[68] 30 v. Chr. – 1930 n. Chr.!
Im letzten Jahrhundert a. Chr. n. lud Publius Cornelius Lentulus Spinthes anläßlich des Antritts seines Priesteramtes sechzehn Freunde zum Festmahl. Hier die Speisekarte:
Erster Gang.
1. Seeigel und frische Austern
2. Pelorische Gienmuscheln
3. Lazarusklappen
4. Weindrosseln auf Spargel
5. Eine feiste Henne
6. Schüssel mit zugerichteten Austern und Gienmuscheln
7. Schwarze und weiße Meertulpen
Zweiter Gang.
1. Lazarusklappen
2. Süße Gienmuscheln, Meernesseln, Feigenschnepfen
3. Kotelette von Reh und Schweinswildbret
4. Hühnerpasteten
5. Feigenschnepfen, Stachel- und Purpurschnecken
Das eigentliche Mahl.
1. Schweinseuter
2. Wilder Schweinskopf
3. Fischragout
4. Schweinseuterragout
5. Gebratene Entenbrüste
6. Wilde Enten, frikassiert
7. Hasenbraten
8. Gebratene Hühner
9. Creme aus Kraftmehl
10. Picentische Brötchen
[68]
Küchenzettel bei der Vermählung des Kurfürsten Joachim von Brandenburg mit Prinzessin Magdalena von Sachsen (1524).
Erster Gang.
Auerhahn mit gehämmerter süßer Soße (geschlagene Soße), grüne Forellen, Mandeltorten mit Konfekt und ein »Schauessen« (übergoldete Hasenpastete).
Zweiter Gang.
Schweinswildbret, Gebratenes vom Spanferkel, wilde Hühner mit gelber Soße.
Dritter Gang.
Grüne Hechte, heiße Kuchen mit Oblaten, »Schauessen« (vergoldete Rehkeule).
Vierter Gang.
Gepreßte Schweinsköpfe mit Äpfeln und Weinessig, Birnen in einer süßen Brühe, allerlei Gebackenes, eine hohe Gallerte von Fischen, teilweise vergoldet zum Schauessen.
[69] Souper Friedrichs des Großen.
Soupe an choux à la Foqué-Bœuf an panais et carottes (Ochsenfleisch mit Suppengemüse), Poulet aux concombres farcis an blanc à l'anglaise (Hühner mit gefüllten Gurken und weißer Soße), Petits pâtés à la Romaine, gebratene junge Couleusen, Saumon à la Dessau, Filet de volailles à la Pompadour mit Ochsenzunge und Croquettes, portugiesischer Kuchen, grüne Erbsen, frische Heringe, saure Gurken.
(Ein Kreuz bezeichnete jeweils die Zufriedenheit des Königs bei den Gerichten: Dies befand sich bei Kohlsuppe, Ochsenfleisch, Lachs à la Dessau, grüne Erbsen und Heringe.)
Ein Familiendiner des Hauses Bonaparte.
Zwei Suppen – eine mit Makkaroni und eine aus Maronenpüree –, Ochsenfleisch mit Gemüsen garniert, Hecht à la Chambord, Hammelkoteletts à la Soubise (Zwiebelpüree), Rebhühner und Frikassee von Huhn – Entenfilets, Truthahn mit Kresse, Lammkeule, Blumenkohl au gratin und Selleriewurzeln in Jus. Kaffeecreme, Orangengelee, Sandtorte mit Früchten, Deutsche Waffeln.[70] Galaessen zur Vermählung des Prinzen Wilhelm von Preußen.
Schildkrötensuppe und Consommé von Tapioka, Steinbutte und Lachs und Diplomatensoße, gedämpftes Ochsenfleisch und Kalbsrücken mit Steinpilzen, Rehfilet à la Financière, Croustade von Schneehühnern à la Crème, Hummersalat und Gänseleberpastete in Gelee, gebratene Poularde, Spargel mit Buttersosse, Artischockenböden mit Mark, Erdbeerscharlotte, Gelée à la Macédoine. Eis und Dessert.
Festmahl bei einem wohlhabenden Chinesen.
Auf der Tafel stehen – und bleiben angerichtet – zum beliebigen Nehmen bis zum Ende des Mahles zehn Schüsseln. Vier Sorten frischer, vier Sorten getrockneter Früchte, vier Sorten kandierter Früchte, eine Schüssel mit Eiern, eine mit Schinkenschnitten, eine mit Sardinen und eine mit Kohl. Außerdem ist Tee, Tabak und Opium da, Haifischflossen mit Krabbensoße, gebackene Taubeneier mit Pilzen, wilde Enten mit Schantungkohl, gebackene Fische, fettes Schweinefleisch in Reismehl gebraten, geschmorte Lilienwurzeln, gekochter Seetang mit Pilzen, geschmorte Bambusschößlinge, junge Wasserschnecken aus der Provinz Amhui, gedämpfter gesalzener Pudding, eine Tasse Mandelschleim, Schnitte von Hähnchen in Ol gebraten, geräuchter Schweinepökelbraten in Honigseim gekocht. (Die Europäer haben in ihrer Tasche ein Büchschen mit Natron! ...)
Frühstück König Eduards VII.
Hors d'œuvre, Rührei mit Spargelspitzen, Seezungenfilet à la Mornay, Lammkotelettes mit neuen Kartoffeln, Chicorée à la Crème, kalte Poularde mit Salat, Vanille und Schokoladencreme in Sèvrestöpfchen.[71]
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