47.

[41] Der bescheidne Anstand äussert sich an dem Manne oft eben so fein als Schamhaftigkeit bei dem zweiten Geschlecht. Er läßt sich hier nur seinen Haupt-Aeusserungen nach anwinken. Das Auge, das zu rechter Zeit niederzusehen und sich sanfte emporzurichten weiß, das aber bei diesem Emporblikken und in dem Grade des mehr oder minder schnellen Aufblikkens, eine gewisse Würde und das erlaubte Selbstgefühl des sich bildenden Mannes zeigt, das voll Ernst und Freundlichkeit offen, als wenn es das Herz in sich trüge, blickt, die sanftere gefälligere Miene um den Mund, selbst wenn Wahrheit sagt, und in Verlegenheit sezzen muß, die sich wie der Blick des Auges über etwas ihm erzeigtes Gute, mit einer gewissen Würde ihren Dank zeigt, alles[41] dieses, und man sehe das hier an, was ich nachher über Artigkeit, Höflichkeit, Delikatesse und Anmuth im Umgange sagen werde, und was ich über Solidität gesagt habe; alles dieses zeigt uns die feinen Nüanzen dieses bescheidnen Anstandes und die Gelegenheiten ihr zeigen können, ausführlicher.

Quelle:
Siede, Johann Christian: Versuch eines Leitfadens für Anstand, Solidität, Würde und männliche Schönheit. Dessau 1797, S. 41-42.
Lizenz:
Kategorien: