand;

Mit einem einzigen Schusse

Steht der Mensch an des Lebens Schlusse:

Rasch die Kugel durch's Herz,

Fort sind Kummer und Schmerz!

Pulver und Blei,

Der Verzweiflung Retter,

Mitleidiger Götter

Köstlichste Gabe,

Schaff' sie mir Knabe,

Hurtig herbei!«


Die Stimmung Leßmanns sehr bezeichnend ist auch sein, schon am Ende des Jahres 1827 mir gegebenes Gedicht:


»Weihnacht.

Ich wand're hin und wand're her

Die Gassen auf und ab,

Die Gassen sind von Menschen leer

Und stille, wie das Grab.


Doch drinnen in den Häusern wühlt

Der Freude lust'ger Tanz,

Und rings in allen Fenstern spielt

Der hellste Kerzenglanz.


Der heil'ge Christ betritt die Welt

Und klopft erwartet an,

Die Bäume stehen aufgestellt

Mit gold'nen Äpfeln d'ran.
[384]

Die Kinder hält kein Arm zurück,

Sie nah'n dem Heiligtum,

Und staunen mit entzücktem Blick,

Und steh'n vor Freuden stumm. –


Und war ichs ganze Jahr entlang

Nicht auch ein frommes Kind,

Und barg die Trän' im Lebensdrang,

Die heiß vom Aug' mir rinnt?


Mir steigt kein Baum bei Kerzenlicht

Mit gold'ner Frucht empor,

Und keiner Freude Schimmer bricht

Durchs stumm verschloss'ne Tor.


Die Bäume liegen hingestreckt,

Gefallen ist die Frucht,

Und düstren Gram's Gewölke deckt

Des Wand'rers Felsenschlucht.


Wenn meine Wüst' ein Baum belebt,

So steht er nackt und hohl,

Und wenn am traur'gen Zweig was schwebt,

So bin ich's selber wohl.«


Die letzten Zeilen schildern völlig den Anblick, den der Selbstmord Leßmanns darbot; er hatte sich erhängt an einem, weit nach der Landstraße gebeugt hingestreckten Baum, und dessen gleichsames Entgegenkommen ist vielleicht seinen Leidenswirren dringlich auffordernde Anregung gewesen, die unzweifelhaft lange in ihm gehegte Absicht, gewaltsam vom Leben sich zu trennen, an diesem Ort auszuführen. – Über die Beweggründe wurde mir näheres nicht gesichert bekannt, und in meinem schmerzvollen Bedauern, daß der wissensreiche, scharfverständige mir befreundete Mann so mutlos dem Diesseits entwich, wäre über ihn abzuschließen mit der dichterischen Beglaubigung:


»Das Warum wird offenbar,

Wenn die Toten auferstehen.« –
[385]

Die Tat Leßmanns gegen sich selber der Macht des ihn überstürzenden Augenblicks anzurechnen, dies wird meiner Betrachtung auch noch dadurch förderlich, weil er sich eben damit beschäftigt hatte, eine Weltgeschichte des Altertums zu vollenden, und in Leipzig den Verleger suchen wollte. Seine Handschrift, 279 eng geschriebene Seiten, jede hinreichend zu dem Viertel eines Druckbogens, nach der Einleitung beginnend mit der »biblischen Schöpfungsgeschichte«, schließend mit »letzte Kultur der Griechen«, wurde mein Eigentum, ist der Veröffentlichung wert, in der Schlußabteilung aber noch weiter zu ergänzen.

Daß jedenfalls innere Selbstpeinigung Antrieb war zu der Gewalttat Leßmanns gegen sich selber, ist mir stets unzweifelhaft geblieben; des mir dabei Unlösbaren bewußt, fand ich aber dennoch mich veranlaßt, mancher öffentlich schnöden Äußerung manches Abweisende öffentlich zu entgegnen. Davon mag ich hier nichts erneuern, bekräftige es nur: Daniel Leßmann sei des Unedlen nicht zu beschuldigen. In seinen Schriften finden sich auch hinlängliche Andeutungen, um die meinigen als glaubhaft zu betrachten. – Bei alledem mag ich seine letzte Tat nicht rechtfertigen: der Mann, auch wenn er eben nicht mächtiger ist als sein Schicksal, muß ihm standhaft bleiben, in Not und Leid unablässig auf rettende Wendung hoffen und für sie kämpfen.

Wie verwandt mit dem noch nachwirkenden Weh bei Erinnerung an Leßmann nähert sich nun – aus weiterer Vergangenheit – eine Schriftstellerin, Louise Brachmann. Vor mir liegt der Bericht:

»Sie verschwand am 16. September 1822 Abends spät in Halle aus der Wohnung des Professors Schilling;[386] dessen Gattin ihre Befreundete ist, im Nachtkleide. Am 24. September ward ihr Leichnam, mit einem Stein am linken Arm befestigt, ohnweit der hiesigen Steinmühle in der Saale aufgefunden. Die Welt richte mild über ihre Verirrung!« (»Gesellschafter« 1822. Bl. 161.)

Nachdem ich dies gelesen, suchte ich die Briefe der Louise Brachmann, die für meine Zeitschrift mithilflich war, und fand im zweiten – aus »Weißenfels am 29. März 1818« – folgende schwärmerische Zutulichkeit:

»Einige wirklich wunderschöne Beiträge von dem verehrten Herausgeber selbst haben mich innig angezogen und mir den Wunsch nach persönlicher Bekanntschaft erregt, unter anderem das seelenvolle kleine lyrische Gedicht mit dem herrlichen Schluß:


›Herz muß sinken, Geist muß schweben,

Trennt euch eilig Seel' und Herz.‹


Ich hätte mir dies nicht abzuschreiben brauchen, so tief hat es sich mir eingeprägt.« –

Bei diesem überspannten Gefühlsausdruck kam es mir nun in den Sinn: Louise Brachmann müsse schon damals – wahrscheinlich früher noch – den Selbstmord in ihren Gedanken herumgewühlt haben, und durch Nachsuchen fand ich auch im »Damen-Konversations-Lexikon« eingeschaltet: »Die Unglückliche suchte zum zweiten Male die gewaltsame Auflösung, die einige Jahre vorher ein günstig einwirkender Zufall verhindert hatte.« –

Gegen Ende des Jahres 1818 war Louise Brachmann in Berlin und mir in Näherung, ohne hinreichend mir kenntlich zu werden. In ihrer Lebenszeit hatte sie das vierte Jahrzehnt überschritten, und dem Anblick war das Abblühen nicht zu verleugnen. Nach der Selbsttötung[387] hat ihr Helmine von Chezy eine überschwengliche Lobrede geweiht (»Gesellschafter« 1822. Bl. 189), bezeichnet aber das Äußere als »nicht schön, nicht groß, noch vorteilhaft gebaut; gleichwohl lag in ihrer Erscheinung nichts Auffallendes noch Unangenehmes«. – Frau von Chezy verklärt dann die Liebe der Louise Brachmann zu einem Offizier, und ich weiß, daß sie ihm stets Geld zu geben hatte, weshalb sie eifrigst Erzählungen und allerlei schrieb, offenbar aus Naturgabe und mit Geschicklichkeit, die aber im Übereilen litten durch Eingemisch des Handwerklichen in breiter Schwärmerei der Gefühle. Schon im Jahre 1821 konnte sie nicht Geld genug erwerben – wie ich brieflich zu erweisen vermag – und sie ward dann von dem Offizier verlassen. Die Chezy sagt:

»Seit 1821 im Spätsommer, wo ich sie das letzte Mal sah, habe ich über ihr Verhältniß nichts mehr erfahren, und kann mir die Ursache ihres Todes, wenn ich sie nicht überhaupt in der sichtlichen Krankheit ihres Seins suchen will, nicht denken.«

Meinerseits denk' ich, die Ursache läßt sich denken, wenn eine nun Fünfundvierzigjährige noch leidenschaftlich in einen Offizier sich so verliebte, daß dem »Konversations-Lexikon« die Bemerkung zu gestatten ist: »Louise Brachmann ließ sich zu Schritten verleiten, welche bei Freunden und Verwandten keine Billigung finden konnten.«

Friede und Bedauern der Überspannten! – ich hege keine Beschuldigung für die gewaltsam Heimgegangene, wohl aber Mitleid für die Martern einer unfreiwilligen Keuschheit, um so mehr, weil die freiwillige der Louise Brachmann erschwert wurde durch frühzeitigen Umgang[388] mit den Brüdern August Wilhelm und Friedrich Schlegel, in Verbindung mit Friedrich v. HardenbergNovalis«), durch deren Einwirken in mehreren weiblichen Wesen ein Gemisch widerwärtiger Gefühle des Sinnlichen und Geistigen wogte, noch durchzogen von einem schwankenden und schwebelnden Christentum, das selbstsüchtig auf Begünstigung hofft bis zum Wunder. –

Wir müssen der Weiblichkeit zugestehen, daß ihre Verhältnisse im irdischen Leben schwieriger sind als die der Männer, und jetzt mehr als jemals haben sich die Mädchen zu schützen gegen Zustände, die den Gelüsten nach allen Richtungen hin bei den oberen und unteren Schichten des Volks die Herrschgewalt steigern. Dem einen wie dem andern Geschlecht ist einzuprägen: Echte Liebe einigt Kopf und Herz, Denken und Fühlen, Wissen und Glauben, Hoffen und Ausharren. Die höchste Liebe geht nicht hervor aus überwiegendem Körperdrange, sondern aus dem Reichtum des Wohlwollens, wobei man sich sagt: das Geliebte nur haben und besitzen zu wollen, sei auch bei dem überschwenglichsten Ausdruck nichts als aufgeputzte Sinnlichkeit. Davon und nebenher vom Haltlosen der Meinung: weil ich liebe, bin ich liebenswürdig, haben sich vorzugsweise die Mädchen und Frauen zu überzeugen für ihre Schriftstellerei, zu der sie – bei Fähigkeit – ein Recht haben gleich dem der Männer. Jedenfalls ist aber nicht zu vergessen, daß – wegen der geringeren Widerstandskräfte im Gefühlskreise – bei getäuschten heißen Hoffnungen die Kräfte des weiblichen Geschlechts oft minder ausreichend sind; sie müssen frühzeitig gestärkt werden durch die Macht des etwa erforderlichen Entsagens und[389] verklärenden Empfindens. Solche Bestrebung soll dem schönen Geschlecht bei der Schriftstellerei Haupt- und Herzensgrundzug sein, um sich als einzelne und auch im gesamten zu schützen und zu sichern. Wenn aber Mädchen und Frauen nur Tinte verbrauchen für Liebeleigeschichten, schwärzen sie sich an; die dabei entstehende Bildungsbrühe wird meist fleischliche Bestandteile verraten, wird Schwindelkränklichkeit ausbreiten, und aus derlei Liebesgeschichten lernt man von wahrer Liebe, was man aus Räubergeschichten von reinen Sitten lernt. –

Um dies auszusprechen, habe ich – mit vielen unglücklichen Schriftstellerinnen persönlich bekannt geworden – aus der Vergangenheit Louise Brachmann, die auf Irrwegen kein anderes Schicksal finden konnte als Selbstaufopferung, meinem Gedächtnis in die Gegenwart gestellt, wünschend, daß es dem weiblichen Geschlecht in bezug auf ihr Lebensglück, nicht nur in Betracht der Schriftstellerei, etwas nützlich sein möge. –

War ich jetzt angeregt auf eine, wegen verführerischer Schwärmgefühle mißliche Schriftstellerei hinzuweisen, will ich gleich einer verdammenswerten gedenken, und des H. Clauren, bekanntlich ein Buchstabenwechsel mit C(arl) Heun, der in seinem Wirkensgemisch allerlei Larvenspiel anwendete. Möglichst bleibe mir dies fern; ich habe es nur mit dem zu tun, was mich berührte, nachdem er im Jahr 1818, bei seinem Aufenthalt in Dresden, durch einen geachteten Künstler sich mir anbieten ließ zum Berichterstatter für den »Gesellschafter«. Ich ging darauf ein, doch dauerte diese Verbindung nur so lange, bis mir Heun, als ich ihm mitgeteilt hatte, daß ich von dort Neugiers-Fragen empfing, am 12. Januar 1819 schrieb:[390] »Auch hier haben mir Winkler, Friedrich Kuhn, Schilling und Böttiger zu verstehen gegeben, daß die qu. Aufsätze von mir seien; indessen habe ich mit göttlicher Keckheit geleugnet. Ein Gleiches bitte ich auch Ew. Wohlgeboren zu tun. Antworten Sie auf alle Briefe gefälligst, daß die Leute diesmal sich irrten, daß ich zwar früher um Correspondenznachrichten angegangen worden, daß ich es aber hätte ablehnen müssen, weil die Ertheilung derselben zu meinem Verhältniß hier nicht passend sey; so habe ich hier gleichfalls gesagt, und dann stimmen wir hübsch zusammen überein.«

Zu diesem Gewebe von Unwahrheiten war ich keinesweges als Mithelfer dienlich; meinerseits brauchte ich ja jedem Ausforscher nur zu sagen: ich hege zwar den Grundsatz: es wäre am besten, wenn jeder dem, was er öffentlich über andere verbreiten will, seinen Namen mitgäbe; da jedoch dieser Grundsatz nicht überall anerkannt, die Namenverschweigung bei dem Zeitschriftwesen gültig ist, muß auch ich sie gelten lassen. – Jene briefliche Zumutung machte mir aber den Hofrat Heun verdächtig in bezug auf die Berichtsendung, um so mehr, weil jenem Schreiben eine, mir zum Abdruck eingesendete Schmähschrift gegen Friedrich Kind beigelegt war hinsichtlich der berüchtigten Streitsache in betreff des von diesem herausgegebenen »Taschenbuch zum geselligen Vergnügen« und Claurens »Vergißmeinnicht«. Die erwähnte Schmähschrift, der ich den Abdruck versagte und später andern Orts verhinderte, blieb, nachdem ich alle weiteren Heun-Claurenschen Beiträge für den »Gesellschafter« abgewehrt hatte, in meinem Besitz, als merkwürdiges »Autograph«, und es soll auch »Autograph« bleiben.[391]

Als Heun nach Berlin kam und sich bei mancherlei Wittgensteinschen Einflüssen gebrauchen ließ, auch auf kurze Zeit Vorstandsverwalter für die »Preußische Staatszeitung« war, verhütete ich mir sorgsam jede persönliche Näherung. In bezug auf seine Schriftstellerei machte sich zufolge meiner Stellung das Nichtbeachten untunlich; da ist ihm in glimpflicher Haltung die Wahrheit gesagt worden, wobei nicht geleugnet werden durfte, daß Clauren die Lesermenge, zahlreicher die weibliche Hälfte, durch seine mit Lüsternheit spielenden Erzählungen so für sich gewonnen hatte, wie früher August Lafontaine in auch überschwenglicher, aber dennoch besserer Leitung. An diesen Gegensätzen – auch des Gesinnungslosen und Biederhaften – wären zugleich die damals zeitgeistigen Gegensätze im Sinnlichen zu erläutern; dazu kann der »Gesellschafter« (1827. Bl. 38) etwas andeutend sein:

»Wir möchten den H. Clauren, wie weiland der Kaiser des heiligen römischen Reichs tun mußte, eine Wahlkapitulation beschwören lassen. Da wir kein Recht haben zu fordern, wollen wir die Bedingungen bittweise vortragen.

Erste Bitte. H. Clauren möge sein Manuskript vor dem Abdruck einem sinnigen Freunde oder einer zartfühlenden Freundin zur Zensur übergeben, mit dem vollen Recht, alle schlüpfrigen Stellen recht dick zu streichen. Es ist eine Zensur, für ihn die heilsamste, da viele der gewöhnlichen Zensoren leider die Unsittlichkeiten, als unpolitische Sünden, durchlassen. – Zweite Bitte. H. Clauren möge uns etwas Abwechslung gönnen, nicht immer wieder dieselben Stereotypfiguren vorbringen. Sein Geist wird gewiß noch die reichste[392] Mannigfaltigkeit in der Charakteristik finden, wenn er nur fortfährt, seine Beobachtungen aus dem Leben zu schöpfen und nicht das bequemere Schöpfen aus sich selbst vorzieht. – Dritte Bitte. H. Clauren möge nicht so sehr den ersten besten Stoff aus der Luft aufgreifen, um nur sein ›Vergißmeinnicht‹ zu füllen, sondern seine Erzählungen tiefer anlegen, welches ihm, bei aller scheinbaren Leichtigkeit derselben, doch einigemal ungemein ansprechend gelungen ist. – Vierte Bitte. H. Clauren möge nicht so gesucht die Gelehrsamkeit bei den Haaren herbeiziehen, sondern der Wahrheit und Natur in ihrer edlen Einfachheit stets das höchste Recht einräumen.« – »Ach, wir hätten wohl noch manche Bitte, vor allem die: daß er so recht geläutert und gereinigten Geistes unter uns erscheine!« –

Und nun weiche im gesamten von uns auch in der Schriftstellerei jeder unsaubere Absichtsbetrieb, dessen Inhaber als Höflinge der Gelüste so eitelvoll in sich verliebt werden, daß sie nicht vermögend sind, sich achtend zu lernen! –

Einigermaßen stets mit meiner Willigkeit von der Zeitfolge gelenkt, sei jetzt an Karl Immermann gedacht, der sich mir im Jahre 1822 näherte durch die briefliche Zusendung:


»Wohlgeborner,

Hochgeehrtester Heer!


Es mag wohl selten seyn, daß ein Autor dem Recensenten durchaus beizustimmen sich gedrungen fühlt, ich befinde mich in dieser angenehmen Lage. In Nr. 127 des Gesellschafters von diesem Jahre steht eine Beurteilung meiner Trauerspiele mit E. unterzeichnet, die mich sehr erfreut, da der Tadel mich trifft, das Günstige[393] aber mich wahrhaft anregt. Ich wünsche meinem Beurtheiler in den anliegenden neueren Versuchen ein Zeichen des Dankes und der Achtung zu überreichen, sehe aber keinen andern Weg zu ihm, als durch Sie, da er Ihnen sich doch genannt haben muß. Wollen Sie die Güte haben, die Anlagen an ihn zu befördern, so werden Sie mich dadurch zu lebhaftem Danke verpflichten.

Mit vollkommenster Hochachtung beharre ich


Münster,

den 29ten September 1822.

Ew. Wohlgeboren

ganz ergebenster

Immermann.«


Die Beurteilung dieser als günstige Erstgeburten gedruckten Trauerspiele Immermanns, geschrieben vor seinem fünfundzwanzigsten Lebensjahr, ist von Varnhagen von Ense; dessen kunstrichterlicher Ausspruch schließe sich hier an, um jenen Brief erklärlich werden zu lassen:

