Beilage A.

Neues Trauer-Reglement.

[13] Seine Königl. Majestät von Preussen etc. haben in der wohlthätigen Absicht, den unnützen Aufwand bey Trauerfällen noch mehr einzuschränken, als solches durch die Edicte von 1716, 1720 und 1734 bereits geschehen ist, die Trauer sowohl an Allerhöchstdero Hofe, als in den Familien ihrer Vasallen und Unterthanen, folgendermassen näher zu bestimmen nöthig gefunden:


I.


Bey dem Ableben des Königs, der Königin und einer verwittweten Königin von Preussen, trauern der Hof und die Collegia 6 Wochen lang; die ersten 3 Wochen der Adel, wie bisher, mit Pleureusen, und Personen Bürgerlichen Standes, ohne dieselben, mit tiefer Trauer: die übrigen drey Wochen mit gewöhnlichen schwarzen Kleidern, silbernen Degen und Schnallen. Die Subalternen der Collegien trauern blos mit einem Flor um den Arm.

Die Musik und die Schauspiele werden acht Tage lang eingestellt.

Alles Drapiren der Wagen und Zimmer, so wie die schwarze Kleidung der Haus-Officianten und Livree, imgleichen das Behängen der Kanzeln und Kirchstühle mit schwarzem Tuche, wird gänzlich verboten.

Die Glocken werden bey obgedachten drey Sterbefällen Mittags von 12 bis 1 Uhr, 14 Tage lang geläutet.

In den Kanzleyen wird 6 Wochen lang schwarz gesiegelt; dagegen hört der Gebrauch des auf dem Rande und Schnitte schwarzgefärbten Papiers völlig auf.


II.


Wenn ein Kronprinz oder eine Kronprinzessin von Preussen stirbt, legt blos der Hof auf Vier Wochen Trauer an; Vierzehn Tage mit Pleureusen, die übrige Zeit mit silbernen Degen und Schnallen.

Die Glocken werden von 12 bis 1 Uhr Mittags, Acht Tage lang geläutet.


III.


Alle übrigen Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses werden, wenn sie das zwölfte Jahr zurückgelegt, Vierzehn Tage lang blos bey Hofe mit gewöhnlichen schwarzen Kleidern, silbernen Degen und Schnallen betrauert. Um jüngere Prinzen und Prinzessinnen wird gar keine Trauer angelegt.
[13]

IV.


Die um fremde Souverains und fremde Fürstliche Personen anzulegende Hoftrauer wird jedesmal besonders bestimmt werden.


V.


In Absicht der Familien-Trauer der Königlichen Vasallen und Unterthanen, ohne Unterschied des Ranges und des Standes, wird, hierdurch folgendes festgesetzt:

1) Die Trauer der Kinder um ihre Aeltern, Gross- Aeltern, Schwieger-Aeltern, imgleichen der Wittwer und Wittwen, dauert 6 Wochen lang; die ersten 14 Tage bey Adelichen mit Pleureusen, bey Bürgerlichen mit der bisher üblich gewesenen tiefen Trauer; die übrigen 4 Wochen mit gewöhnlicher schwarzen Kleidung, Kinder, welche das zwölfte Jahr noch nicht zurückgelegt haben, sollen nicht in Trauer gesetzt werden.

2) Universal-Erben und Legatarien haben die Freyheit, erstere 6 Wochen, letztere 8 Tage lang Trauerkleider anzulegen

3) Kinder, Stief-Aeltern, Oheime, Tanten, Geschwister und Schwäger werden gar nicht mit schwarzen Kleidern, sondern von den Mannspersonen blos mit einem schwarzen Flor um den Arm, und von den Frauenspersonen mit einem schwarzen Bande auf dem Kopf, drey Wochen lang betrauert.

4) Um Personen von entfernterer Verwandtschaft, und um Kinder, die vor zurückgelegtem zwölften Jahre sterben, wird überall keine Trauer angelegt.

5) Das Drapiren der Zimmer und Wagen; die schwarze Kleidung der Haus-Officianten, der Livrée- und übrigen Domestiken, beyderley Geschlechts, wird gänzlich untersagt. Auch wird hiedurch das schon in dem Edict vom 20. Mai 1734 enthaltene Verbot ausdrücklich erneuert; dass den Domestiken zur Trauer kein Geld, noch sonst etwas, gegeben werden soll.


VI.


Die Zeit der Trauer wird in allen Fällen vom Sterbetage an gerechnet.


VII.


Die Uebertreter dieses Reglements sollen nach Befinden der Umstände zu einer Strafe von 5 bis 50 Rthlr. verurtheilt werden.

Seine Königliche Majestät befehlen Ihren sämmtlichen Landes-Collegiis, fiscalischen Bedienten, Land-und Steuer-Räthen, Magisträten, Beamten und andern Obrigkeiten hiedurch so gnädig als ernstlich, über die genaue Beobachtung dieses Reglements zu halten, und diejenigen, welche dagegen handeln, zur Untersuchung und Strafe zu ziehen.

Urkundlich unter Seiner Königlichen Majestät eigenhändigen Unterschrift und beygedrucktem Insiegel. So geschehen Berlin den 7. Oktober 1797.


(L.S.)

Friedrich Wilhelm.


Finkenstein. Blumenthal. Heinitz. Reck. Goldeck. Alvensleben. Struensee. Thulemeier. Haugwitz. Schroetter.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 13-14.
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