Rauchwölkchen ziehen auf – –

[105] – am Horizont, im Raucherabteil, in Bars, Speisesälen und in »Gottes freier Natur«! Aber auch mitunter auf den gerunzelten Stirnen der Adorierten und Auserwählten – und das ist viel unangenehmer!

Wir wissen es ja schon von Wilde: »Die Zigarette ist der blendendste Typ des vollendeten Genusses, sie ist köstlich und läßt unbefriedigt!« Wenn auch ein kecker, vielleicht nicht ganz so naiver »flapper« auf diesen Anspruch hin einmal erstaunt antwortete: »Ich finde, daß wir ebenso köstlich sind und unbefriedigt lassen –« muß man sich im allgemeinen doch der erstgenannten These anschließen und die Behauptung aufstellen:

»Das Nikotin ist die erste Geliebte des Mannes, und alle anderen Frauen kommen hinterher –!«

Deshalb die Eifersucht des femininen Geschlechtes auf das Rauchen, die die kluge Majorität unter dem Motto: »Angriff ist die beste Verteidigung« durch intensives Selbstrauchen verbirgt oder erstickt.

Egoismus weckt Leidenschaften, die nicht mehr aufzuhalten sind. Es lebe die Passion, aber sie darf nicht verletzen! Darf nicht anderen zum Trotz an ungeeigneten Stellen – Ärgernis erregend – zur Schau getragen werden.

Ein weltbekannter Pariser Revuestar saß beim Lunch – zwei Herren, die sich dazu setzten, fragten, ob es stören würde, wenn sie jetzt rauchten – worauf die Diva die entzückende Antwort erteilte: »Das kann ich Ihnen nicht sagen, ob es stört, denn während des Essens hat es bis jetzt noch niemand in meiner Gegenwart getan!«

Unterdrückt mitunter die Begierde des Saugens, verletzt nicht eure Nächste mit gewaltsamer Energie und Rücksichtslosigkeit – denn es liegt die Gefahr nahe, daß die blauen Rauch-»Besserer« Willen in das All stößt, statt euch verlockende Bilder vorzugaukeln – zu unsanftigen Zwiegesprächen führen, die ein Mann von Bildung gern vermeidet ...


Rauchwölkchen ziehen auf - -

Quelle:
Reznicek, Paula von / Reznicek, Burghard von: Der vollendete Adam. Stuttgart 1928, S. 105-106.
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