»Literatur. Trauerspiele von Karl Immermann. (Hamm und Münster, bei Schultz und Wundermann. 1822.) – Dieser Trauerspiele sind drei: ›Das Tal von Ronceval.‹ ›Edwin.‹ ›Petrarca.‹ – Unsre jungen Dichter pflegen zuerst mit leichteren Fahrzeugen die See der Literatur zu versuchen, oft nur in kleinen Nachen lange dasselbe Ufer zu berudern; mit großem Schiffe gleich in das hohe Meer geschieht die erste Ausflucht schon selten, aber gleich mit einer ganzen Flotte am seltensten. Hier ist letzteres der Fall; wir hören den Dichternamen Karl Immermann zum ersten Mal, aber gleich in achtbarer Stärke, welche die Aufmerksamkeit nicht erbittet, sondern herausfordert. – Shakespeare und Goethe ragen bei uns in ihrer Geistesverbündung als eine entschiedene Macht hervor, deren dichterische,[394] gebietende und befruchtende Wirkung jedes andere Ansehen überwiegt, obgleich sie – dem deutschen Gemeinwesen gemäß, das nun einmal, zum Heil oder auch zum Unheil, in allen Beziehungen zersplittert ist – viele andere, verwandte, befreundete, ja auch ganz entgegengesetzte und feindliche poetische und unpoetische Mächte neben sich duldet und gewähren läßt. An jene Macht und ihre Richtung schließt sich unleugbar unser Verfasser an, und das müssen wir für sehr gut erklären, da man mit den Mächtigsten und Reichsten immer auch am sichersten und wohlhabendsten ist; grade in diesem Gebiet, und das ist ein Hauptvorzug, ist auch der künstlichen Täuschung und des betörenden Prunkes am wenigsten möglich; hier ist es vor allem Wahrheit und Kraft, und der innere Gehalt muß hier zuletzt denn doch für die äußere Form einstehen. Schiller, Calderon, Tieck, gewähren ihren Anhängern und Folgern in diesem Betreff nicht so vorteilhafte Selbstständigkeit, wie Shakespeare und Goethe den ihrigen; man kann bei diesen, diesen nicht so sehr Nachahmer sein, als bei jenen, die Art und Weise taugt weniger dazu. – Nun aber fragt es sich, in welchem Grad und Range, zu welchem Beruf und mit welchen Kräften gehört der Verfasser diesem Reiche an? Man kann in einem Heere Vielerlei sein zwischen dem Feldhauptmann und Gemeinen! Hier finden sich für unsere Beurteilung allerlei Schwierigkeiten. Es fragt sich nicht nur, was einer jetzt ist, sondern hauptsächlich, was einer nächstens werden wird, und ein Fähnrich, der den Obersten schon in sich trägt, ist ohne Zweifel mehr wert, als ein Hauptmann, der lebenslang Hauptmann zu bleiben hat. Ist unser Verfasser zwanzig Jahr alt, und schreitet fort,[395] so haben wir in ihm unserm Vaterlande einen neuen echten Dichter zu preisen; ist er vierzig Jahr alt, und bleibt stehen, so ist in ihm ein schönes Talent zu beklagen, das eines höheren Ziels würdig schien, ohne dasselbe erreicht zu haben. – Wir können wirklich über die vorliegenden Trauerspiele kein vollständiges Urteil aussprechen. Sie sind nicht das Vortrefflichste, was wir kennen; sie sind weit entfernt von dem Schlechtesten: dabei sind sie aber auch durchaus nicht mittelmäßig. Man sieht, der Platz ist schwierig für sie zu bestimmen; vielleicht wäre unsere Verlegenheit gehoben, wenn wir uns entschlössen, ihnen verhältnismäßigen Anteil an jedem Platze zuzugestehen. Die Unbilligkeit, die dadurch an dem Dichter dennoch ausgeübt würde, hält uns aber wieder zurück. Seine Dichtungen sind Erscheinungen, die bedeutend anregen und vielfach befriedigen, aber in der Befriedigung doch zumeist nur wieder anregen; sie sind Glieder aus einer Reihe, die in noch größerer Folge überschaut seyn will, um erkennen zu lassen, ob die Richtung zum Höchsten, die sich unzweifelhaft offenbart, in Anfang und Ende dieselbe bleibt, und alle etwa abweichenden Seelenrichtungen entweder frühzeitig verläßt, oder zuletzt noch wieder aufnimmt. Es sind Stellen von größter Schönheit darin, eigenthümliche Züge von Tiefe und Wahrheit, wir hoffen, diese Seite nur werde immer zunehmen. – Eine Hauptfrage, ob diese Dichtwerke die Eigenschaft, auf die es hier vor allem ankommt, besitzen, ob sie den Vorzug haben, wahrhaft dramatisch zu sein, müssen wir nach einigem Bedenken denn doch bejahen. Besonders kommt dieser Name dem Trauerspiel ›Petrarca‹ zu, worin das Geschick eines Dichters, nach Goeth's ›Tasso‹, wahrlich kühn und[396] neu und glücklich genug in dieser Gestalt, mit tragischer Lebensfülle dargestellt wird. ›Das Tal von Ronceval‹ steht diesem zunächst an dramatischem Verdienst, zuletzt ›Edwin‹, welches der Entstehung nach leicht das erste sein dürfte. Wenn wir die Frage nach dem Dramatischen nur nach einigem Bedenken bejahten, so mag daran das störende Verhältnis schuld sein, in welchem die Elemente dieser Gattung des romantischen Trauerspiels hier noch zueinander stehen. Sie durchdringen einander nicht, sie walten zu sehr nebeneinander. Das Komische, bei sehr guten, ja ganz vortrefflichen Einzelheiten, ist im ganzen nicht reif, und mit dem Ernste noch nicht zum wahren Humor verknüpft, daher manche Teile und Gestalten sich zuviel heraus nehmen, und dadurch andere Teile und Gestalten zu sehr niederdrücken. Wir haben so viele äußerlich dramatische Werke, die es innerlich nicht sind, die bloß Romanzen bleiben wollten, oder Idyllen. Vor solcher Gefahr, welcher selbst Oehlenschläger nicht ganz und Fouqué am wenigsten entgangen, ist unser Verfasser, der gutes Muts auf diese ausgezeichneten Beispiele blicken darf, denn doch zu warnen! Er vergesse nicht, daß das Drama, nach des Meisters Ausspruch, Charaktere und Taten will, den Konflikt der Notwendigkeit und der Freiheit, die strenge Entwickelung äußerer Handlung aus inneren Bedingnissen, und er wird sich, von starkem Bewußtsein geleitet, fester und sicherer in seinen Anordnungen auf dem erwählten Gebiete des Dramatischen, ja des Theatralischen – welches nicht getrennt werden sollte von jenem – behaupten. Den Lockungen der Scherzgebilde gebe er sich nicht allzu leicht hin! Die Gesinnung, welche die neuere altdeutsche und altnordische[397] Rittertümelei verhöhnt, ist bei einem jungen Dichter gewiß ein gutes Zeichen; aber die Ausfälle gegen Fouqué sind in dem altenglischen Trauerspiele nicht wohl angebracht, und in Betreff des ›Sigurd‹ noch dazu höchst ungerecht. – In Sprach- und Versbildung hat der Verfasser vielleicht nicht sowohl mehr zu lernen, als nur mehr zu wollen. Er wird in strengeren, ausgebildeteren Tönen und Wendungen nur um so eigentümlicher sein. Maß und Ernst werden ihm, da es ihm an Naturkraft nicht fehlt, mehr zusagen, werden ihn mehr fördern, als Ungebundenheit und Eigenmacht; an Freiheit und Laune wird es ihm deshalb nicht ermangeln; je weniger sie abgesondert vorkommen, desto schöner kommen sie dem Ganzen zu gut: auch in dieser Beziehung ist ›Petrarca‹ das vorzüglichste unter den gegebenen Stücken. Möge der Verfasser auf diesem Wege fortfahren.


E.«


Mit »E.« hat Varnhagen von Ense viele seiner Mitteilungen für meine Zeitschrift unterzeichnet; infolge jenes Briefes wurde er nun sehr vertraut mit Immermann, und dieser zugleich Mitarbeiter zum »Gesellschafter«, der mehreres enthält, was nicht zu finden in den gesammelten Schriften Immermanns, aber der Bewahrung wert ist.

Sehr vertraut mit den Werken und dem Wirken des nur vierundvierzig Jahr alt gewordenen Immermann wurde auch mein Sohn Anton, der vom Diesseits scheiden mußte nach nur sechsunddreißig Lebensjahren; zu seinem Andenken sei fürerst hier teilweise eingefügt, was er im Hinblick auf Immermann aussprach. Nachdem dessen tiefer Ernst in seinen Trauerspieldichtungen mit vollstem Lobe gewürdigt ist, ist zu lesen:[398] »Die ›Prinzen von Syrakus‹ scheinen den phantastischen Shakespeareschen Lustspielen nachgebildet zu sein, denn sie haben in der Form, der derben körnigen Sprache und der vagen Zerrissenheit des szenischen Gebäudes viel Ähnliches mit denselben, stehen aber freilich an wahrer Innerlichkeit und Lebendigkeit der Handlung wie an Humor weit unter ihnen. Ueberhaupt muß ich bekennen, daß Immermanns Humor mir niemals der echte geschienen; in diesem Lustspiel bewegt er sich gar zu unbekümmert in Unbedeutendheiten, die mitunter sogar trivial werden und eine günstige Wirkung nicht machen. Wo Immermann außerhalb der Tragik, oder im allgemeinen außerhalb des Sentimentalen, wirkt und fesselt, da ist es durch Satire, Ironie, Persiflage, die oft mit schneidender Schärfe trifft und verwundet. Auch in diesen Mitteln zum Eindruck liegt, wenn sie mit solcher Kraft und solchem Adel gehandhabt werden wie von unserm Dichter, eine geistige Erhabenheit über das Leben und Treiben der Welt, aber freilich mischte sich damit das persönliche Element des Zorns und Ärgers oder des Gefühlkampfes und Schmerzes. Ironie und Satire können auch Zeichen eines kräftigen, durchleuchteten Geistes sein, der die Wahrheit in ihrer ewigen Form erkannte und die Zufälligkeiten und Irrtümer der Welt von solchem Standpunkt aus züchtigt; sie sind deshalb treffliche Waffen des realen Nutzens, indem sie die Wirklichkeit dem Fortschritt entgegentreiben, aber sie selbst sind affiziert, sind identisch mit der Unbehaglichkeit des Daseins. In dieser Weise, oft großartig in ihren Motiven, streitet die komische Muse Immermanns. Was ihr aber fehlt, das ist die hoheitvolle Ruhe, die freie Idealität des Humors, der seinen Gegenstand durch[399] die objektive Darstellung desselben, ohne ironisierendes Zutun, in seiner ganzen Bloße zeigt, und, wenn auch begeistert für die Idee der Wahrheit und Schönheit, wenn auch ebenso in als über der Wirklichkeit, sich stets die philosophische Festigkeit erhält, das unerschütterliche Wissen von der Notwendigkeit des unausgesetzten Streites zwischen Ideal und Wirklichkeit, welcher eben der Inhalt der Idee ist und ihren Fortschritt gebiert. Es ist ein geistesklares Lächeln, dieser Humor, ein Lächeln über die seltsamen Sprünge der Parteien und Zwecke, die doch alle nur dem einen großen Zweck der Weltgeschichte dienen. Diesen Humor, wie gesagt, habe ich in keinem Werke Immermanns gefunden, dagegen oft die kräftigste Satire, die wirksamste Ironie, die sich am bedeutendsten im ›Münchhausen‹ kund gegeben.« – – – »Die vortreffliche Abhandlung über den rasenden Ajax des Sophokles ging, wie Immermann selbst in den Prolegomena dazu sagt, aus dem Wunsche hervor, den Irrtum mit zerstreuen zu helfen, daß die Theorie des alten Dramas auch unabänderlich für unsere Dramatik gelten müsse. Nachdem er zuvörderst die Fabel erzählt und ihre Auffassung durch den Dichter, die als ganz und nur dem griechischen Geiste entsprechend nachgewiesen wird, beurteilt, dann die Behandlung, die Skulptur in der Poesie, welche er fast ausschließlich der antiken Poesie zuschreibt, betrachtet, ferner das tragische Gesetz überhaupt und die tragische Ironie, mit stetem Hinblicken und Anwenden auf die Poesie der Neuzeit, geistvoll erläutert, kommt er zu der Frage: ›Ist eine Nachahmung der antiken Tragödie möglich?‹ die er entschieden verneint. Er weist nach, wie der Entwickelungsgang des modernen Dramas ein so durchaus anderer[400] als der des antiken, daß notwendig auch ein anderes Resultat sich herstellen mußte, und schließt mit den Worten:

