Der Spiritist

[59] ebenso sicher als die geschilderten Schwindler auf die Dummheit der Menschen spekuliert, so ist er doch bedeutend amüsanter als alle seine Berufsgenossen auf dem Gebiete des Schwindels und auch, was ihm natürlich gleichfalls angenehmer, bedeutend erfolgreicher. Letzteres hat darin seinen Grund, daß er durch seine hervorragenden Verbindungen mit Über- und Unterirdischen nicht gut zu kontrollieren ist und dadurch wieder von den ihm zulaufenden Gläubigen derart blindlings verehrt wird, daß sie in seiner Gegenwart ihr bares Geld ganz offen herumliegen lassen.

Man tue dies nicht, wenn man das Vergnügen, von ihm gegen seinen Willen amüsiert zu werden, nicht zu teuer erkaufen will. Die Reue, das merke man sich, ist billiger zu haben.

Dagegen bringe man dem Spiritisten die Überzeugung bei, daß man von der Existenz der vierten Dimension überzeugt sei. Man zeige ihm, daß man an die vierte Dimension glaube, wie an anderes, das diese Ziffer trägt: an den vierten Heinrich, an das[59] vierte Gebot, an die vierte Muse, an das vierte Quartal, an eine vierte Etage, an die vierte Todsünde, an die vierte Aufführung eines Zugstücks, an die vierte Klasse der Eisenbahn und der Staatslotterie.

Sollte ihm dies noch nicht genügen, so sage man ihm, daß man an die vierte Dimension glaube wie an Amerika, wo man gleichfalls noch nicht gewesen sei, oder wie an einen anderen Ort, den man täglich aufsuche. Will er stärkere Garantieen, so sage man ihm, man glaube an die vierte Dimension wie man an die vierte fette und an die vierte magere Kuh glaube, von deren je sieben der König Pharao geträumt habe. Da dem Spiritist das Rindvieh besonders sympathisch ist, so erweckt man durch solche Erklärung sein volles Vertrauen.

Will man dieses Vertrauen immermehr befestigen, so verberge man in Gegenwart des Spiritisten alle wissenschaftliche Bildung, welche man besitzen sollte, und schelte um so offener auf alle Gegner des Spiritismus, also auf alle Menschen, die nicht an Geister, sondern nur an Dummköpfe glauben. Mit dieser Dummheit imponiert man allen Spiritisten.

Wohnt man einer Sitzung bei, welche von einem Spiritisten geleitet wird, so freue man sich besonders über den sich immer lebhafter gestaltenden Verkehr zwischen der Geisterwelt und der Erde, vermeide es aber, den Bau einer Eisenbahn, die Errichtung von Stationsgebäuden und Ähnliches in Vorschlag zu bringen, was zur Erleichterung der bezeichneten Verbindung und großen Frequenz beitragen könne. Sol che Vorschläge würden dem präsidierenden Spiritisten doch schließlich wie Ironie vorkommen, obschon man ihm dies nicht zutrauen wird.[60]

Was den Umgang mit


Quelle:
Stettenheim, Julius: Der moderne Knigge. Berlin 1903, Bd. IV, S. 59-61.
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