Pferderennen

[32] wohne man bei, auch wenn man etwas von Pferden versteht.

Will man überflüssiges Geld los werden, so versäume man nicht, den Totalisator aufzusuchen und hier auf die Pferde zu wetten, welche als siegende bezeichnet werden. Alsdann folge man mit Hilfe eines guten Krimmstechers dem Lauf des bezeichneten Pferdes und befreunde sich mit dem Verlust, wenn es überholt wird.

Gewinnt das Pferd aber und wird man infolgedessen das überflüssige Geld nicht los, so versuche man es vertrauensvoll mit dem folgenden Rennen. Die Hoffnung auf den Totalisator läßt nicht zu Schanden werden.

Man mache sich mit der Sprache des Turf vertraut, damit man nicht einen Romanschriftsteller mit[32] einem Buchmacher verwechsele und der Verachtung verfalle.

Ist man, was ja vorkommen kann, auf einem Sattelplatz einer der wenigen Bürgerlichen und wird, was ja auch vorkommen kann, von einem Herrn, der von Adel ist und nicht mehr Vorfahren als man selber hat, beleidigt, so fordere man den Beleidiger nicht gleich, denn es könnte doch sein, daß man ihn im Duell tötet und hiervon viele Unannehmlichkeiten hat, jedenfalls mehr, als man haben würde, wenn man von dem Geforderten getötet wird.

Wenn man sein Leben lieb hat, so werde man nicht Jockey. Wenn man aber sein Leben nicht lieb hat, so werde man gleichfalls nicht Jockey.

Hält man einen Rennstall, so habe man viel Geld. Hat man viel Geld, so halte man keinen Rennstall.

Man hüte sich auf den Rennplätzen vor den kleinen Buchmachern, welche gewöhnlich kleine Diebe sind. Nach dem alten Sprüchwort werden solche zwar gehängt, aber es ist nicht wahr, und das Geld bekommt man in beiden Fällen nicht wieder.

Ist ein Jockey gestürzt und bewußtlos liegen geblieben, so sage man sportgebildet, er habe sich vom Pferde getrennt, an dem Unglück ändert dies aber nichts.

Wird man von einer Dame, deren Bekanntschaft man eben gemacht hat, gebeten, eine Kleinigkeit für sie am Totalisator zu setzen, so sage man, das sei zu wenig und entferne sich beleidigt.

Wird man von einer ähnlichen Dame nicht aufgefordert, eine Kleinigkeit für sie zu verwetten, sondern gebeten, in das Zimmer eines berühmten Hotels zu kommen, wo man noch einige Herren der besten Gesellschaft finden wird, so sage man, man sei selbst Falschspieler, namentlich wenn man es nicht ist.

Man gebe auf den Sommerpaletot Acht, besonders[33] wenn man die üble Gewohnheit hat, die gespickte Brieftasche im Paletot zu tragen. Denn die meisten Paletotmarder sind Stammgäste der Rennplätze.

Ist man ein Bürgerlicher und einem Adeligen eine größere Summe schuldig, so glaubt jeder das Gegenteil. Ist nun der Adelige der Schuldner und trifft man ihn auf dem Rennplatz, so grüße man ihn nicht, da er nicht wiedergrüßen würde.

Ein sehr beliebter Sport ist auch die


Quelle:
Stettenheim, Julius: Der moderne Knigge. Berlin 1905, Bd. II, S. 32-34.
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