›Die Frage, ob Nachahmung der Alten im echten Sinne schon stattgefunden habe, ob sie überhaupt möglich sei? muß demnach verneint werden. Unser Trauerspiel ist ein anderes Gewächs als ihre Tragödie. Wir opfern alle Vorteile auf, die uns die epische Seite darbietet, den Reichtum und die Mannigfaltigkeit der Handlung, die Darstellung alles dessen, was nur eine breite und bequeme Form in sich aufnehmen kann; die Effekte der poetischen Färbung, die musikartigen Wirkungen der Dichtung, bekommen aber dafür nicht das mindeste zurück, da wir mit den Augen der Griechen die Verkettung der Dinge nicht mehr betrachten können, mithin von der Stoff uns ganz anders entgegenkommt. Alles Äußere und Innere, was bei ihnen die Form schuf, fehlt, und der unerläßliche Chor wird, wenn wir ihn nachahmen, zur bestandlosen Fiktion, die Schicksalsidee aber, welche die Formel der alten lyrischen Anschauungs- und Darstellungsweise ist, muß die wunderlichsten Entstellungen erleiden, um als Helotin dem modernen Poeten das Wasser kümmerlich auf die Räder zu tragen, womit er sein tragisches Mühlenwerk treibt. Es scheint daher richtiger zu sein, wenn wir den ehrwürdigen Nachlaß verschwundener Zeiten ohne die Anmaßung, ihn vermehren zu wollen, betrachten, und unsre Kraft daran stärken, um desto frischer die uns gesetzten Preise zu erkämpfen. Denn das ist eben alles Schönen Natur und Würdigkeit, daß es fort und fort den Stachel der Begeisterung in fähige Seelen drückt und neue Geburten der Schönheit hierdurch in ihnen zu erzeugen niemals ermattet.‹[401] Ja, diesen schönen Beruf, den Immermann in den letzten Worten ausspricht, teilen die Meisterwerke der Alten mit den Meisterwerken aller Zeiten, und der Dichter soll nicht versäumen, auch in die Welt der Antike zu steigen, um ihre Große zu erkennen und zu würdigen, aber er kehre zurück, ein Bürger der neuen Welt, die im germanischen Elemente sich entwickelt und gebildet. Vor allem aber sollten die Theater sich hüten, eine untergegangene Welt, deren Anschauung nur dem Eingeweihten, demjenigen, der sie in ihren Ursachen und Wirkungen begreifen kann, Früchte trägt, der Leitung begehrenden und bedürfenden Masse gegenüber ins neue Leben zu rufen. Jedes Institut, auch das der Kunst, muß in der Gegenwart stehen und – wenn es sich zweckgemäß Einfluß auf allgemeine Bildung zueignen will – die Lebenstriebe der eigenen Zeit anerkennen, sie in ihren Talenten pflegen und zur Geltung bringen. Darum fort mit der antiken Tragödie von der modernen Bühne, an ihrer Statt herbei mit den Heroen der neueren und neuesten Zeit, und Aufmunterung, Unterstützung den Talenten der Gegenwart.« (»Gesellschafter«. 1840. Bl. 144.)

Daß sich durch den Brief Immermanns vom Jahre 1822, und durch Befreundung mit ihm, Varnhagen von Ense, den ich hier ein wenig mit schildere – meiner Zurückschau begegnet er später nochmals – in der Offenheit des Urteils nicht stören ließ, bezeugte er unter anderem im Jahre 1826 bei seinem Bericht über das Trauerspiel »Cardenio und Celinde.« Da ist gleich am Anfange zu lesen:

»Der Verfasser, welcher vor fünf Jahren mit drei Trauerspielen seine dichterische Laufbahn sehr bedeutend[402] begann, und seitdem durch mehrere würdige Werke sich auszeichnete, hat in diesem neuesten einen abermaligen Fortschritt bekundet, der ihn entschieden auf eine Stufe stellt, welche keiner der vielen gleichaltrigen Mitstrebenden in diesem dramatischen Fache bis jetzt erreicht hat. Diese Anpreisung geben wir um so zuversichtlicher und unparteiischer, als grade das gegenwärtige Trauerspiel, welches sie veranlaßt, uns auch zu nicht geringem Tadel nötigt. Unser Dichter verbindet mit Kraft und Fülle der Dichtung eine Eigentümlichkeit derselben, welche durch Annäherung an große Muster keinesweges gefährdet ist, in Nachahmung überzugehen. Im Gegenteil, sie hat sich mehr zu hüten, daß sie nicht, durch übergroßes Festhalten an sich selber, ihre ursprünglich freie Gestalt verliere, und in Eigensinn ausarte. Der Dichter bedarf, wie jeder im Leben wahrhaft Tätige, zu seiner größeren Selbstständigkeit einer fortwährenden Hingebung derselben, und nur in dem steten Wechsel beider Richtungen wird in der Poesie wie im Leben wahrhaft Großes vollbracht. Wer nichts hinzugeben hat, als ganz und immer sich selbst, der ist zum Nachahmer verdammt, und gehört in aller Weise der Masse an; wer aber zu sehr zurück hält und beharrt, der vereinsamt; beide scheiden aus dem Kreise des eigentümlichen Lebens und Wirkens ab. Die Eigentümlichkeit muß sich hervortretend gleichsam mit der Welt ausgleichen, mit dem umgebenden Leben in Harmonie setzen, erst dann ist sie gelungen sie selbst. Hierin nun, glauben wir, hat Immermann durch das vorliegende Trauerspiel einen großen Erfolg dargetan; wo jener Erfolg noch unvollständig erscheint, darf sich verhältnismäßig unser Tadel anknüpfen.« (»Gesellschafter«. 1826. Bl. 21.)[403] Nach meiner Ansicht haben Varnhagen von Ense und mein Sohn richtig geurteilt über Immermann, dem jedenfalls Gesinnung im ernsten Bestreben für die eigentlichsten Aufgaben der Bühne nicht abzusprechen ist. Zu ihrer beabsichtigten Frischbelebung war er meist auf richtigem Wege, mitunter zu schroff und leidenschaftlich; das hätte sich wahrscheinlich etwas ausgeglichen, wenn nicht bei den meisten Bühnenverwaltungen der Schlendrian Oberherr wäre. Bewiesen hat Immermann unleugbar, daß er in seiner Zeit hätte mehr beachtet werden sollen; wenn er jetzt lebte, würde er seiner dichterischen Richtung nach zu erfahren haben, daß es noch weniger geschähe. – Obwohl er mir zwar persönlich bekannt, dabei aber nicht viel umgänglich wurde, hege ich dennoch auch in dieser Hinsicht für ihn einen angenehmen Eindruck in der Erinnerung. –

Mich hindenkend nach jenen Jahren will ich mir einen Anflug des Erheiternden gönnen in bezug auf den »Wetterprophet« genannten Professor Dietmar, der sich schon von der Zeit seines ersten Schulbesuchs an bemüht hatte um Witterungskunde, sich endlich ganz in diese luftkreisliche Gelehrsamkeit so eingedrungen wähnte, daß er sicher und fest Zukünftiges in diesem Bereich voraussagen könne. Er ließ sich von etwas zufällig Eingetroffenem verleiten, aus »zwanzig Gründen« den Winter 1822 – 1823 als »seltsam gelind«, mit höchstens neun Grad Kälte zu bezeichnen. Dieser Winter drängte sich aber so arg in den Zeitlauf, daß er in Strengigkeit des Frostes für den ebenbürtigen Nachkommen des Winters in den Jahren 1812–1813 zu halten war, jenes Winters, dessen Macht furcht- und schreckbar strafend eingriff in staatsklügliche Raubkriegstaten. Dazu gab[404] der Winter 1822–1823 in Deutschland keine Gelegenheit; Schärfe und Härte überfielen jedoch die von ihrer Voraussicht geblendete Weisheit des Wetterpropheten Dietmar, der andrerseits verständig, auch in mancherlei kenntnisreich war. Es erschienen mehrere Spottbilder, die ihn – als Zeugen für die verheißene, von ihm hartnäckig als bewährt geschilderte Lindigkeit des Winters – darstellten im gelüfteten Nankingkleide, und sein von der Kälte hochrotes Antlitz hatte Eiszapfen an der Nase. Die öffentliche Stimme mischte sich verschiedentlich spöttisch ein, erwähnt sei aber nur noch der bissige Witz eines Theaterbeurteilers. – Als am 2. Januar 1823 das Lustspiel: »Mittel und Wege« (nach Georg Colman und Karl Lebrün) bei der ersten und letzten Vorstellung ausgepocht wurde, gab jener Beurteiler schließlich zu lesen:

»An verschiedenen Orten hat man der entsetzlichen Kälte wegen die Theater geschlossen, in Berlin glaubten indes endlich viele an die Prophezeiung des Herrn Professor Dietmar, mußten aber im Theater sehr bald und fortdauernd in aller Anstrengung mit den Füßen stampfen, so daß eigentlich Herr Karl Lebrün als Märtyrer für die Dietmarsche Wetterweisheit zu betrachten ist.«

Der schon siebzig Jahr alte Witterungsgelehrte geriet nun in dem kalten Winter mehrmals in angreiflichste Hitze, besonders über die ihm brieflich gedruckt zugesendeten Stachelreime:


»Die Kälte stieg auf zwanzig Grad,

Dein Wissen fiel auf Null,

Nun schaffe selbst sich Schutz und Rat

Dein grundgeleerter Schrull.«
[405]

Zu mir wandte sich Dietmar mit einer langen und breiten Handschrift, worin er die Tageskälten durchschnittlich berechnete, was beweisen sollte, sie sei eigentlich doch nicht über neun Grad gestiegen. Mich auf ein solches Ausgleichen seiner Fehlschlüsse, Altersschwäche andeutend, nicht einlassend, empfahl ich ihm zur Beruhigung die Sprichworte: »Es irrt der Mensch, so lang' er strebt«, und: »Nicht irret, wer auf unrechtem Wege umkehrt.« – Ihm etwas zur Tröstung nahm ich später mehrere Aufsätze, meist wissenschaftlichen Inhalts, unterzeichnet »Dietmar« für den »Gesellschafter« an, und in noch elf Jahren seines Erdenlebens (er starb am 20. November 1834) hat er dem Wetter die Freiheit nicht mehr beschränken wollen.

Sind meine Erlebnisse mit dem gutmütigst gemütvollen Dietmar nur geringen Inhalts, ihm wird andenklich nützen, was er im Jahre 1786 in Weimar erlebte. Dort mit vielen Empfehlungen angekommen bei einer »Sommerreise von Halle nach Schnepfenthal« erzählte Dietmar neben noch mancherlei:

»Wieland, dem ich einen Brief brachte, hatte mich mit den Worten entlassen: ›Ich ersuche Sie, wieder bei mir einzutreten, ich will Ihnen das Seltenste von Weimar zeigen.‹ Nach meiner Rückkunft war er eben im Begriff auszugehen, und hatte es hinterlassen, wohin ich ihm nachfolgen sollte. Jetzt eilte er in die Stadt, endlich in den herzoglichen Garten, den man den Stern nennt. Schon in einiger Entfernung erkannte ich vor einem runden Kaffeetischchen bei einem Pavillon unter mehreren Personen den Herzog, den ich einigemal vor Halle einen Teil des preußischen Kriegsheers Revue passieren gesehen. Vielleicht – dachte ich – will mich[406] der Hofrat Wieland dem Herzog vorstellen –! In dieser Ungewißheit blieb ich allmählich zurück, und aus einem schattigen Baumgang, in welchen ich meine Zuflucht nahm, trat jetzt ein Gartenknecht mit der Harke auf der Schulter und folgte dem Hofrat Wieland auf seinem Wege nach. Dieser, in der Meinung, daß ich ihm nachfolge, erklärt dem Herzog, daß er das Vergnügen habe, Sr. Durchlaucht einen Kandidaten aus Halle, der Garves Schüler gewesen, vorzustellen. – ›Wien? meinen Gartenknecht? Einen solchen Kandidaten habe ich in diesem Menschen nicht vermutet.‹ Bertuch, Goethe, Musäus usw. singen an zu lachen und Wieland sah sich verwundert um bei den Worten: ›Ich habe doch einen fremden jungen Mann –.‹ ›Wahrscheinlich verloren!‹ fiel der Herzog ein. ›Ist es etwa‹ – auf einen hohen Baum zeigend – ›Der da oben?‹ Ich war nämlich unterdessen auf einer Schneckentreppe, die an und unter einer Linde bis auf deren Gipfel hinausgebaut war, zur höchsten Stufe gestiegen, wo mich der Herzog erblickte und durch einen Diener zum Kaffee einladen ließ. ›Hätte ich Sie nicht auf dem Baume entdeckt,‹ sagte lächelnd der Herzog, ›so glaube ich, der Hofrat Wieland hätte Sie nie wieder gefunden. Er hat mir gesagt, Sie wären ein großer Kinderfreund: bei ihm finden Sie Gottes Segen. Vor zehn Tagen, am neunten Juli, hat er schon wieder taufen lassen; war's nicht ein Sohn?‹ – ›Verzeihung, eine Tochter.‹ – ›Und heißt?‹ – ›Auguste Friederike Wilhelmine.‹ – ›Ist katholisch?‹ – ›Wenn Euer Durchlaucht Oberhofprediger Herder es ist, der sie getauft hat, Ja.‹

›Sind Sie zum erstenmal in Weimar?‹ wandte[407] sich der Herzog wieder zu mir. – ›Nein, Euer Durchlaucht; vor zwei Jahren kam ich auf einer Reise von Kassel hier durch, als der König von Schweden1 seine Reise nach Italien machte.‹ – ›Haben Sie ihn gesehn?‹ – ›Gewiß, und auch gesprochen.‹ – ›Wo und was?‹ – ›In Erfurt. Er stieg ab im Gasthause zum römischen Kaiser; wo ich mich eben befand, und speiste da zu Mittag.‹ – ›Ganz recht. Wie war er gekleidet?‹ – ›Sehr sonderbar. Einen dunkelbraunen Überrock mit hellbrauner seidener Schärpe, schwarze Schuhe, rothe Absätze, und einen großen runden Hut. Sein Minister oder Begleiter hatte dieselbe Kleidungsart. Er reiste, wie ich erfahren hatte, unter dem Namen eines Grafen von Haga. Der König wünschte etwas zu schlafen, und die Polizeibeamten erhielten von ihm den Befehl, das andrängende Publikum zu zerstreuen und ihm zu sagen, daß er nach einer Stunde speisen und jedem erlauben wolle, in Ordnung um die Tafel zu gehn, im Fall man ihn zu sehen wünsche.‹ – ›Und dies geschah?‹ – ›So erfolgte es. Als aber niemand mehr vor der Tür war, trat der König aus seinem Zimmer in den Torweg, wo ich eben stand.‹ – ›Sind Sie aus dieser Stadt?‹ fragte der König. – ›Um Verzeihung, Herr Graf von Haga, ich studiere jetzt in Halle.‹ – ›Wieviel sind Studenten in Halle?‹ – ›Ich glaube vierzehnhundert.‹ – ›Sie machen vielleicht eine Erholungsreise?‹ – ›Um Erziehungsinstitute zu besuchen.‹ – ›Sie wohnen hier im Gasthause? und heißen?‹ – Kaum war der König wieder in seinem Zimmer und ich bei meinem Mittagbrot, als ein großer[408] Diener des Königs zu mir eintrat mit der Frage: ob hier der Kandidat Dietmar logiere? der Herr Graf von Haga übersende ihm eine Flasche Champagner und ließe ihm Glück auf Fortsetzung seiner Reise wünschen! – Dies nahm ich dankend an, erwiderte einen gleichen Wunsch, und leerte die Flasche, aus Mangel besserer Bekanntschaft, mit dem Markör.«

»Das gefällt mir!« sagte der Herzog. »Nun kommen Sie, ich will Ihnen meinen Garten zeigen; wenn Sie zurückkommen, hoffe ich Sie wieder im Stern zu sehen, und Sie erzählen mir dann, wie Sie das Salzmannsche Institut gefunden haben.«

Nach meiner Rückkunft von Schnepfenthal stattete ich, an demselben Orte im erwähnten Garten, den Bericht über das Erziehungsinstitut dem Herzog von Weimar ab, und beim Weggange äußerte ich, Musäus gegenüber, Bedauern, den berühmten Goethe nicht gesprochen zu haben. – »Das können Sie noch verbessern!« meinte Musäus. »Wenn Sie jetzt zu ihm gehn, will ich Sie begleiten. Melden Sie sich als der Studiosus, den er im Stern, vor acht Tagen, auf der Linde gesehen hätte, dann nimmt er Sie gewiß an. Der Salto mortale auf den Lindengipfel hat ihm gefallen, und wir haben Ihre damalige Standeserhöhung sehr belacht.« – Unter der von Musäus angeratenen Adresse ließ ich mich bei Goethe anmelden.

»Sie kommen von Ihrer Schnepfenthaler Reise zurück?« fragte mich der damals noch in der Blüte seines männlichen Alters stehende Goethe. »Haben Sie Ihre Wißbegierde befriedigt?« – Ich erzählte ihm alles, was mich von dem Salzmannschen Institut interessiert hatte. Mein Vorschlag, den ich dem Professor[409] Salzmann getan, die Naturgeschichte den Kindern in den Abendstunden mittels einer Laterna magica zu lehren, gefiel ihm besonders. – »Er hat einen Bruder in Erfurt, der ein geschickter Tiermaler ist« – erwähnte Goethe – »der könnte ihm zu diesem Behuf die unvernünftige Welt auf Glasmalen.« Dann fügte er hinzu: »So wahr und gut es wäre, den Kindern frühzeitig Geographie zu lehren, so bin ich doch der Meinung, daß man mit den nächsten Umgebungen der bildenden Natur zuerst anfangen müßte. Alles, was auf ihre Augen und Ohren Eindruck macht, erregt ihre Aufmerksamkeit. Sonne, Mond und Sterne, Feuer, Wasser, Schnee, Eis, Wolken, Gewitter, Tiere, Pflanzen und Steine sind die besonders wirksamsten Eindrücke auf das kindliche Gemüt. Kinder haben Mühe, die von Menschen gebildeten Formen von den natürlichen Gestalten zu unterscheiden, und es wäre nicht zu verwundern, wenn sie den Vater fragen: wie machst du die Bäume?« – – –

Goethe fragte mich auch: »Was haben Sie von meinen Schriften gelesen?« – »Werthers Leiden.« – »Welchen Eindruck machte seine Leidenschaftsgeschichte auf Sie?« – »Ich fand seine Empfindung für Lotte so rein menschlich, daß ich ihm alles verzeihen konnte, was er fühlte, sprach und tat.« – »Haben Sie auch schon geliebt?« – »Ich kann es nicht leugnen. Im Alter von einundzwanzig Jahren kam ich in die Nähe einer schönen Wittwe, für die sich alle Gefühle in mir regten, aber Verhältnisse hinderten mich, ihr meine Zuneigung zu gestehen. Ich verehrte sie, nur in ihrer Nähe befand ich mich wohl; aber – ich sah die Unmöglichkeit, ihr die Unruhe meines Herzens zu offenbaren.« – »War sie[410] schön?« – »So fand ich sie, und man sagte mir, daß sie in ihrem unverheirateten Stande das schönste Mädchen in der ganzen Umgegend gewesen wäre.« – »Wissen Sie wohl, daß das Herz Geheimnisse hat, wovon der Verstand nichts weiß?« – »Das hab' ich schon öfters eingesehen, aber nicht mit Worten auszudrücken verstanden.«

»Wissen Sie: Le paradis est pour les âmes tendres, et condamné sont ceux, qui n'aiment rien.«

»Davon bin ich überzeugt, aber so glücklich die Liebe macht, so viele Leiden und Schmerzen führt sie auch mit sich. Ich habe die schöne Stelle memoriert, welche mir in Ihrem ›Werther‹ gefiel.«

»Und welche war es?«

»Wer hebt den ersten Stein gegen das Mädchen, das in einer wonnevollen Stunde sich in den unaufhaltsamen Freuden der Liebe verliert? Unsere Gesetze selbst, diese kaltblütigen Pedanten, lassen sich rühren, und halten ihre Strafe zurück.«

»Die ganze Theorie des Anstandes läßt sich auf den unsichern Grund des Vorurteils zurückführen. Es gibt allerdings Situationen des Lebens, in welchen das Herz beredt und der Mund verschwiegen ist. Ja das Herz ist sogar in Furcht, seine kleinen aber heftigen Bewegungen zu verraten, und, um nicht in diese Gefahr zu kommen, wählt das furchtsame Herz die Verschwiegenheit. – Ich habe mich noch nie mit einem jungen Manne, der eben die Universität verlassen, so ernsthaft unterhalten.« –

Sich selbst fiel Goethe abweichend der Art in die Rede, und ich erwiderte:

»Verzeihen Sie, ich bin schon siebenundzwanzig Jahr alt, bin spät auf Universitäten gegangen.«[411] »Ost quälen mich Durchreisende mit langweiligen Besuchen, und da ich mich jetzt mit der Osteologie beschäftige, so lege ich ihnen gesammelte Knochen vor; das erregt den Besuchenden Langeweile, und sie empfehlen sich. Ich habe bei Ihnen diese Vorlage vergessen.«

Begreiflich waren dies für mich Abschiedsworte, und als ich dann zu Musäus zurückkam, erzählte ich ihm, wie freundlich mich Goethe aufgenommen, erwähnte auch die Unterhaltung über »Werthers Leiden« und die Passion der Liebe.

