18.

[59] Suchen Sie allen Ihren Zügen Bewegung zu verschaffen; eben dadurch geben Sie ihnen Lebhaftigkeit und Ausdruck. Mannigfaltige und verwickelte Lagen des Lebens, die bald so, bald anders und äusserst mannichfaltig zu denken, zu handeln und zu raffiniren veranlassen, geben freilich ohne Zuthun der Kunst den Zügen des Gesichts, Bewegung und Ausdruck; aber bei Menschen, wo diese verwikkelten Empfindungen und Handelsweisen nicht sind bleibt sehr vieles unwirksam und müssig in den Zügen des Gesichts liegen, was unsre Gesinnungen und Gefühle auszudrükken, sehr bequem seyn würde. So kommt bey einem interessanten Auge oft sehr wenig auf den Glanz der die Farbe desselben[59] an, viel aber auf seine Form, seine Lage, seine Wendungen an, und Kunst und Uebung gewöhnte und änderte in dieser Hinsicht schon manches Auge sehr vortheilhaft, und sie bemerken dabei, daß man vom Mahler und Bildhauer lernen könne, wie die das sanfte, denkende, freundliche, erhabne Auge stellen, und sich daraus Regeln zu seiner Mimik ableiten können.

Quelle:
Siede, Johann Christian: Versuch eines Leitfadens für Anstand, Solidität, Würde und männliche Schönheit. Dessau 1797, S. 59-60.
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