»In diesem Punkt ist er unübertrefflich!« sagte Musäus. »So seine Kenner des menschlichen Herzens finden sich selten.«

»Goethe ist ein kräftiger, robuster Mann, wird uns alle überleben; aber was sagt er vom Tode und ewigen Leben?«

»Davon hab' ich ihn nie sprechen hören. Er hängt mit ganzer Seele am Leben, das er für eine schöne Gewohnheit hält. Unsern Herder hörte ich darüber sprechen, habe seine Worte, um sie nicht zu vergessen, aufgeschrieben.«

»Könnten Sie mir diesen Schatz nicht mitteilen?«

»Warum nicht!«

Musäus suchte unter seinen Papieren, fand, was ich wünschte, und ließ mich diesen Ausspruch abschreiben:

»Sterben heißt aufhören zu leben. Eine Uhr, deren Feder noch Spannkraft hat, bleibt, wenn die Räder abgenutzt und die Spindellöcher ausgelaufen sind, der Feder ungeachtet, stehen. Hat das Herz noch alle Lebenskraft, die äußern Teile und die ersten Wege aber sind abgebraucht, dann steht die Maschine still. Wenn das Gedächtnis schwindet, die Phantasie noch ihre Wirkung[412] äußert, wenn angenehme Bilder vor die Seele treten, und große Müdigkeit den Schlaf herbeiführt, wenn Träume beglücken und tiefer Schlaf die Augen deckt, wenn wir von sinnlichen Eindrücken nichts mehr auffassen, der Puls langsamer und schwächer, der Atem sanfter, tiefer und seltener wird, das Herz sich nur noch einmal hebt, dann – sind wir gewesen. Und doch, wenn sich gleich der Abendblume die Seele schließt, alles um sie her Dämmerung ist – o Tod, o Schlaf! wer dich erfand – erfand der Menschheit Leben!« –

Ist dies Erhellung für Überirdisches? – Herder, Musäus, und Dietmar, von dem nun meine Aufzeichnungen scheiden, können nicht antworten, würden aber wohl mit Denkenden und Fühlenden gleichen Sinnes sein in Betracht einer andern Frage: Wird das Geistige, die Seele, nicht genährt mit Wahrheit, das Herz nicht erwärmt für Edles in Saat und Tat, – welcher Himmel, welcher Lichtkreis könnte ungetrübte Seligkeit geben? –

Auf anderer Seite meines Lebensganges hatte ich im Jahr 1818 ein wenig zu kämpfen wegen der mir nie sichtlich gewordenen, von Toren für eine Oberhofmeisterin der Weisheit gehaltenen Frau Juliane von Krüdener. Bekanntlich war sie einst die so weit Erhobene, daß sie drei Gekrönte in ihrem Pariser Betsaal vorbereitete zur sogenannten »heiligen Allianz«, die aber aus ursprünglicher Dreieinigkeit bald vielseitige Uneinigkeit entwickelte. – Früher, in den Unheilsjahren 1806 bis 1809), soll Frau von Krüdener angeblich auf die Königin Luise von Preußen durch biblische Tröstungen eingewirkt haben in Hinweisung auf die allwaltende, ewig herrschende Segensmacht. Nach der Rückkehr des[413] königlichen Paares habe ich in Berlin mehrmals erfahren, daß Hofherren die damals gebräuchlich gewordene Staatsfrömmelei vom Rededunst der Frau von Krüdener sich hatten steigern lassen. – Nun war zu Anfang des Jahres 1818 die nach ihrer Einbildung »zur Himmelsbotin Auserwählte« in Leipzig, und Berichte von dort für meine Zeitschrift hatten eine andere Stimmung, als jenen Hofherren zusagte. Erzählt ward von meinem Berichterstatter unter anderem:

»In Gesellschaft einiger Freunde hatte ich Gelegenheit, Frau von Krüdener zu sprechen. Wir wurden nach dem Hotel de Saxe geführt, wo die wandernde Priesterin in der dritten Etage wohnt. Bei dem Eintreten fanden wir ihre Tochter, Frau von Berkheim, welche von der Kürüdener selbst die ›Vollendete‹ genannt wird. Der Kaplan Kellner saß schreibend im Zimmer; er, der oft sagt: ›er sei ein großer durch Frau von Krüdener erleuchteter Sünder‹, sieht einem Sünder noch ziemlich ähnlich; man begreift bei seinem Anblick: daß man ihn in dem Lande, wo Lavaters ›Physiognomik‹ entstand, nicht leicht für ein gutes Wesen halten konnte. – Artig empfangen, waren die gewöhnlichen Verlegenheitsgespräche bald im Gange, endlich trat Frau von Krüdener ein, und nach einigen gleichgültigen Worten über ihre Reise ward die Unterhaltung sogleich religiösen Inhalts. Länger als eine Stunde sprach sie mit vieler Salbung in Art der Herrenhuter; ich glaube aber: der Glaube mußte dabei zum Verständnis helfen. Der Vortrag kann erleuchtet gewesen sein, das begriff ich vielleicht nicht, daß er aber selten klar genannt werden konnte, das mein' ich begriffen zu haben. Die Verderbnis der Menschen im allgemeinen,[414] der ›laue‹ Protestantismus und der ›kalte‹ Katholizismus, ferner die Härte der Reichen gegen die Armen waren die Texte zu den Reden. Sie erhob dann große Klagen gegen die Schweiz, und gab von dieser eine Schilderung, welche wohl manches Wahre, doch auch gewiß viel Übertriebenes enthielt. Einige patrizische Familien, sagte sie, drücken dort alles zu Boden, die Reichen lassen vor ihren Augen die Armen Hungers sterben, die Sündhaftigkeit ist grenzenlos, besonders durch die vielen ›Fabrikmenschen‹ veranlaßt. Vor drei Jahren, sprach sie weiter, wurde mir die große Hungersnot offenbart, ich habe gewarnt und bin mit Verachtung behandelt worden. In so hohem Grade, als sie erfolgte, habe ich jedoch die Teuerung nicht vermutet und daher manchem abgeraten, sein Vaterland zu verlassen; doch, da Gott endlich diese harte Strafe sandte, verließen mehr als achtzehntausend Familien ihre Heimat. Ein großer Teil ist zwar umgekommen, doch – hier hob sie ihre Augen gen Himmel – sie starben bekehrt. Die Nachrichten, welche ich jetzt aus der Schweiz habe, bestätigen, was ich bei meinem Abschiede sagte: das Nahen einer gänzlichen Anarchie, denn der Arme kann sich diese Bedrückungen ferner nicht gefallen lassen. Überhaupt steht dem Weltgebäude eine große Revolution bevor, die ›schmelzen den Gletscher‹ sind die Vorboten. – Als wir bei diesem Anlaß die Stürme in Indien erwähnten (Frau von Krüdener liest keine Zeitungen!), da rief sie: ›Hört, hört!‹ – als wäre sie im englischen Parlament. – Jetzt kamen Klagen über die Behandlung, welche sie auf ihrer Reise erfahren. ›Von Stadt zu Stadt‹ – berichtete sie – ›bin ich von Bewaffneten begleitet worden, in mehreren Orten, selbst in Schmalkalden,[415] wo doch auch ein heiliges Bündnis geschlossen ist, wurde mir der Eingang verwehrt.‹ – Wir erhielten dann die Mitteilung: was sie, um des sündhaften Zeitalters willen, neuerdings an verschiedene Potentaten geschrieben habe, und als wir endlich selbst zum Scheiden Miene machten, wurden wir mit einem religiösen Gruße entlassen. – Meine Meinung über diese Dame ist: Sie hat einst Aufsehen gemacht und möchte es ferner machen; sie will stolz sein können auf irgendetwas und wär' es auch auf Verfolgung; sie hat unbezweifelt Kenntnisse, über welche man früher ihr schmeichelte, so glaubt sie ihre geistigen Kräfte erweiterter als sie sind, und füllt alle Lücken mit Phantasien, wie sie überhaupt nach allem greift, was ihren Ideen dienen kann, und nichts ist ihr so unwahrscheinlich, daß sie den Glauben versagte, wenn es nur irgend zu ihren Ansichten taugt. Sie ist voll Schwärmerei der Leichtgläubigkeit, und wenn ein tieferer Geist seine Erfahrungen nach innen wendet, um für sich eine ungestörte Friedlichkeit zu gewinnen, so drängt sich ihre sichtbare Oberflächlichkeit stets nach außen. In einem Kreise, der ihr angehört, möchte sie mit diesem Wesen unschädlich schalten können, als Rednerin zum Volke kann sie nicht füglich geduldet werden, da es gegen alle Ordnung streitet, und da die Masse natürlich das, was die Lehrerin schon nicht verständig gibt, arg mißverstehen muß. So wünschen wir denn von Herzen, daß ihr Leben aus dem Schwindel zu einer festen Haltung kommen möge, was am schnellsten geschieht, wenn sie über die Schranken der Weiblichkeit einmal tief nachdächte, statt daß sie sich bei ihrem jetzigen Vorhaben alles Denkens zu enthalten sucht.«

Dieser Darlegung, dem »Gesellschafter« (1818. Bl. 7)[416] mitgegeben folgte noch eine (Bl. 18), von der ich nur den Schluß erneuere:

»Sie eiferte in einer versammelten Gesellschaft wieder viel gegen die Philosophen und alle diejenigen, welche auf Verstand und Wissen etwas geben. Auch von bevorstehenden göttlichen Strafen sprach sie wieder, die, soviel man begreifen kann, durch die Türken in Erfüllung gehen werden. Wie nahe diese sein sollen, geht aus folgender Äußerung von ihr hervor. Als nämlich jemand zu ihr sagte: daß, wenn ihr Aufenthalt hier sich vier bis fünf Monate später ereignete, es ihm zum Vergnügen gereicht haben würde, sie bei sich auf seinem Gute hier in der Nähe zu sehen, erwiderte sie: ›Das liegt dann wohl schon in Ruinen!‹ – Am Schluß jener Versammlung erteilte sie den sich Enfernenden den Segen. Und so ist denn hier die Erscheinung dieser sein wollenden Prophetin vorüber gegangen, ohne etwas anderes zu bewirken, als in den inflanablen Köpfen einiger wenigen zu dem bereits vorhandenen Zunder noch etwas mehr hinzugefügt zu haben.«

Nach Veröffentlichung dieser Berichte waren etliche jener Hofherren, die früher durch Frau von Krüdener und ihre Überspannung sich hatten geistig enthaupten lassen, gegen den »Gesellschafter« und dessen Herausgeber feindsinnig geworden, und nun erschien noch (»Gesellschafter« 1818. B. 35) folgende


»Apostrophe.

Verstand verleihe, Herr, mir lebenslang!

So laute jedes Menschen Taggebet;

Denn Köstlichers kann er wohl nichts verlieren

Als dieses Kleinod, diese Himmelsgabe,

Das einzige, was ihn vom Tiere scheidet.[417]

Mit Recht ist also, wem der Stern erlosch

In Mitternacht des sturmbewegten Lebens,

Ein traurig Bild des Jammers und des Mitleids.

Doch wer soll den bedauern, der den Gott

In sich mutwillig so verleugnet und verspottet,

Daß der Beleidigte entflieht? Und dennoch

Regt uns ein etwas sich in tiefer Brust,

Ein wunderbar Gemisch von Wehmut und

Von Zorn, wenn eine Stadt, ehrwürdig stets

Durch Wort und Tat für Vaterland und Fürsten,

Wenn sie, die mehrere Jahrhunderte

Dem Dienst der Weisheit Priester hat erzogen,

Die Göttin lästernd, sich mit Toren füllt,

Zusammenströmend aus den eig'nen Bürgern.

Verblendete, seht Ihr die Fesseln nicht,

Die man dem Geiste schmiedet durch ein Weib,

Das Pfaffenlist und Pfaffentrug erwählt,

Europens Gläub'ge unter einen Hut,

Die römische Tiara, zu versammeln:

Daß eine Herde werde und ein Hirt,

Um so als Unterhirten ganz gemächlich bald

Die Schäflein nicht zu scheren.- nein, zu schinden?

Seht ihr denn nicht, daß die Sybille nur

Die würd'gen Schüler des erhab'nen Meisters

Darum ein Tau Ő das durch ein Nadelöhr

Hindurch nicht will Ő zu Fäden trennen und aus diesen

Mit großem Eifer Netze stricken läßt,

Leichtgläubige zu fangen? Kennet ihr

Den Köder nicht, nach dem ihr gierig schnappt?

In myst'schem Unsinn will man euch betäuben,

Damit ihr blindlings in die Falle geht,

Euch aufgestellt von schnöder Frömmelei.

Ist's glaublich: Männer, deren Ahnen einst

Den falschen Waldemar als falsch erkannt

Und ihrem echten Fürsten treu geblieben,

Verleugnen ihre hohe Abkunft ganz:

Sie ziehen scharenweise hin zur falschen

Prophetin, lassen sich von ihr und von dem Troß

Der gaunernden Zigeuner, die ihr folgen,[418]

Verlocken aus dem Reiche der Vernunft

Ins Reich der Dummheit und der Finsternis!

Kein Wunder ist's dann, wenn das schwächere

Geschlecht dem Beispiel folgt des stärkeren,

Voran sich drängt, und weinend schluchzt und lauscht,

Gerührt von religiöser Gleisnerei,

Die schlau Vergebung zusagt aller Sünden,

Im Namen dessen, den sie frevelnd höhnt,

Wenn nur zu ihr der Sünder Schar sich wendet,

Von ihr recht innig sich ergreifen läßt!

Das aber ist der alte Pfaffenkniff -

Erdacht von Proselytenmacherei –

Der stets erwünschte Früchte hat getragen.

O Luther, könntest du der Welt erstehn,

Du würdest donnernd deine Stimm' erheben,

Und, wie einst Tezeln, jetzt der Ablaßkrämerin,

Die durch Europa zieht von Süd nach Nord –

Nimmt sie gleich Gold nicht für die Sündenwäsche -

Das schlechte Handwerk legen. Sohn des Lichts,

Der Wahrheit Kämpfer, zürne darum nicht,

Daß viele, die vor wen'gen Tagen noch

Das Fest der Rettung aus des Geistes Sklaverei

Durch dich, das unvergeßliche, gefeiert,

An deinen Lehren zu Verrätern werden:

Vergib es, was sie tun, sie wissen's nicht!«


An einem der letzten Tage des März 1818 hatte ich dann infolge dieser »Apostrophe« und der Berichte aus Leipzig in meinem kleinen Arbeitszimmer eine Anzahl jener alterierten Hofherren zu begrüßen und von ihnen zu hören, daß ich der Verleumdungen gegen Frau von Krûdener und der Ausfälligkeiten gegen alle der Erleuchteten Anhänglichen schuldig und zu einer Ehrenerklärung verpflichtet sei. Ich antwortete, daß ich damit meine eigene Ehre verletzen würde, fände mich also nur bereit, das drucken zu lassen, was die Herren vorschreiben möchten, mir jedoch eine Hinzufügung vorbehaltend. Es[419] entstand ein sehr lebhaftes Gerede, was Mitbewohner des Hauses herbeirief, und draußen auf der Straße wurde es ebenfalls lebhaft. Wir trennten uns nun ohne Beschluß, und weiteres geschah nicht, oft aber habe ich damals – und immer öfter – mich erinnern müssen an Luthers Ausspruch: »Die Welt ist wie ein betrunkener Reiter; hebt man ihn auf einer Seite in den Sattel, fällt er von der anderen Seite wieder herab.« –

Übrigens will ich keinesweges Gewalttaten beschönigen, die von Machthabern verfügt wurden gegen Frau von Krüdener, nachdem man sie als vorteilhaftes Werkzeug in die Zeitereignisse verwebte. Zweifelhaft ist es mir aber, ob man durch ihr Einschieben in Geschichtliches die Lehre erworben hat, daß man einer Persönlichkeit, der man durch klügliche Absichten Wichtigkeit gegeben, diese Wichtigkeit nicht plötzlich entziehen kann, ohne daß neue Übelstände entstehen. – Man hatte das Volkswesen angeweht mit der Freiheitsglut, auch die Glaubenskraft zu Hilfe gerufen; jene wurde zum Übersturz des Volksdranges, diese zur Frömmelei, und geltend machten sich nun allseitige Übergriffe, die manches Märtyrertum erzeugten, auch das der Frau von Krüdener.

Einen mit Unrecht fast völlig Vergessenen rufen sich nun meine Erinnerungen herbei: Julius von Voß, in seiner Eigentümlichkeit eine seltsame Erscheinung. – Geboren am 27. August 1768, ist in bezug auf seine erste Jugendzeit wenig bekannt; wunderlich mußte sie gewesen sein, denn es hatte ihr alle Schulbildung gefehlt. Vom vierzehnten Jahr an war er Soldat, blieb es – zuletzt als Leutnant – bis zum dreißigsten; durch seine freimütige Zunge und Verbesserungsvorschläge hatte er sich[420] Feindschaften zugezogen, erbat seine Entlassung, und suchte nun Entschiedenheit darüber: ob er Schriftsteller, musikalischer Komponist oder Maler werden wolle, im Befragen der Knopflöcher an seinem Rock. Der letzte Knopf hielt den Schriftsteller fest, und Voß eiferte sich nun hinein zu mancherlei Schaffen durch Feder und Tinte. Selbstgeständlich war es ihm unmöglich, sich zu besinnen auf die Titel der Romane, Schauspiele und Flugschriften, die er von 1813 bis 1828 herausgegeben; er glaubte aber, »daß mehr als hundert Bände von ihm erschienen und einige Hundert Aufsätze in Zeitblättern«, meist ohne seinen Namen. – Mag für einen großen Teil dieser Erzeugnisse das Urteil zu billigen sein: er verdiene keine Beachtung, ein anderer Teil, ob man jetzt kaum daran denkt, ist dennoch nicht ohne Wert. Jedenfalls weisen diese Gaben hin nach den verschiedensten Strebungen (Staats- und Kriegskunde, Tagesgeschichte, vielfarbig ernst, heiter und witzig ausgestattete Unterhaltungsschriften) und zeichnen Julius von Voß als einen Mann mit vielfältig anwendbarer Einsicht, mit sehr beweglichem Geist, und es ließen sich Beweise dafür auch aus dem »Gesellschafter« herbeiholen. Vereint waren jene Eigenschaften freilich mit zu raschem Betrieb der schriftstellerischen Fruchtbarkeit; ihr Übermaß entstand aber meist infolge seines Notstandes, dessen Macht und Einfluß er selten abwehren konnte. Leider fehlt in Deutschland öfter als in andern solchen Ländern, wo man sich der Bildung rühmt, der Wille und Antrieb, geistreich Befähigte auf ihrer richtigsten Bahn zu fördern, ihnen Freiheit und Mittel zu verschaffen, dort das Bestmöglichste zu erreichen. Unendlich viel Bedeutendes und Werktätiges geht dadurch für alle Zweige[421] des Wissens, des Hervorbringens und der Erhebung des Berufs im Menschentum verloren, gar viel Tüchtiges verkümmert, weil der Blick dafür entweder fehlt oder sich teilnahmlos abwendet. Und eben diejenigen, die in ihrem Vaterlande Fähige nicht erkennen oder absichtlich unterschätzen, dadurch der Übermacht des Auslandes in mancherlei Bereich sündlich Vorschub leisten, sind bei den Deutschen, im Vergleich mit andern Völkern, am zahlreichsten. – Außerdem hatte Julius von Voß Liebe zur Unabhängigkeit, die sich Beschützer nur dort erwirbt, wo man das Menschenrechtliche gleichrechtlich übt, das heißt: unabhängig von übereinkommlichen Forderungen, mit denen man innerlich erniedrigt, was man äußerlich zu erheben meint. – Bei ihn drückend beherrschenden Zuständen kam die größere Zahl der schriftstellerischen Erzeugnisse von Julius von Voß mit der Anweisung auf Vergänglichkeit zutage, mehrere aber werden sich in ihrem bedingten Wert auch für künftige Zeit erhalten; Zeitgenossen dürfen jedenfalls mit seinem Andenken ihr Bedauern verbinden, daß er nicht Gönner fand, die ihn für Gediegneres unterstützten. – In seinen letzten Lebensjahren war er von Trübheit befallen; menschenscheu und leicht empfindlich verletzt ging er umher, und ich habe seiner in flüchtigem Hinblick gedacht, weil er bei allem Wenden, Mühen und Entbehren Mann von Gesinnung blieb, dem ein anerkennender Nachruf das anderseits ihm Nachteilige in Hinsicht auf seinen Notzustand mildern möge. – Ach! – wieviele ehrenhaft Geistvolle sah ich im Mangel un tergehen, während neben ihnen Flachköpfe durch schmachvolle Dienstlichkeit sich zu Glanz erhoben!

Wenn ich nun meinem Gedächtnis ein Musterbild[422] von liebenswürdiger Kindlichkeit im Mannesalter heranrufen will, stellt sich mir ein in solcher Gesinnungsweise Unübertrefflicher. Es ist August Zeune, im Jahr 1806 Begründer und dann Direktor der Blindenanstalt in Berlin, mir aber schon traulich genaht während meiner Schulübungen in Wittenberg. Als jene Stiftung ihren fünfundzwanzigjährigen Bestand feiern konnte, da war unter anderem zu sagen:

»Kaum hatte die Anstalt die ersten Wurzeln geschlagen, als sie auch schon beim Einbruch französischer Kriegsheere wieder einzugehen drohte. In dieser Zeit der Not brachte Zeune den Rest seines kleinen Erbteils aus Sachsen, um ihn frommen, menschenfreundlichen Sinnes als Opfer hinzugeben, und dem Staat eine wohltätige Anstalt zu erhalten.«

In welchem Sinne er sie leitete, geht hervor aus seiner völlig zu bestätigenden Erklärung:

»Die ganze Verfassung ist mehr einem kleinen Freistaate als einer unumschränkten Alleinherrschaft zu vergleichen, und der Vorsteher ist mehr ein Ordner nach den Gesetzen des Rechts und der Billigkeit, als ein Herrscher nach Willkür und Laune. Denn daran soll jedermann erkennen, daß wir seine Jünger sind, daß wir Liebe untereinander haben.« –

Bekannt ist Zeunes Antrieb, aus unserer Sprache jeden Fremdausdruck zu verbannen; er wurde deshalb oft geneckt, besonders als er die Namen London und Paris, zufolge der Bodenräume, auf denen der Bau dieser Städte ursprünglich begann, als Bezeichnung von »Schiffstadt« und »Schlammstadt« erklärte. Auch seine »Erdkarte vom Himmel aus« reizte in der Öffentlichkeit heitere Bemerkungen, ohne daß der Zwist Richtigkeit[423] und Unrichtigkeit auszugleichen wußte, und Zeune verlor bei solchen Streitigkeiten selten seine gemütliche Laune.

Ein ihn höchlichst beglückendes, für seine wohltätige Betriebsamkeit ermutigend wirkendes Glück hatte er, als sich im Jahr 1836 berichten ließ:

»Die Blindenanstalt, unter Direktion des Professor Zeune, wird ihre Nützlichkeit auf einen weiteren Kreis von Zöglingen ausdehnen. Sie hat dies einem eigenen Umstande zu verdanken. Zu der Zeit, da in Berlin die Sterbefälle zahlreicher waren als sonst, was man der Cholera zuschrieb, besuchte ein sehr bejahrter Mann mehrmals das Blindeninstitut und erkundigte sich nach allen Einrichtungen. Er kam seitdem alle Jahre einmal wieder und zeigte stets eine rege Teilnahme, ohne daß man viel von dem Manne wußte. In diesem Jahre starb er und bei Eröffnung seines Testaments ergab sich, daß derselbe – er war ein pensionierter Rittmeister – den größten Teil seines Vermögens (nämlich die Summe von 80000 Tlr.) dem Blindeninstitut vermacht hatte; so wird es nun durch Erweiterung seines Wirkungskreises dem ihm gewordenen Wohltäter zu einem dauernden Denkmal.«

Erwähnenswert ist Zeune auch als Dichter. Im Jahr 1840 wurde sein »Oratorium: Huß«, in Musik gesetzt von Johann Karl Gottfried Löwe, mit Beifall aufgeführt. Daß aber der Dichter sich Angriffe zuzog vom einseitig priesterlichen Standpunkt, wird leicht erklärlich durch die, ob auch nur gesungenen Äußerungen:


»Der Wiklef hat in Wahrheit nichts gelehrt,

Was nicht mit Christi Lehre stimmen sollte.

Wo hat denn Christus einen Papst verordnet?[424]

Ausdrücklich spricht er ja: ›Im Himmelreich

Soll keiner größer sein als jeder andere.‹

Wo hat er denn gesagt, daß seine Kirche

In Glanz und üpp'gem Reichtum solle herrschen?

Ausdrücklich spricht er: ›Selig seid ihr Armen,

Denn das Reich Gottes ist euch zugeteilt.‹

Wo hat er denn verordnet, daß ein Bischof

Kann ohne Sakrament mit Weibern leben?

Da doch Sankt Paulus deutlich spricht: ›Ein Bischof

Soll sein unsträflich, eines Weibes Mann.‹

Wo steht geschrieben, daß ein Ablaßgeld

Die Seele rette aus dem Fegefeuer?

Da weder Ablaß noch auch Fegefeuer

Je in den heil'gen Schriften wird genannt.«


Ohne daß der Himmel- und Erdkundige seinen Namen einmische, erschien in demselben Jahre (1840) sein Schriftchen: »Ein Wort Friedrich des Großen über die Naturgrenze zwischen Deutschland und Frankreich«, ebenfalls Widersacher erweckend. Der »Gesellschafter« bemerkt darüber in launigem Anstrich:

»Der Verfasser hielt sich anonym, da man sich indes hierdurch nicht hindern ließ, ihn kund zu geben, wissen wir durch Schwarz und Weiß, wer es ist, und es wäre, um mit der Leipziger ›Allgemeinen‹ zu reden, ›Affektation, wenn wir etwas, was wir wissen, nicht wissen wollten.‹ Also – Zeune erneuerte seine richtige Ansicht, daß keineswegs Ströme, sondern Gebirge als natürliche Grenzen anzuerkennen sind; danach zieht er nun seine Linien auf den Landkarten, zieht sie in seiner Schrift auch zwischen Deutschland und Frankreich, und wir Deutsche können damit sehr zufrieden sein, denn er gibt uns, was wir nicht haben, und weiset dagegen den Franzosen ganz hübsche Entschädigungen an, die sie sich aber auch erst nehmen müßten. O ja, es ist wohl 'ne[425] gute Idee, doch auch in der Wirklichkeit leicht? – o nee! – Die Schrift wird aber nicht nur deutschen Staatsmännern, sondern auch französischen, die ein gutmütig naives Deutsch verstehen, viel Vergnügen machen, und unserm Volke gewiß, dem es noch obenein frei steht, auf der Karte Deutschland so einzurichten, wie es Zeune wünscht, der in seiner poetischen Prosa mehr tut, als Niclas Becker in seinen Versen; denn jener will erstens auch: ›Sie sollen ihn nicht haben‹; zweitens möchte er sich noch verschiedenes herausgeben lassen.«

Gedacht sei jetzt an Charlotte Birch-Pfeiffer, die sich mit mir bekannt machte im Jahr 1823, als sie zum erstenmal Gastin war auf dem Königlichen Theater Berlins. Sie kam aus Hamburg als »Demoiselle« Pfeiffer – das »Fräulein« bedurfte damals noch des »von« – kam zu mir in Begleitung einer von ihr eingeschulten Demoiselle Seebach. Diese wurde mir nach kurzem, aber lebhaftem Gruß vorgestellt mit der fragenden Anrede: »Herr Professor, ist dies Mädchen schief?« – Erstaunt zurückweichend sah ich hin auf die erhitzte große Pfeiffer und die verlegene kleine Seebach, ohne zu wissen, was man mir zumute. Endlich vernahm ich eine Anklage meines Hamburger Berichterstatters, Dr. Bärmann, der in Hinsicht auf die »Schülerin« unter anderem von dem »stets nach einer Seite hangenden Kopf« gesprochen, ihr auch überhaupt wenig Angenehmes gesagt hatte. Der Hamburger war, wie ich später selbst entdecken konnte, im Recht; es war aber, mutmaßlich in guter Meinung, etwas zu derbsam benutzt, einer Neulingin gegenüber. Sie mußte sich auch in Berlin rasch abfinden lassen mit nur einer Rolle – »Hildegard« in dem Schauspiel »Johanna[426] von Montfaucon« – doch ließ sich zu ihrer Beruhigung sagen:

»In einem Bericht aus Hamburg ist die Gestalt der Demoiselle S. scharf beurteilt; ich kann jenen Angaben nicht beistimmen, sondern glaube, daß eine angewöhnte ungraziöse Haltung des Kopfes jenen Korrespondenten zu einer Schilderung verleitet hat, die nicht treffend ist.« (»Gesellschafter«. 1823. Bl. 65.)

Dies erste unbedeutende Zusammentreffen der Birch-Pfeiffer mit mir mag in etwas ihre offenherzige, doch zuweilen auch etwas gewaltsame Natürlichkeit bezeichnen; meinen Berichten über ihr damaliges Gastspiel als »Sophia Zaarewna« (in Raupachs »Fürsten Chawanski«), »Donna Diana« und »Margarete« (in Ifflands »Hagestolzen«) entnehme ich nur abgerissenes Schlußergebnis, weil es vielleicht ein wenig dem Bühnengeschichtlichen dienen kann:

»Von Vielseitigkeit können wir noch nicht reden, aber eine Vorzüglichkeit im einzelnen ist uns schon außer Zweifel. Daß man jetzt mit dem Studium im Tragischen immer zwischen Deutschland und Frankreich sich teilt und gleichsam eine künstliche Verschmelzung der mimischen Grundsätze beider Völker beabsichtigt, bemerkten wir auch hier.« – »Es wäre für uns dankenswerter, wenn man dies lieber auf das Lustspiel übertrüge, was uns in seiner Trägheit noch ganz hypochondrisch machen wird, besonders in der Hinsicht, daß wir über so viele Übel dabei zu klagen haben, die aber leider nicht in der Einbildung zu suchen sind, wie dies bei der Hypochondrie oft der Fall ist.« – »Demoiselle Pfeiffer hat eine erhabene Gestalt, körperliche Fülle, angenehmes Sprachorgan in der Kraft und Weichheit, Verständigkeit[427] im Vortrage – lauter Eigenschaften, die von Wert sind. Wenn wir daneben angedeutet haben, daß sie etwas von Eßlairscher Manier hat, nämlich die Gegensätze in der Empfindung gern hart angibt, also lieber mit Schwarz und Weiß malt, als mit Zwischenfarben, so sagten wir auch schon, daß es in der Tragik eben mit zur Mode gehört. Hinsichts der ›Margarete‹ begehrt indessen, bei aller nötigen künstlerischen Empfängnis, der Naturalismus sein Recht, und auf jenem Wege entfernt man sich davon lehr leicht – ein wirkliches Talent läßt es aber dazu nicht kommen, sondern sucht sich bald wieder die gerade Straße.« – »Was sich klar und eindringlich andern gestalten soll, muß durchaus nicht allein selbst gedacht, sondern auch selbst empfunden sein, und es sind nicht die einzelnen Schönheiten, sondern das Ganze ist es, woran sich das Studium, das tiefere Erkennen bewährt.« (»Gesellschafter«. 1823. Bl. 49 und 65.)

Sieben Jahre später kam nun »Madam Birch-Pfeiffer« – noch als Gastin – nach Berlin und veranlaßte mich durch ihre »Orsina« und »Maria Stuart« zu der Äußerung:

»Die Künstlerin erscheint uns eine andere als bei den Darstellungen vor mehreren Jahren. Damals war ihre Eigenschaft eine fast rastlose Kraft und Glut, jetzt steht sie geregelter, besonnener vor uns und würdiger. Indes möchten wir da, wo sie in der Überlegung zuweilen auch die Begeisterung etwas zu sehr dämpft, in dieser Hinsicht ein etwas von damals zurückrufen.« (»Gesellschafter«. 1830. Bl. 128.)

In bezug schriftstellerischer Wirksamkeit der Birch-Pfeiffer gab ich meine Ansicht vor länger als einem Vierteljahrhundert mit dem Abschluß:[428] »Sie weiß, was sie will, und vollbringt eben was sie kann: sie will auf die Menge wirken und kann es vermöge ihrer unleugbaren Bühnenkenntnis.« – »Sie ist eine fruchtbare Schriftstellerin, welche, einer höheren Ästhetik unzugänglich, ihrem Maßstabe entgeht. Erheben kann sie den Geschmack nicht, und wenn sie sich hütet, ihn zu verderben, darf die Kritik, bei dem sichtlichen Mangel aufführbarer Stücke, schon mit ihr sich vertragen.« (»Gesellschafter«. 1843. Bl. 30.)

Nicht weiter nähere ich einstweilen in der Erinnerung mich Frau Birch-Pfeiffer, weil sie bald nach dem Jahre 1830 Mitglied war für »Königliche Schauspiele« Berlins, und ich nun mit ihr in verschiedenen Umgänglichkeiten meine Erfahrung erweitern mußte. Bis dorthin griffe ich aber zu rasch hinweg über eine Folgezeit, auf deren Bahn noch mancherlei zu beachten ist. –[429]

Fußnoten

1 Gustav III.


Quelle:
Gubitz, Friedrich Wilhelm: Bilder aus Romantik und Biedermeier. Berlin 1922, S. 430.
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